Im November 2022 sind Cimon, Guldtop und Oneng aus unserem Rettungszentrum auf die Salat Islands umgezogen. Sind die drei Orang-Utans gut angekommen?
Ende letzten Jahres haben wir einen fantastischen Meilenstein unserer Arbeit gefeiert: Wir konnten den 500. Orang-Utan auswildern. Nur wenige Tage davor durften drei unserer Schützlinge auf die Vorauswilderungsinseln umziehen – ein fast genauso bedeutsamer Tag. Denn auf den Salat Islands, einer Fläche von rund 2.000 Hektar, befindet sich unsere Walduniversität und unser Seniorenheim, ein weltweit einmaliger Ort.
Was ist eine Vorauswilderungsinsel?
Die Salat Islands sind ein Cluster bewaldeter Inseln, die unter Naturschutz stehen, Wildtieren ein sicheres Refugium bieten und seit 2015 von der BOS Foundation verwaltet werden.
Obwohl die Fahrt auf die Salat Inseln recht kurz ist – nur eineinhalb Stunden mit dem Auto und eine weitere per Boot – startete das BOS-Team am 12. November 2022 bei Sonnenaufgang und wie immer mit einem Nasenabstrich für den COVID-Test in unserem Rettungszentrum Nyaru Menteng. Die drei Orang-Utans sitzen in Transportboxen, die nun sicher auf der Ladefläche des BOS-Pick-Ups verstaut werden.
Orang-Utan Cimon kehrt auf die Salat Islands zurück
Für Cimon markiert der Umzug bereits den zweiten Anlauf: Er hat schon einmal auf den Salat Inseln gelebt, zeigte damals jedoch nicht die nötigen Fähigkeiten, die er braucht, um allein in der Inselwildnis zurecht zu kommen. Als Cimon dramatisch an Gewicht verloren hatte und im Kampf mit einem anderen Orang-Utan-Männchen unterlag, trafen unsere Tierärzte die Entscheidung, ihn erst einmal zurückzuholen ins Rettungszentrum.
Dieses Mal scheint nun alles anders. Cimon strotz wieder vor Gesundheit, bringt ein gutes Gewicht mit – und er ist vorbereitet. Als unser Team auf der Plattform von Badak Besar, der Hauptinsel der Salat Islands, die Tür der Transportbox öffnet, schwingt sich Cimon lässig und entspannt auf den nächstgelegenen Baum.
Betreutes Wohnen für Oneg auf Badak Kecil Island
Auch Oneg, die seit dem Jahr 2008 unseren Waldkindergarten und die Waldschule besucht hat, ist schon einmal auf eine Vorauswilderungsinsel umgezogen. Leider konnte sie sich weder auf Palas Island noch auf Kaja Island allein behaupten, so dass wir sie für weitere Lektionen im Orang-Utan-Survivaltraining zurück in unser Rettungszentrum holten.
Diesmal haben wir für sie als neue Heimat die besonders geschützte Insel Badak Kecil ausgesucht. Badak Kecil ist das Ergebnis langjähriger Arbeit der BOS Foundation, auf das wir sehr stolz sind: Es ist die weltweit erste Schutzinsel für nicht auswilderbare Orang-Utans. Auf 104 Hektar Fläche finden unsere Sorgenkinder, die zu traumatisiert, körperlich eingeschränkt oder zu alt sind für eine Auswilderung sind, einen nahezu wilden Lebensraum in natürlicher Regenwaldvegetation. Gleichzeitig haben unsere Ranger auf Badak Kecil weiterhin ein Auge auf sie und versorgen sie weiterhin regelmäßig mit Futter.
Ob Oneg nun auf dieser Insel bleibt oder sich doch als fit genug für die Auswilderung beweisen kann, bleibt abzuwarten. Ihr Umzug auf die Insel verläuft jedenfalls wie im Bilderbuch – bis auf den frechen kleinen Makaken, der ihr etwas Futter unter der Nase wegschnappt. Gutes Selbstbehauptungstraining also für unsere Orang-Utan-Dame.
Guldtop wird auf der Insel bereits erwartet
Ziemlich aufregend wird es dann beim dritten Stopp unseres Teams an diesem Tag. Als das Boot den Anlegesteg erreicht, wird es dort bereits von einem männlichen Orang-Utan erwartet, der in einem Baum am Strand sitzt: Happy. Der 14-Jährige ist im Juni 2022 auf die Vorauswilderungsinsel umgezogen und scheint nun eine extra Futterlieferung zu erwarten.
Keine guten Voraussetzungen für Guldtop, um auf der Insel anzukommen, denn die Begegnung mit einem anderen Orang-Utan birgt immer ein gewisses Konfliktpotenzial. Eine andere Plattform als Ausweichmöglichkeit gibt es allerdings nicht. Also muss sich unser Team schnell etwas überlegen.
Mit einer Ananas, einem echten Leckerbissen für den Orang-Utan, lockt einer der Ranger Happy weg, während der Rest des Teams zügig die Transportbox vom Boot entlädt.
Happy ist allerdings schneller. Statt die Ananas in Ruhe zu futtern, kehrt er mit dem Obst in der Hand schnell an den Ort des Geschehens zurück. Offensichtlich will er nicht verpassen, was da aus der Box zum Vorschein kommt, und lässt sich auch nicht weiter von unserem Team ablenken.
So bleibt uns nichts anderes übrig als Guldtop unter den aufmerksamen Augen von Happy freizulassen. Und kaum verlässt sie die Box, stürzt Happy sich auf sie…
Wir halten die Luft an. Haben wir die Situation unterschätzt?
“Lari, Guldtop!” (auf Deutsch: “Lauf, Guldtop!”) ruft der Kollege an der Box und die Orang-Utan-Dame klettert tatsächlich in Windeseile auf den nächsten Baum. Happy hinterher. Und schon legt er einen Arm um Guldtop. In diesem Moment wird uns alles klar.
Guldtop ist ein Weibchen – und Happy offensichtlich schockverliebt.
Sein Verhalten ist nicht etwa aggressiv, sondern sehr interessiert. Das merkt auch Guldtop, die sich nun wieder vom Baum herunter und auf die Plattform hangelt, wo ein paar Leckerbissen auf sie warten.
Happy weicht ihr die ganze Zeit nicht von der Seite und statt sich selbst etwas Obst zu schnappen, bleibt sein Arm die ganze Zeit auf Guldtops Schulter liegen. Guldtop scheint es zu gefallen: Sie zeigt keinerlei Anzeichen von Stress, ganz im Gegenteil.
Als unser Boot von der Insel ablegt, schickt Happy uns einen Blick hinterher, der zu sagen scheint: „Das ist jetzt meine Freundin, damit da ja kein Missverständnis aufkommt.”
Wie sich Cimon, Oneng und Guldtop wohl seitdem eingelebt haben? Wir sind schon gespannt auf den nächsten Bericht unserer Ranger von den Vorauswilderungsinseln!
Damit wir unsere Arbeit langfristig finanzieren können, sind wir auf Ihre Unterstützung angewiesen. Jede Spende hilft – den Orang-Utans und dem Regenwald!