Anfang des Jahres brachte Lesan ihr zweites Baby in unserem Auswilderungswald Kehje Sewen zur Welt. Inzwischen konnten wir feststellen, dass es ein kleiner Junge ist, dem sie das Leben geschenkt hat. Die beste Nachricht, die unser Beobachtungsteam jetzt vermelden konnte: Mutter und Baby geht sehr gut. Doch wie kommt die große Tochter Ayu mit der neuen Familiensituation klar?
Die 19-jährige Lesan gehörte zur allerersten Gruppe rehabilitierter Orang-Utans, die wir im April 2012 in Kehje Sewen ausgewildert haben. 2016 wurde ihre Tochter Ayu geboren – das zweite wildgeborene Baby.
Lesan ist also eine sehr erfahrene Mutter, die mit wachsamen Augen ihr Baby umsorgt. Unser Beobachtungsteam berichtet, dass sie den Säugling mit Zuneigung überschüttet.
Die Rolle der Orang-Utan-Mütter
Orang-Utan-Babys bleiben sechs bis acht Jahre lang an der Seite ihrer Mutter. In dieser Zeit lernen sie von ihren Müttern, wie sie natürliche Nahrung erkennen, Nester bauen, sich in den Bäumen bewegen und Raubtieren im Wald ausweichen. Die Beherrschung dieser Fähigkeiten ist von entscheidender Bedeutung, denn erwachsene Orang-Utans leben meist allein und müssen sich in der Wildnis selbst versorgen. Daher ist die Rolle der Orang-Utan-Mütter von entscheidender Bedeutung für das Wachstum und Überleben der Art.
Lesans große Tochter Ayu kann immer noch dabei beobachtet werden, wie sie sich Lesan nähert und Körperkontakt aufnimmt. Da die sich jedoch um ein neues Kind kümmern muss, versucht Lesan Abstand zu halten. Ayu ist sichtlich verärgert, wenn dies geschieht – vielleicht ist sie auch ein wenig eifersüchtig auf ihr neues Geschwisterchen. Obwohl sie mit ihren sieben Jahren schon auf dem Weg in die Selbstständigkeit ist, scheint Ayu dafür noch nicht so ganz bereit zu sein.
Wahrscheinlich wäre sie immer noch komplett an der Seite ihrer Mutter, wenn es nicht das neue Baby gäbe. So richtig glücklich ist sie also wohl nicht über die neue Familienkonstellation. Aber Lesan wird auch das hoffentlich großartig meistern und Ayu in ihrer neuen Rolle viel lernen und an sich wachsen. Schließlich gibt es keine größere Liebe als die Liebe zur Familie.