25. Januar 2022

Super­mutter Sayang im Einsatz

Orang-Utan-Mütter sind, wir können es nicht anders sagen, echte Super­mütter im Tier­reich. Sie hüten ihren Nach­wuchs wie einen unbe­zahl­baren Schatz. Und das ist er ja auch. Sowieso. Aber insbe­son­dere deshalb, weil Orang-Utans nur alle sechs bis acht Jahre ein Baby bekommen. So eine nied­rige Repro­duk­ti­ons­rate hat kein anderes Säuge­tier. Und das ist auch einer der Gründe, warum Orang-Utans vom Aussterben bedroht sind. Denn jedes getö­tete oder der Wildnis entris­sene Tier, wirkt sich direkt auf zukünf­tige Gene­ra­tionen aus. 

Super­mütter sind sie auch deshalb, weil sie sich sieben bis acht Jahre lang ganz allein um ihren Nach­wuchs kümmern – bis das Kind bereit ist, selbst­ständig zu leben. Die halb­so­li­täre Natur der Orang-Utans bedeutet, dass eine Orang-Utan-Mutter nicht auf die Unter­stüt­zung anderer Tiere in einer Gruppe zählen kann. Sie kann nicht auf Väter, Tanten, Onkel oder Nichten zurück­greifen, die sich auch mal um die Erzie­hung kümmern. Nur in seltenen Fällen leistet ihr ein fast schon selbst­stän­diges Kind zumin­dest zeit­weise Gesell­schaft und Unterstützung.

In den ersten Lebens­jahren ist ein Orang-Utan-Kind sehr stark von seiner Mutter abhängig. So ist das Leben einer Orang-Utan-Mutter, die einen Säug­ling aufzieht, nicht einfach: Sie muss mehr Nahrung als üblich suchen, um ihr Kind zu stillen, während es sich die ganze Zeit an ihren Körper klam­mert. Orang-Utan-Mütter müssen also wirk­lich starke Super­mütter sein, um ihren Nach­wuchs in der Wildnis aufzuziehen!

Gemeinsame Futtersuche hoch in den Bäumen
Gemein­same Futter­suche hoch in den Bäumen

Auch unsere Post-Release-Moni­to­ring-Teams (PRM) sind immer wieder beein­druckt, wenn sie in unseren Auswil­de­rungs­wäl­dern auf eine Mutter mit Kind treffen. So auch neulich im Kehje Sewen-Wald in der Nähe des Camps Lesik. 

An diesem Tag hatte unser Team das Glück, Sayang (12) und ihre Tochter Padma (3) früh­mor­gens in der Nähe des Camps anzu­treffen. Sayang wurde 2009 auf der Voraus­wil­de­rungs­insel Kaja Island geboren und 2013 gemeinsam mit ihrer Mutter Yayang ausgewildert.

Sayang hält Padma fest
Bei Mama Sayang ist Padma sicher

Während der Beob­ach­tungen blieb Padma meist in den Armen ihrer Mutter und schenkte unserem Team nur gele­gent­lich Aufmerk­sam­keit. Es schien, dass sie sich durch unserer Anwe­sen­heit etwas gestört fühlte, denn sie fing an, Stöcke zu zerbre­chen und diese nach dem Team zu werfen. Für Orang-Utans ein eindeu­tiges Zeichen von Unmut. Sayang hingegen war die Ruhe selbst. Sie sah dem Treiben ohne jede Reak­tion zu. Viel­leicht wurden wir Zeugen einer Lehr­stunde: Padma durfte an uns üben, wie sich ein Orang-Utan vor Bedro­hungen schützt. Gut gemacht, kleine Padma, dein Selbst­be­wusst­sein erwacht. 

Padma fühlt sich gestört durch unser Beobachtungsteam
Padma fühlt sich gestört durch unser Beobachtungsteam

Bei der Beob­ach­tung junger Orang-Utans im Regen­wald vergeht die Zeit schon mal wie im Flug. Die Sonne stand schon hoch am Himmel, als Sayang mit Padma auf dem Rücken von den Bäumen unweit des Lagers herun­ter­klet­terte und zum Ufer des Pehpan-Flusses hinab­stieg. Das Team folgte ihnen durch das dichte Gebüsch und wurde dann Zeuge, wie Sayang ihre Tochter über den Fluss trug.
Das hatte die Kolleg:innen durchaus über­rascht. Denn Orang-Utans können nicht schwimmen und haben durchaus Respekt vor tiefem oder reißendem Wasser. Und der Pehpan-Fluss hat eine sehr schnelle, durchaus starke Strömung.
Doch Sayang trug ihre Tochter mutig durch das Wasser. Sie plat­zierte Padma sicher auf ihrem oberen Rücken, damit sie auch auf jeden Fall vor dem Wasser sicher war. Ruhig und geschickt machte sich Sayang mit ihrer wert­vollen Fracht auf den Weg. Wir hielten den Atem an. 

Wow! Supermutter Sayang trägt Padma sicher durch den reißenden Fluss
Wow! Super­mutter Sayang trägt Padma sicher durch den reißenden Fluss

Doch alle Sorge war unnötig. Mutter und Tochter kamen wohl­be­halten am anderen Ufer an.
Auch das Team querte den Fluss, um die Beob­ach­tungen fortzusetzen. 

Auf Mamas Rücken reist es sich gut durch den wilden Wald
Auf Mamas Rücken reist es sich gut durch den wilden Wald

Wenn wir Sayang beob­achten, dann sehen wir ohne Frage, wie gren­zenlos groß ihre Liebe zu ihrer Tochter Padma ist. Es steht voll­kommen außer Frage: Sie würde sich selbst in Gefahr begeben, nur um ihr Kind vor jeder Bedro­hung zu schützen! Hoch­ach­tung, Sayang, du bist eine wunder­volle Orang-Utan-Supermutter!

Jede Spende hilft. Den Orang-Utans und dem Regenwald.