Der Wald ist sein ein und alles: Sobald der sechs­jäh­rige Orang-Utan-Junge Klaus Bäume sieht, ist er nicht mehr zu halten. Geschickt und im rasanten Tempo klet­tert er flugs bis ganz nach oben. Dabei bricht er auf seinem Weg gern auch ein paar passende Äste ab, die er für den Nestbau in der Baum­krone braucht. Dass er sich so gut an seine Umge­bung anpassen kann, hat ihn in der Wald­schule zu einem geleh­rigen und eifrigen Schüler gemacht.

Ein typi­sches Schicksal

Als Klaus im Mai 2018 von unserem Team gefunden wurde, irrte er allein und verloren durch den Regen­wald. Ohne seine Mutter hatte er keine Chance, allein in der Wildnis zu über­leben. Um zu lernen, was er für ein eigen­stän­diges Leben braucht, wurde er in unser Schutz­zen­trum Samboja Lestari gebracht. Anfangs war der Orang-Utan-Junge eher ein schüch­terner Beob­achter im Kinder­garten, später dann ein selbst­be­wusster Einzel­gänger in der Wald­schule. Oft kommt er nach „Schul­schluss“ als letzter von den Bäumen herun­ter­ge­klet­tert, weil er so in seine Akti­vi­täten vertieft ist.

Auf Beobachtungsßposten
Auf Beobachtungsposten

Lektionen auf dem Weg ins Erwachsenwerden

Ein wähle­ri­scher Esser ist Klaus nicht grade. Blätter, Wald­samen oder die Kambium-Schicht unter der Baum­rinde – er isst, was grade da ist. Aller­dings hat er wie viele andere Primaten auch eine große Schwäche für „Süßig­keiten“:  Bananen und Wasser­me­lonen sind sein Liebstes! Wenn er sie erspäht, vergisst er seine gute Kinder­stube. So hat er einmal Shelton dessen Obst direkt vor der Nase wegge­klaut. Shelton, ein blinder und norma­ler­weise fried­li­cher Orang-Utan, wurde sehr wütend und biss Klaus in den Finger. Solche Wutaus­brüche sind seine Form der Selbst­ver­tei­di­gung. Sie lehren junge Orang-Utans eine wich­tige Lektion und gehören zu ihrer Sozia­li­sa­tion in der Gemein­schaft der Artge­nossen. Diese Zurecht­wei­sung durch Shelton hat schwer an Klaus‘ Stolz gekratzt! Dafür gab es kein Heil­mittel, aber seinen Finger konnte unser Tier­ärz­te­team bestens versorgen. Die Biss­wunde ist mitt­ler­weile voll­ständig verheilt.

Natür­liche Distanz zu Menschen

Hier ist Klaus mit Dennis unterwegs
Hier ist Klaus mit Dennis unterwegs

Im Laufe der Zeit lernte Klaus, mit den anderen Orang-Utans zu inter­agieren. Beson­ders gern ist er mit Ames unter­wegs. Beide wurden dabei beob­achtet, wie sie gemeinsam Nester gebaut, Blätter gefressen und sich ausgiebig gekab­belt haben. Eines ist sehr auffällig: Menschen mag Klaus nicht so gern in seiner Nähe – einmal hat er sogar einen unserer Tech­niker gebissen. Aber seine natür­liche Distanz zu Menschen ist ein gutes Zeichen, dass er noch wilde Verhal­tens­weisen in sich trägt. Umso eher wird er bereit für seine Rück­kehr in die Wildnis sein.

Wissens­durst ist eine gute Voraussetzung

Wir machen uns keine Sorgen um Klaus. Sein Wissens­durst und die Bereit­schaft, neue Dinge auszu­pro­bieren sind die besten Voraus­set­zungen für eine gesunde Entwick­lung und eine artge­rechte Zukunft im Regen­wald. Alles Gute, Klaus!

Unsere Orang-Utan-Kinder lernen jeden Tag dazu. Unter­stützen Sie diese Orang-Utan-Babys auf dem Weg in die Freiheit.