23. Januar 2023
Tierärzte im BOS Rettungszentrum untersuchen Orang-Utan

Verhü­tungs­mittel im Rettungszentrum 

Wie schützen wir die Orang-Utan-Mädchen vor Schwan­ger­schaften? Und vor allem: Warum? Wir erzählen es Ihnen. 

BOS hat es sich zur Aufgabe gemacht, Orang-Utans vor dem Aussterben zu bewahren. Unsere Mission ist es, so viele geret­tete Orang-Utans wie möglich in geschützte Regen­wälder auszu­wil­dern, damit sie sich in ihrem natür­li­chen Lebens­raum vermehren können. Deshalb ist für uns die Geburt eines jeden Orang-Utan-Babys ein Grund zur Freude. 

Trotzdem kann es nötig und sinn­voll sein, die Schwan­ger­schaft eines Orang-Utans zu verhüten. Genauer gesagt: Sie ein wenig aufzu­schieben, bis die Bedin­gungen besser sind. 

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Denn so sehr wir uns viel, viel Orang-Utan-Nach­wuchs wünschen: Keines­falls möchten wir, dass die Mutter durch die Schwan­ger­schaft gesund­heit­lich gefährdet wird, ihre Reha­bi­li­ta­tion verzö­gert oder dass das Baby einen schweren Start ins Leben hat. Solche Situa­tionen haben wir leider schon im BOS-Rettungs­zen­trum erlebt. 

Dilla war trau­ma­ti­siert und von ihrem Baby überfordert 

Als Dilla im Alter von fünf Jahren zu uns kam, hatte sie vier Jahre in privater Gefan­gen­schaft durch­litten, war auf einem Auge erblindet und schwer trau­ma­ti­siert. Trotz inten­siver Ausbil­dung in unserer Wald­schule wird Dilla womög­lich nie vorbe­reitet genug sein für ein Leben in der Wildnis. 

Unser Sorgenkind Dilla auf der Vorauswilderungsinsel
Unser Sorgen­kind Dilla

Seit einigen Jahren lebt sie auf einer unserer Voraus­wil­de­rungs­in­seln. Dort wurde sie schwanger und brachte ein gesundes Mädchen zur Welt. Doch obwohl unser Team sie liebe­voll unter­stützte, gelang es Dilla nicht, eine mütter­liche Bezie­hung zu Töch­ter­chen Delilah aufzu­bauen. Schließ­lich wurde sie der Kleinen gegen­über sogar aggressiv. Sehr schweren Herzens mussten wir Mutter und Tochter trennen. Delilah wächst nun in der Obhut unserer Baby­sit­te­rinnen im Rettungs­zen­trum auf. 

Baby Clarita wurde auf der Voraus­wil­de­rungs­insel entführt 

Ähnli­ches erlebten wir mit Ben, dessen Mutter Nanga wir 2006 aus Thai­land gerettet hatten und die ihren neuge­bo­renen Winz­ling nicht annehmen und versorgen konnte. 

Orang-Utan Mama Clara mit Tochter Clarita und Tierärzten
Mama Clara hält ihr Baby fest im Arm, während sie unter­sucht wird.

Claras Baby Clarita wurde sogar auf einer Voraus­wil­de­rungs­insel von einem männ­li­chen Orang-Utan entführt. Die herz­zer­rei­ßende Geschichte von Clara und Clarita, die zu unserem großen Glück nach bangen Tagen wieder­ver­ei­nigt werden konnten, hat das Kame­ra­team der “Oran­gutan Jungle School” begleitet. 

Auch für Orang-Utans sind Teen­ager-Schwan­ger­schaften schwierig 

In freier Wild­bahn sind Orang-Utan-Mädchen schon alleine durch die Gege­ben­heiten vor einer zu frühen Schwan­ger­schaft geschützt. Sie leben in einem viel weit­läu­fi­geren Areal als bei uns im Rettungs­zen­trum und auf den Voraus­wil­de­rungs­in­seln und sie sind natur­gemäß über­wie­gend als Einzel­gänger unter­wegs. Außerdem bleibt der Nach­wuchs sehr lange bei den Müttern, welche tatkräftig dafür sorgen, dass herum­stromernde halb­starke und bereits geschlechts­reife Orang-Utan-Jungs den noch kleinen Mädchen nicht zu nahe kommen — sollten sie sich doch einmal im Dschungel begegnen. 

Tierarzt entnimmt Orang-Utan Blutprobe beim Checkup
Gründ­li­cher Checkup durch unsere Tier­ärzte im BOS Rettungszentrum

Aus all diesen Gründen versorgen wir die Orang-Utan-Mädchen in unserem Rettungs­zen­trum mit Verhü­tungs­mit­teln, sobald sie das erste Mal ihre Periode bekommen. So können sie sich ganz und gar auf ihre Reha­bi­li­ta­tion konzen­trieren und all das lernen, was sie für ihr Leben in freier Wild­bahn benö­tigen — und was sie später einmal ihren Babys über das Leben im Dschungel beibringen können. Auch die weib­li­chen Orang-Utans auf unseren Voraus­wil­de­rungs­in­seln, die nicht auswil­derbar sind, bekommen mitt­ler­weile Verhütungsmittel. 

Wie genau schützen wir die Orang-Utans vor Schwangerschaft? 

Unsere Tier­ärzte verwenden ein Hormon­stäb­chen, das den Orang-Utan-Weib­chen mit einem kleinen Eingriff einge­pflanzt werden kann. Es muss nur alle drei Jahre ausge­tauscht werden. 

Tierarzt setzt Spritze beim Checkup der Orang-Utans
Kleiner Eingriff, große Wirkung: das Hormon­stäb­chen wird eingepflanzt

Gerade haben wir die Stäb­chen bei der 28-jährigen Tyson und der 22-jährigen Nania ausge­tauscht. Die beiden wurden 2010 erst­mals mit dem Verhü­tungs­mittel ausge­stattet, es ist also bereits das vierte Implantant, das sie im Austausch erhalten. 

Die Mini-Opera­tion samt Betäu­bung nutzen unsere Tier­ärzte auch immer gleich für einen gründ­li­chen Gesund­heits­check der Orang-Utans: Unter anderem wird das Tier gewogen, es werden Blut und eine Spei­chel­probe entnommen sowie eine Rönt­gen­auf­nahme gemacht. 

Gründliche Untersuchung inklusive Röntgenbild
Gründ­lich unter­sucht: Den beiden Orang-Utan-Damen geht es gut.

Bei Tyson und Nania ist alles wieder in bester Ordnung – sie waren zuvor krank gewesen. Jetzt dürfen sie sich in einem Bereich unseres Rettungs­zen­trums voll­ends erholen, in dem sie weiterhin beson­ders umhegt werden und viel Platz haben, um zu hangeln, schau­keln und auf Bäume zu klet­tern – wieder gemeinsam mit Orang-Utan-Männchen. 

Mit Ihrer Spende helfen Sie den Orang-Utans und dem Regen­wald. Jeder Beitrag hilft.