30. Dezember 2017

Zwei mäch­tige Symbole der Hoffnung

Daniel Merdes, Geschäfts­führer BOS Deutsch­land, blickt auf seine persön­li­chen Höhe­punkte des Jahres zurück:

Das sich verab­schie­dende Jahr war sicher­lich alles andere als ereig­nisarm. Die spek­ta­ku­läre Taymur Rettung – nur möglich  durch den Einsatz der BOS Foun­da­tion und der zahl­rei­chen Spender aus Deutsch­land — oder das bis heute unge­klärte Wunder, dass Alba ihren Weg in unsere Rettungs­sta­tion fand, haben Menschen welt­weit berührt. So auch mich. Aber zwei weitere Ereig­nisse  möchte ich gerne mit Ihnen teilen, da sie mich beson­ders gefreut haben, nicht zuletzt weil sie – im wahrsten Sinne des Wortes – große und mäch­tige Symbole der Hoff­nung sind.

Nach 24 Jahren die lang­ersehnte Frei­heit für Romeo

Im Juni dieses Jahr wurde Romeo nach über 24 Jahren im Rettungs­zen­trum auf „seine“ Voraus­wil­de­rungs­insel gebracht. Noch gut kann ich mich an Romeos resi­gnierten Blick in seinem Käfig erin­nern, als ich ihn das erste Mal vor drei Jahren in Samboja Lestari begegnen durfte. Seine Augen waren ohne Glanz und voller Hoff­nungs­lo­sig­keit. Von uns Menschen erwar­tete er außer seiner tägli­chen Nahrung nichts Gutes mehr. Wie auch. Orang-Utans können trotz ihrer Intel­li­genz nicht zwischen Helfern und Frei­heit­neh­mern diffe­ren­zieren. Wie kann Romeo auch wissen, dass ihm das blanke Leben gerettet wurde und sein vermisster Lebens­raum nicht mehr exis­tiert. Was bleibt ist Wut aufgrund der Gefan­gen­schaft. Diese Begeg­nung hat mich doch sehr betroffen. Kurz davor hatte ich noch die neugie­rigen Augen der jungen Orang-Utans im Baby­haus als krassen Gegen­satz gesehen. Auch die Haupt­pro­ble­matik war mir natür­lich in diesem Moment bekannt: Es fehlen geeig­nete Auswil­de­rungs­flä­chen für domi­nante männ­liche Orang-Utans, denn sie benö­tigen riesige Terri­to­rien und die Abwe­sen­heit konkur­rie­render Orang-Utan-Männ­chen, beson­ders aus der wilden Popu­la­tion. Im Gegen­satz dazu lassen sich weib­liche Orang-Utans wesent­lich einfa­cher in ein neues Habitat integrieren.

Dieses Jahr kam nun endlich die erlö­sende Nach­richt: Für Romeo wurde eine „eigene“ Voraus­wil­de­rungs­insel geschaffen. Nach über 24 Jahren im Käfig konnte er wieder auf einen Baum steigen und die warme Erde unter sich fühlen, die Nase voller mit fast verges­senen Düften aus dem Wald. Und plötz­lich war da ein anderer Blick in seinen Augen, erste Verwirrt­heit machten einer entschlos­senen Wild­heit Platz: Romeo ist zurück!

 

Doch Romeo ist kein Einzelfall

In diesem Monat durfte dieses Erlebnis auch vom vor 23 Jahren einge­sperrten Orang-Utan Papa geteilt werden.  Nie wieder Einzel­haft für diese majes­tä­ti­schen Geschöpfe, statt­dessen Hoff­nung und Aufbruch. 

Und genau diese Nach­richt wünsche ich mir für alle verblei­benden Orang-Utans in unseren Rettungs­sta­tionen. Im Jahr 2018 wollen wir weiterhin unser beson­deres Augen­merk darauf richten. Alles andere als einfach mit begrenzten Ressourcen an Geld­mit­teln und Auswil­de­rungs­flä­chen. Wir nehmen aber die Heraus­for­de­rung an, denn Orang-Utan-Schutz hört nicht bei den Orang-Utan-Babies auf, sondern beginnt da, wo es weh tut. Leider wollen viele nicht die ganze Geschichte hören, aber BOS wird sie auch im nächsten Jahr nicht von der Wahr­heit verschonen können. Es gibt noch zu viele Romeos hinter Gittern, auch in diesem Augen­blick wird Regen­wald unwie­der­bring­lich zerstört. Pro Sekunde global ein halbes Fußball­feld. Ein fast nicht zu ertra­gender Gedanke. Die Zeit­fenster zur jewei­ligen Rettung werden täglich kleiner. Auch zwischen den Jahren haben wir zwei weitere Orang-Utan-Babys gerettet. Deswegen müssen wir noch viel mehr mit allen lösungs­ori­en­tierten Orga­ni­sa­tionen, Regie­rungen und Unter­nehmen zusammenarbeiten.

Nur gemeinsam haben wir über­haupt eine Chance und nur so hat der Orang-Utan eine Chance!

Bitte schreiben sie mir, wenn sie Fragen, Anmer­kungen oder Ideen haben. Auch im nächsten Jahr werde ich jede Zuschrift persön­lich beant­worten. Ihre Rück­mel­dungen geben mir und meinem Team die Kraft weiterzumachen!

Vielen Dank für Ihre Acht­sam­keit und Unterstützung!

 

Daniel Merdes