Borneo brennt. Giftiger Rauch, der sogenannte „Haze“ hängt als undurchdringlicher graugelber Schleier über dem Land. Und unsere Orang-Utans leiden. Die Tierärzte in unserer Rehabilitationsstation Nyaru Menteng müssen immer mehr Atemwegsinfekte bei unseren Schützlingen behandeln. Und auch unsere Mitarbeiter haben mit den Auswirkungen der Brände zu kämpfen.
Im Gegensatz zu vielen Bewohnern der Region rund um Palangka Raya, die ihr Zuhause bereits verlassen haben, harren sie aus. Denn unsere Arbeit für die Orang-Utans und ihre Heimat geht natürlich trotz der anhaltenden Brände weiter. Nach wie vor sind viele unserer Kollegen dabei, unsere Projektgebiete auf Borneo vor den immer wieder ausbrechenden Feuern zu schützen und die Flammen zumindest in Schach zu halten.
Eine gute Nachricht vorweg: Bisher mussten wir zumindest noch nicht zu Rettungseinsätzen ausrücken, um von Waldbränden bedrohte wilde Orang-Utans zu retten oder umzusiedeln.
Unter den Bränden leiden Mensch und Tier. Die durch die Verbrennung entstandenen Staub- und Kohlenstoffpartikel werden eingeatmet, schwächen das Immunsystem und lösen Krankheiten aus. Angefangen bei Bronchitis, über Lungenentzündungen bis hin zu schlimmeren, langfristigeren Erkrankungen.

„Die Situation auf Borneo ist dramatisch in diesem Jahr. Eine lange Trockenzeit in Verbindung mit krimineller Brandrodung lassen die Lage derzeit eskalieren“, sagt Daniel Merdes, Geschäftsführer von BOS Deutschland. „Wir hoffen täglich darauf, dass der Regen einsetzt. Erst dann können wir aufatmen.“ Wann das allerdings sein wird, ist nicht absehbar.

Hier ein Überblick, wie es aktuell um unsere Projektgebiete auf Borneo bestellt ist:
Orang-Utan-Rettungszentrum Nyaru Menteng, Zentral-Kalimantan
Im August war Nyaru Menteng direkt von Bränden bedroht gewesen, die unsere Mitarbeiter unter größtem Einsatz glücklicherweise 300 Metern vor der Station löschen konnten. Seite an Seite mit der örtlichen Feuerwehr patrouillieren unsere Kollegen weiterhin Tag und Nacht, um ausbrechende Brände schnell zu löschen und weitere Brandstiftung zu verhindern.
Gerade die Stadt Palangka Raya und ihre Umgebung ist in diesem Jahr massiv von illegalen Brandrodungen betroffen. Dichter Rauch liegt daher über der Stadt und über den umliegenden Gebieten, zu denen auch unser Rettungszentrum Nyaru Menteng gehört. Seit einigen Tagen wird der Index der Luftschadstoff-Emissionen in Palangka Raya als gefährlich für die Gesundheit eingestuft.
Der giftige Rauch gefährdet natürlich nicht nur die Gesundheit unserer Mitarbeiter in Nyaru Menteng, sondern natürlich auch die der 355 Orang-Utans, die wir derzeit im Rehabilitationszentrum und auf den umliegenden Inseln versorgen. Aktuell sind bereits 41 junge Orang-Utans an einer Infektion der Atemwege erkrankt. Die Tierärzte von Nyaru Menteng behandeln die betroffenen Orang-Utans mit Inhalationen, Vitaminkuren und wenn nötig auch mit Antibiotika.

Mawas, Zentral-Kalimantan
Das 309.000 Hektar große Torfmoorwaldgebiet ist von Wald- und Buschbränden betroffen. Das liegt daran, dass Torfmoorbrände gerade in der aktuell vorherrschenden Trockenheit extrem schwierig zu löschen sind. Die Kanäle, die unter Suharto in großen Teilen von Mawas angelegt wurden, um das Moor trockenzulegen, führen in der Trockenzeit kaum noch Wasser. Das macht es für unsere Mitarbeiter noch schwieriger, die Brände zu löschen.
Am 3. September brach das erste Feuer in der Nähe des Tuanan-Forschungszentrums am Rand des noch bestehenden Regenwaldgebietes aus. Obwohl es unseren Mitarbeitern gelungen ist, die offen lodernden Flammen schnell zu bekämpfen, ist ein vollständiges Löschen kaum möglich: Denn Torfmoor brennt auch unterirdisch weiter. Außerdem ist der von Farnen bewachsene Waldboden allzu leicht entflammbar. Acht Brunnen hat unser Team inzwischen im 20 Hektar großen Brandgebiet gebohrt und fünf Pumpen eingerichtet.
In unserem Aufforstungsgebiet rund um die Gemeinde Mantangai breiten sich die Brände auf einer Fläche von 60 Hektar aus. 26 Brunnen sorgen hier dafür, dass unsere Mitarbeiter Löschwasser zur Verfügung haben. Doch gerade hier, im trockengelegten Torfmoor, ist Wasser inzwischen knapp. Erst Regen, auf den wir täglich hoffen, kann die Situation wirklich entspannen.

Orang-Utan-Rettungszentrum Samboja Lestari, Ost-Kalimantan
Auch unser Rettungszentrum Samboja Lestari in Ost-Kalimantan spürt erste Auswirkungen der Brände. Leichter Rauch zieht seit einigen Tagen durch unsere Station. Die Tierärzte betreiben hier in erster Linie Vorsorge: die 130 Orang-Utans erhalten täglich eine Ration Milch und werden mit Vitaminen versorgt, um ihr Immunsystem zu stärken. Außerdem dürfen die Waldschüler nur für wenige Stunden täglich in den Regenwald. Bisher waren unsere Bemühungen von Erfolg gekrönt, es sind also noch keine Tiere an Atemwegsinfekten erkrankt.