Zwölf Jahre haben wir Ben auf sein selbstständiges Leben im Dschungel vorbereitet. Wir haben ihn alles gelehrt, was ein wilder Orang-Utan können und wissen muss und ihm im November 2022 die Freiheit im Nationalpark Bukit Baka Bukit Raya (Zentral-Kalimantan) geschenkt. Ben war der 500. rehabilitierte Orang-Utan, den BOS seit 2012 ausgewildert hat. Jetzt, nach fast sechs Monaten im Regenwald, können wir berichten, wie es dem jungen Orang-Utan-Mann inzwischen geht.
Früh morgens um fünf Uhr brachen Andri und Yardi – zwei Mitglieder unseres Beobachtungsteams im Nationalpark Bukit Baka Bukit Raya – zu einer ihrer Patrouillen auf. Auf dem Weg zum Rangkong-Fluss kreuzte der zwölfjährigen Ben ihren Weg, der seit fast sechs Monaten den geschützten Regenwald erkundet.
Wie gut wir unsere Schützlinge auf die große Freiheit vorbereitet haben, zeigt sich letztendlich erst, wenn sie auf sich allein gestellt im Dschungel zurechtkommen müssen. Um sicher zu gehen, dass es allen ausgewilderten Tieren gut geht – und im Notfall auch eingreifen zu können – durchstreifen unsere Beobachtungsteams die Auswilderungswälder. Dabei sammeln sie nicht nur Daten von den neuen Wilden, sondern auch von der Phänologie der Pflanzen und Begegnungen mit anderen Arten.
Wie Nadeln im Heuhaufen
Einen unserer Orang-Utans im über 180.000 Hektar großen Auswilderungsgebiet des Nationalparks zu treffen, hat mit Erfahrung, aber auch mit Glück zu tun. Die Tiere bekommen von uns zwar einen Sender implantiert, doch der schickt seine Signale maximal 300 Meter weit. Und Orang-Utans sind nicht nur sehr gut darin, sich im dichten Blätterdach unsichtbar zu machen, sondern haben die menschlichen Besucher meist schon viel früher ausgespäht. Gute Indikatoren für unsere Beobachtungsteams, dass sich Orang-Utans in der Nähe aufhalten, sind vor allem frische Schlafnester in den Bäumen und Speisereste auf dem Boden.
So war es auch bei Ben, den Andri und Yardi nicht weit von seinem in der Nacht zuvor gebauten Nest entdeckten. Die beiden machten sich direkt daran, Ben zu beobachten und seine Verhaltensdaten aufzuzeichnen. Der ruhte sich auf den Ästen eines Kapokbaumes (Ceiba pentandra) aus und naschte dabei dessen Blätter. Die Menschen hatte er natürlich längst entdeckt und stieß einige Male ein missbilligendes Grunzen aus.
Die beiden Beobachter konnten erfreut feststellen, dass sich Ben über den ganzen Tag auf der Suche nach Nahrung aktiv durch die Bäume bewegte und eine Menge unterschiedlicher Waldfrüchte, Blätter und Rinden fraß. Auch die Barriere des Rangkong-Flusses meisterte er, indem er ihn über die Äste überquerte. Ehe der Regen einsetzte, baute Ben ein bequemes und stabiles Nest in der Spitze eines Ficus-Baumes, wo er sich für die Nacht einrichtete. Das war das Zeichen für unser Team, ihr Tagwerk zu beenden und sich selbst auf den Rückweg zu machen, ehe die Nacht einsetzte.
Ben hat sich gut eingelebt
Bens Body Condition Score (BCS) – eine Maßeinheit, die den Ernährungszustand bei Tieren bewertet – zeigt, dass er bei guter Gesundheit ist. Seine Erkundung des Waldes und seine Aktivität bei der Nahrungssuche deuten eindeutig darauf hin, dass Ben sich seit seiner Auswilderung gut an seine neue Umgebung angepasst hat.
Ben ist der 189. neue Wilde im Nationalpark Bukit Baka Bukit Raya, 190 Orang-Utans fanden die Freiheit im Schutzwald Bukit Batikap, 121 im Auswilderungswald Kehje Sewen. Wir sind zuversichtlich, dass Ben seinen Teil dazu beitragen wird, eine neue, wilde Orang-Utan-Population in den Wäldern von Borneo zu schaffen.
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