Nach einem turbulenten 2020 begann das Jahr im Rettungszentrum von Nyaru Menteng eher ruhig. Bis zu dem Tag Ende Januar, als der Anruf kam: Die indonesische Naturschutzbehörde BKSDA hatte mehrere Meldungen über einen ausgewachsenen Orang-Utan erhalten, der sich an der Stadtgrenze des rund 40 Kilometer entfernten Palangka Raya herumtrieb. Eine gefährliche Situation. Denn je näher die Tiere den Menschen kommen und auf der Suche nach Nahrung eine „Bedrohung“ für den Lebensunterhalt der Menschen darstellen, desto höher steigt das Risiko, dass sie gewaltsam vertrieben werden.
Es gab viele Fragen zu klären: Wo genau wurde der Orang-Utan gesehen? Wie hat er sich verhalten? War er verletzt? Wie oft war er schon gesichtet worden? Die Informationen der lokalen Bauern waren zuerst widersprüchlich. Doch nach und nach ergab sich ein konkretes Bild, und war klar: Der Orang-Utan musste gerettet werden. Gemeinsam mit der BKSDA machte sich unser Team aus Nyaru Menteng auf den Weg.
Gesundheits-Check-up gleich vor Ort
Sie trafen auf ein erwachsenes Männchen, dessen Alter sie auf über 25 Jahre schätzten. Auf den ersten Blick waren keine akuten Verletzungen zu erkennen. Der Gesamtzustand war gut, er hatte lediglich ein paar Kilo zu viel auf den Rippen. Sein Body Condition Score (BCS) – eine Maßeinheit, die den Ernährungszustand bei Tieren bewertet – lag bei 4. Normal ist 3. Für ein ausgewachsenes Männchen aber kein Grund zur Besorgnis. Der gründliche Check ergab, dass er sich irgendwann mal den Mittelfinger an der rechten Hand gebrochen hatte. Auch seine unteren Eckzähne waren vor längerer Zeit einmal beschädigt worden, aber inzwischen wieder gut verheilt. Einzig die Körpertemperatur des Männchens war bei der ersten Messung zu hoch, er hatte leichtes Fieber.
Ungleiche Begegnung zwischen Mensch und Tier
Welche Geschichte dieses Männchen hatte, wissen wir nicht. Auch nicht, warum er so nah an die Stadtgrenze herangekommen war. Sicherlich teilt er das Schicksal vieler Wildtiere, deren Lebensraum immer mehr vom Menschen eingenommen wird. Sind die Tiere dann auf Nahrungssuche, treffen sie immer häufiger auf Menschen und es kommt zum Konflikt. In diesem Fall schien die Begegnung für den Orang-Utan jedoch glimpflich gelaufen zu sein.
Neues Zuhause im Wald
Als die Tierärzte nach kurzer Zeit erneut die Temperatur des Männchens maßen, waren die Werte wieder im Normalberich. Wir vermuten, dass der Stress der Rettung und die intensive tropische Mittagshitze die Temperatur kurzfristig ansteigen lassen hatten. Da er insgesamt fit war und wildes Verhalten zeigte, entschied die BKSDA, ihn umzusiedeln und sofort wieder in einem sicheren Wald auszusetzen. Wir drücken dem Orang-Utan-Männchen die Daumen, dass er sich in seiner neuen Umgebung schnell einlebt und gesund bleibt.
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