9. Februar 2023
Ein Orang-Utan-Baby hält sich an der Mutter fest

Das laute Schweigen — Ein Kommentar von BOS-Geschäfts­führer Daniel Merdes

BOS Deutsch­land war nie eine Orga­ni­sa­tion mit einer einheit­li­chen Meinung zu Zoos. Wollte jemand Streit, konnte er einfach diese Frage aufma­chen. In unseren Reihen tummeln sich Hard­core-Zoogegner. Aber auch Menschen mit Zoo-Jahres­karten und nicht zuletzt haben einige BOS-Regio­nal­gruppen ihre Infor­ma­ti­ons­stände in Zoos und pflegen ein part­ner­schaft­li­ches Verhältnis. BOS hat auch schon Spenden von Zoos empfangen, die wir direkt und 1:1 an unsere Rettungs­zen­tren weiter­ge­leitet haben. Bisweilen habe ich mich sogar gewun­dert, dass nicht mehr zoolo­gi­sche Einrich­tungen unsere Arten­schutz­ar­beit unter­stützen, denn das Label „Arten­schutz“ tragen sie mitt­ler­weile alle sehr gerne und immer lauter. Und genau hier beginnt in der Regel die Diskus­sion. Denn während es unbe­stritten ist, dass BOS mit seiner Reha­bi­li­ta­tions- und Auswil­de­rungs­ar­beit auf Borneo aktiv zum Erhalt des Borneo-Orang-Utans beiträgt, bleiben Zoos den Nach­weis von Arten­schutz­ar­beit meist schuldig. Darum kann man zurecht die Frage stellen: Welchen Sinn haben Zoos überhaupt?

Die Tötung eines Orang-Utan-Babys im Basler Zoo hat diese Diskus­sion auch in unseren Reihen wieder hoch­ko­chen lassen. Es scho­ckiert uns, dass dieses verwaiste Tier in unserem Rettungs­zen­trum in Borneo zu einem gesunden und Wildnis taug­li­chen Vertreter seiner gefähr­deten Art hätte heran­wachsen können, während es in der Schweiz noch nicht einmal versucht wurde.

Scho­ckiert sind wir aber auch davon, wie andere Orga­ni­sa­tion mit Tier- und Arten­schutz im Satzungs­zweck einfach schweigen. Wegen unserer ambi­va­lenten Haltung zu Zoos wurden wir in der Vergan­gen­heit schon oft von anderen Orgas kriti­siert, die Zoos vehe­ment ablehnen. Doch nun, wo ein Zoo das Baby einer hoch­ge­fähr­deten Art getötet hat, bleibt der große Aufschrei aus. Keine großen Kampa­gnen, keine glühenden State­ments. Wir fühlen uns in unserem Entsetzen über diesen Vorfall im Zoo Basel ziem­lich allein gelassen von den Orgas, die sonst schnell dabei sind, zu kriti­sieren und anzu­pran­gern. Noch schlimmer: auf RTL wird von einer bekannten Tier­rechts­or­ga­ni­sa­tion ohne Exper­tise zu Orang-Utans und deren Hand­auf­zuchten dem Zoo Basel sogar zuge­stimmt. Zoos würden zurecht „Hand­auf­zuchten vermeiden“, da sie zu „aufwendig“ sind und zu „späteren Inte­gra­ti­ons­pro­blemen“ führen.

Wir spre­chen noch immer von Zoos, also von wider­na­tür­li­chen Umge­bungen, und nicht vom Dschun­gel­buch, wo Mogli mit anfäng­li­chen „Inte­gra­ti­ons­pro­blemen“ kämpft. Sprich, in nicht opti­maler Umge­bung, sollen vermeint­lich opti­male Sozi­al­ver­bin­dungen entstehen? Hinweis: Orang-Utans leben in Frei­heit semi-solitär, da gibt es über­haupt kein Bedürfnis nach Gruppe und Mitein­ander. Da kann der Basler Zoo noch so oft Beispiele von kurz nach dem Krieg mit Gorillas bemühen, die tatsäch­lich in Grup­pen­ver­bänden leben.

Ich empfehle allen vermeint­li­chen Experten Fach­li­te­ratur oder noch besser einen fach­li­chen Austausch mit Arten­schutz­or­ga­ni­sa­tionen, die Programme vor Ort finan­zieren, denn dieses Unwissen kann Leben kosten, wie wir jetzt schmerz­haft sehen mussten.

Mitt­ler­weile hat BOS Deutsch­land e.V. eine Peti­tion an Zoo Basel gestartet! Bitte unter­stützen Sie uns in unseren Forderungen.