Traditionell blicken wir zum Jahresende auf die vergangenen zwölf Monate zurück. Für BOS Deutschland war 2017 unter dem Motto #OrangutanFreedom ein erfolgreiches Jahr. Bei neun Auswilderungen konnten wir insgesamt 75 Menschenaffen die Freiheit schenken. Weitere 43 leben auf Vorauswilderungsinseln und haben beste Chancen, demnächst ausgewildert zu werden. Elf Orang-Utans im Alter von zwei bis 25 Jahren konnte unser Team Anfang März erfolgreich in ein sicheres Gebiet umsiedeln, darunter zwei Mütter mit ihren Kindern.
Trotz vieler positiver Meldungen sehen wir aber auch, wie notwendig unser Einsatz gerade jetzt ist. Die Beispiele in unserem kurzen Jahresrückblick zeigen Ihnen warum.
Der Fall Taymur
Immer wieder werden wir mit dem Schicksal illegal gehandelter Orang-Utans konfrontiert. Ein lukratives Geschäft, bei dem Menschenaffen-Babys verkauft werden, um als prestigeträchtige „Haustiere“ unter übelsten Bedingungen zu enden.
Traurige Berühmtheit erlangte 2017 die Geschichte des kleinen Taymur. Aus Indonesien geschmuggelt, gequält und mit Drogen vollgepumpt, bewegte sein Schicksal Tierschützer auf der ganzen Welt. Der Fall führte sogar zu diplomatischen Verstimmungen zwischen Taymurs Heimatland und Kuweit, wohin das Orang-Utan-Baby verkauft wurde. Vor allem dem Einsatz der BOS Foundation und zahlreicher Spender aus Deutschland war es zu verdanken, dass der Kleine im September endgültig nach Borneo zurückgebracht werden konnte.
„Endlich darf Taymur wieder in seiner Heimat leben“, sagt Daniel Merdes, Geschäftsführer von BOS Deutschland e.V. „Gemeinsam mit unseren indonesischen Partnern haben wir hartnäckig daran gearbeitet, ihn aus seinem Martyrium zu befreien. In unserem Schutzzentrum in Nyaru Menteng bekommt er jetzt die Pflege und Fürsorge, die er braucht, um ein artgerechtes Leben zu führen.”
Alba, die weißhaarige Lady
Auf ganz andere Weise dramatisch und spektakulär ist die Geschichte des jungen Orang-Utan-Weibchens, die im Zuge eines internationalen Namenswettbewerbs Alba genannt wurde. Alba ist ein Albino, etwas gerade bei Orang-Utans extrem Seltenes.
Die junge Dame konnte im April 2017 aus kurzer Gefangenschaft befreit und unseren Partnern bei der BOS Foundation übergeben werden. Das Schicksal ihrer Mutter ist unbekannt.
Aufgrund ihres Albinismus ist Alba hautkrebsgefährdet und zudem sehbehindert, so dass sie wohl niemals ausgewildert werden kann. Stattdessen wird sie auf einer kleinen Insel mit drei anderen, normal rotbraun gefärbten, Artgenossinnen ein behütetes Leben führen. Die Sorge, dass die „normalen Orang-Utans“ Alba wegen ihrer Andersartigkeit mobben würden, hat sich nicht bestätigt. Im Gegenteil, wie es aussieht, gibt Alba laut ihren Beschützern den Ton an.
Babyhäuser
Unsere Pflegestationen für die Jüngsten in Samboja Lestari und Nyaru Menteng waren schon lange überfüllt. Kein Wunder, allein 2017 konnten wir 20 verwaisten Babys retten, die ein neues Domizil brauchten. Unterstützt wird dies seit Sommer 2017 durch jeweils ein neues Babyhaus in den beiden Stationen. Dort dürfen Taymur und alle seine Freunde jetzt in Sicherheit und Geborgenheit toben und spielen. Beide Unterkünfte wären allerdings ohne besonderes internationales Spender-Engagement nicht möglich gewesen, wobei das Babyhaus in Nyaru Menteng ganz maßgeblich von BOS Deutschland finanziert werden konnte. Das freut uns natürlich.
Immer wieder reif für die Insel(n)
Die von BOS rehabilitierten Orang-Utans brauchen naturnahe und dennoch geschützte Areale, um ihren Fähigkeiten den letzten Schliff für ein erneutes Leben in der Wildnis zu verleihen. Dafür ziehen sie eine Zeit lang auf sogenannte Vor-Auswilderungsinseln. Eine von ihnen ist Salat Island in Zentral-Kalimantan.
