Daniel Merdes, Geschäftsführer BOS Deutschland, blickt auf seine persönlichen Höhepunkte des Jahres zurück:
Das sich verabschiedende Jahr war sicherlich alles andere als ereignisarm. Die spektakuläre Taymur Rettung – nur möglich durch den Einsatz der BOS Foundation und der zahlreichen Spender aus Deutschland — oder das bis heute ungeklärte Wunder, dass Alba ihren Weg in unsere Rettungsstation fand, haben Menschen weltweit berührt. So auch mich. Aber zwei weitere Ereignisse möchte ich gerne mit Ihnen teilen, da sie mich besonders gefreut haben, nicht zuletzt weil sie – im wahrsten Sinne des Wortes – große und mächtige Symbole der Hoffnung sind.
Nach 24 Jahren die langersehnte Freiheit für Romeo
Im Juni dieses Jahr wurde Romeo nach über 24 Jahren im Rettungszentrum auf „seine“ Vorauswilderungsinsel gebracht. Noch gut kann ich mich an Romeos resignierten Blick in seinem Käfig erinnern, als ich ihn das erste Mal vor drei Jahren in Samboja Lestari begegnen durfte. Seine Augen waren ohne Glanz und voller Hoffnungslosigkeit. Von uns Menschen erwartete er außer seiner täglichen Nahrung nichts Gutes mehr. Wie auch. Orang-Utans können trotz ihrer Intelligenz nicht zwischen Helfern und Freiheitnehmern differenzieren. Wie kann Romeo auch wissen, dass ihm das blanke Leben gerettet wurde und sein vermisster Lebensraum nicht mehr existiert. Was bleibt ist Wut aufgrund der Gefangenschaft. Diese Begegnung hat mich doch sehr betroffen. Kurz davor hatte ich noch die neugierigen Augen der jungen Orang-Utans im Babyhaus als krassen Gegensatz gesehen. Auch die Hauptproblematik war mir natürlich in diesem Moment bekannt: Es fehlen geeignete Auswilderungsflächen für dominante männliche Orang-Utans, denn sie benötigen riesige Territorien und die Abwesenheit konkurrierender Orang-Utan-Männchen, besonders aus der wilden Population. Im Gegensatz dazu lassen sich weibliche Orang-Utans wesentlich einfacher in ein neues Habitat integrieren.
Dieses Jahr kam nun endlich die erlösende Nachricht: Für Romeo wurde eine „eigene“ Vorauswilderungsinsel geschaffen. Nach über 24 Jahren im Käfig konnte er wieder auf einen Baum steigen und die warme Erde unter sich fühlen, die Nase voller mit fast vergessenen Düften aus dem Wald. Und plötzlich war da ein anderer Blick in seinen Augen, erste Verwirrtheit machten einer entschlossenen Wildheit Platz: Romeo ist zurück!
Doch Romeo ist kein Einzelfall
In diesem Monat durfte dieses Erlebnis auch vom vor 23 Jahren eingesperrten Orang-Utan Papa geteilt werden. Nie wieder Einzelhaft für diese majestätischen Geschöpfe, stattdessen Hoffnung und Aufbruch.
Und genau diese Nachricht wünsche ich mir für alle verbleibenden Orang-Utans in unseren Rettungsstationen. Im Jahr 2018 wollen wir weiterhin unser besonderes Augenmerk darauf richten. Alles andere als einfach mit begrenzten Ressourcen an Geldmitteln und Auswilderungsflächen. Wir nehmen aber die Herausforderung an, denn Orang-Utan-Schutz hört nicht bei den Orang-Utan-Babies auf, sondern beginnt da, wo es weh tut. Leider wollen viele nicht die ganze Geschichte hören, aber BOS wird sie auch im nächsten Jahr nicht von der Wahrheit verschonen können. Es gibt noch zu viele Romeos hinter Gittern, auch in diesem Augenblick wird Regenwald unwiederbringlich zerstört. Pro Sekunde global ein halbes Fußballfeld. Ein fast nicht zu ertragender Gedanke. Die Zeitfenster zur jeweiligen Rettung werden täglich kleiner. Auch zwischen den Jahren haben wir zwei weitere Orang-Utan-Babys gerettet. Deswegen müssen wir noch viel mehr mit allen lösungsorientierten Organisationen, Regierungen und Unternehmen zusammenarbeiten.
Nur gemeinsam haben wir überhaupt eine Chance und nur so hat der Orang-Utan eine Chance!
Bitte schreiben sie mir, wenn sie Fragen, Anmerkungen oder Ideen haben. Auch im nächsten Jahr werde ich jede Zuschrift persönlich beantworten. Ihre Rückmeldungen geben mir und meinem Team die Kraft weiterzumachen!
Vielen Dank für Ihre Achtsamkeit und Unterstützung!
Daniel Merdes