Dieses Flussgebiet zu erwerben, stellte BOS vor große Herausforderungen. Letztendlich konnten jedoch 600 Hektar der insgesamt 3.400 Hektar großen Insel gesichert werden. Anfang 2017 dann ein noch größerer Erfolg: Weitere 1.400 Hektar kamen hinzu, so dass nunmehr über 2.000 Hektar Land, 20 Quadratkilometer, für die Arbeit der BOS Foundation auf Salat Island zur Verfügung stehen.
Diese Fläche ist einerseits ein extrem wichtiges Standbein für die Auswilderungen aus der Station Nyaru Menteng, darüber hinaus aber auch ein würdiges Refugium für Orang-Utans, die aus Alters- oder Krankheitsgründen nicht mehr ausgewildert werden können.
Im Juli 2017 konnte in Ost-Kalimantan die Insel Nr. 8 erworben werden. Mit ihren gerade einmal drei Hektar ist sie zwar klein, verbessert aber als Vor-Auswilderungsinsel dennoch die Auswilderungsmöglichkeiten der Station Samboja Lestari. Daneben sollen die schon lange existierenden künstlich angelegten Inseln auf dem Areal von Samboja Lestari baulich verbessert werden.
Ebenfalls in Ost-Kalimantan gelegen ist die 83 Hektar große Insel Juq Kehje Swen, was in der Dayak-Sprache ganz pragmatisch Orang-Utan-Insel bedeutet. Sie wird seit September 2017 als Vor-Auswilderungsinsel für Samboja Lestari beziehungsweise das Auswilderungsgebiet Kehje Sewen genutzt.
Wald und Leute
BOS ist an der Entwicklung, besser gesagt, der Renaturierung des Mawas-Gebietes beteiligt. In diesem über 300.000 Hektar großen Torfwaldgebiet in Zentral-Kalimantan dreht sich alles um Wiederaufforstung und Blockade früher, im Rahmen eines gescheiterten Reisanbauprojekts, angelegter Drainagekanäle. Ziel ist es, durch Wiedervernässung die ursprüngliche Torfwaldökologie wieder herzustellen. In diesem Zusammenhang kooperiert BOS mit anderen Organisationen im Rahmen des SOS Borneo Projekts z. B. mit der Borneo Nature Foundation.
Seit Beginn gehört es zum Selbstverständnis von BOS, mit der ortsansässigen Bevölkerung zusammenzuarbeiten. In Kooperation mit BOS Deutschland setzt die BOS Foundation auch Gemeindeentwicklungsprojekte um. Derzeit ist dies das durch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) geförderte Projekt „Nachhaltige Gemeindeentwicklung in Mangkatip”. Dessen Ziel ist es, diese Gemeinde in die Lage zu versetzen, ihre eigenen sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Entwicklungsprioritäten zu definieren und ihre Interessen vor staatlichen Behörden adäquat zu vertreten.
Zu diesem Komplex gehört zum Beispiel auch die Kartierung von Land, um Ansprüche der Gemeindemitglieder gegenüber dem Staat zu untermauern. Konflikte um die Nutzung von Land, das traditionell von den Menschen vor Ort genutzt wird, dieses Recht aber formalrechtlich nur schwer nachweisbar ist, gehören in Indonesien zur Tagesordnung.
Palmöl gehört nicht in den Tank
Im April hat das EU-Parlament eine Resolution zum Thema Palmöl und Schutz der Regenwälder verabschiedet. Darin wird die Europäische Kommission aufgefordert, entsprechende EU-weite Gesetzgebungsverfahren einzuleiten. BOS Deutschland lehnt die Nutzung von Palmöl für sogenannten Biosprit klar ab. Sie können unsere Bemühungen mit dem Unterschreiben der Petition “Kein Palmöl in den Tank” an dieser Stelle unterstützen.
Politik und Wirtschaft müssen dafür sorgen, dass die Produktion sämtlichen Palmöls über die gesamte Wertschöpfungskette überprüfbar nachhaltig erfolgt.
Unsere nächsten Ziele
Wir wollen mit nationalen und internationalen Partnern insbesondere zum großräumigen Waldschutz noch intensiver zusammenarbeiten, vor allem was die Schaffung von großräumigen Biotopverbund-Korridoren angeht. Nicht zuletzt dafür wollen wir die Unterstützung aus Zivilgesellschaft und Politik ausbauen und auch auf die einschlägige Wirtschaft einwirken.
Der Orang-Utan muss in der Öffentlichkeit noch mehr als bisher als das Gesicht des Regenwaldes wahrgenommen werden.
Dank an alle Unterstützerinnen und Unterstützer
An dieser Stelle möchten wir uns wieder bei all unseren Spendern und allen ehrenamtlichen Helfern von ganzem Herzen bedanken. Ohne diese Menschen wäre unsere Arbeit unmöglich. Wir wünschen allen eine frohe Weihnachtszeit und einen hervorragenden Jahreswechsel!
Herzlichst, Ihr BOS-Team