Schon gewusst: Wie Schmet­ter­linge Orang-Utans helfen

Schon gewusst: Wie Schmet­ter­linge Orang-Utans helfen

In Indo­ne­sien gibt es über 2000 Schmet­ter­lings­arten – mehr als in den meisten anderen Ländern der Welt. Sie haben wich­tige Aufgaben für die Biodi­ver­sität und damit auch für den Lebens­raum der Orang-Utans.

Indo­ne­sien gehört zu jenen 17 Ländern auf dieser Welt, die als mega­di­vers gelten. Das heißt: In diesen 17 Ländern lebt die Mehr­zahl aller Spezies, die es auf der Erde gibt. In Indo­ne­sien allein leben über 2.000 Schmet­ter­lings­arten, von denen viele ende­misch sind, also nur dort vorkommen. Viele dieser Arten exis­tieren sogar nur auf einer oder einigen wenigen der indo­ne­si­schen Inseln.

Das ist schon beein­dru­ckend genug. Aber auch die Spezies selbst ist faszi­nie­rend. Schmet­ter­linge durch­laufen in ihrem Leben verschie­dene Stadien, während derer sie ihr Erschei­nungs­bild völlig verän­dern. Am bekann­testen ist natür­lich das Aussehen der erwach­senen Exem­plare aufgrund ihrer bunten Flügel und zerbrech­li­chen Schönheit.

In diesem Stadium sind Schmet­ter­linge bereit, Eier zu legen und sich fort­zu­pflanzen. Außerdem benö­tigen Schmet­ter­linge in dieser Lebens­phase Blüten­nektar und ‑pollen als Nahrung. Ähnlich wie Bienen fliegen sie von einer Blüte zur nächsten und tragen dadurch maßgeb­lich zur Bestäu­bung und letzt­lich auch Verbrei­tung der Pflanzen bei.

Darum sind Schmet­ter­linge für den Erhalt des Lebens­raumes der Orang-Utans enorm wichtig

Orang-Utans leben in Wäldern, verbringen die meiste Zeit ihres Lebens auf Bäumen und ernähren sich von Pflanzen. Dass diese Pflanzen bestäubt werden, ist daher über­le­bens­wichtig für sie.

Tatsäch­lich ist sogar die Anzahl der Schmet­ter­linge und die Viel­falt der Schmet­ter­lings­arten in einem bestimmten Wald­ge­biet entschei­dend. Und die hängt wiederum vom Zustand des Waldes ab: Wie gesund er ist, wie biodi­vers, welche Pflanzen darin wachsen. Denn viele Schmet­ter­lings­arten legen ihre Eier nur auf ganz bestimmten Pflanzen ab.

Fehlen diese Pflanzen in einem Wald – etwa durch Rodung, Umwand­lung in Mono­kul­turen oder Luft­ver­schmut­zung – so verschwinden auch diese Schmet­ter­lings­arten. Ein weiterer Grund ist die Jagd auf Schmet­ter­linge, die aufgrund ihrer Schön­heit begehrte Trophäen und Ausstel­lungs­stücke sind.

Indem Sie uns dabei unter­stützen, den Lebens­raum der Orang-Utans zu schützen, helfen Sie zugleich, die Arten­viel­falt der Schmet­ter­linge auf Borneo zu erhalten. Wir danken Ihnen für Ihre Spende – jeder Betrag hilft!

Aufre­gender Zwei­kampf: Echse gegen Python

Aufre­gender Zwei­kampf: Echse gegen Python

Faris Fathu­rohman, ein Ranger unseres Post-Release-Moni­to­ring-Teams, hat in unserem Auswil­de­rungs­wald Kehje Sewen eine außer­ge­wöhn­liche Begeg­nung beob­achtet: Vor seinen Augen trafen ein großer Binden­waran und eine armdicke Python aufein­ander. Hier erzählt er uns vom Kampf der beiden auf Leben und Tod.

An einem Nach­mittag saß ich auf einem umge­stürzten Baum­stamm am Fluss, unweit unseres Basis­la­gers Nles Mamse und hielt nach Tieren Ausschau, die ich foto­gra­fieren könnte. Ich sah einige Affen in den Bäumen über mir spielen und bunte Vögel, die zwischen den Büschen umherschwirrten.

Der Kehje Sewen Wald ist voller Leben – eine Wunder­tüte der Artenvielfalt

Hier, in unserem geschützten Auswil­de­rungs­wald, konnte ich schon viele unver­gess­liche Tier­be­ob­ach­tungen machen, die mir immer wieder vor Augen führen, dass wir nicht nur den Orang-Utan, sondern mit ihm noch so viele andere Arten schützen. Diese Beob­ach­tung war auf jeden Fall eine der aufregendsten!

Ich hörte plötz­lich ein kräch­zendes Geräusch hinter mir und drehte mich herum, um die Ursache dafür zu entde­cken. Vorsichtig stand ich auf und bewegte mich auf die Stelle zu, aus der das Geräusch kam. Was ich sah, ließ mir fast den Atem stocken – und mein Foto­gra­fen­herz natür­lich höher schlagen.

Ein großer Binden­waran und eine armdicke Python rangen miteinander

Die Netz­py­thon (Reti­cu­latus phython) schlän­gelte und wand sich mit aller Kraft und unglaub­li­cher Beweg­lich­keit, um dem Griff der gefähr­li­chen Echse (Varanus salvator) zu entkommen. Diese wiederum versuchte, die Schlange in den Kopf zu beißen, denn nur so würde sie den Kampf für sich gewinnen können.

Für einen kurzen Moment hielten beide inne. Viel­leicht hatten sie einen Zweig unter meinen Füßen knacken gehört?
Doch dann ging der Kampf unver­mit­telt weiter, mit noch größerer Kraft­an­stren­gung. Pythons sind bekann­ter­maßen Würge­schlangen und dieses gewal­tige Exem­plar versuchte, sich um den Hals des Warans zu schlän­geln, um ihn zu würgen und sich so zu befreien.
Der Binden­waran schüt­telte wie wild seinen Kopf, um die Schlange davon abzu­halten und versuchte gleich­zeitig, sie mit seinen scharfen Zähnen zu erwischen.

Schnell nahm ich meine Kamera und machte einige Foto von den beiden. Dadurch wurden sie jedoch auf mich aufmerksam und unter­bra­chen schlag­artig ihren Kampf. Menschen stellen eine zu große Gefahr dar, und so ließen die beiden Repti­lien vonein­ander ab und verschwanden blitz­artig im Unterholz.

Bindenwaran im Unterholz
Ein letzter Blick auf den Waran, der sich ins Unter­holz flüchtet

Viel­leicht haben sie ihren Kampf in einiger Entfer­nung fort­ge­setzt? Ich konnte es nicht heraus­finden. Und so werden wir leider nie erfahren, wer als der ulti­ma­tive Cham­pion aus diesem Kampf der Regen­wald­be­wohner hervor­ge­gangen wäre: der Binden­waran oder die Netz­py­thon.
Eines jedoch ist mir durch diese Beob­ach­tung wieder einmal klar geworden: Im Dschungel über­lebt tatsäch­lich nur der Stärkste.

Helfen auch Sie, diesen faszi­nie­renden Lebens­raum und seine gewal­tige Arten­viel­falt zu erhalten und zu schützen. Jeder Beitrag hilft.

Indo­ne­sien — ungezähmt

In Indo­ne­sien haben sich einige Tiere aufgrund ihres isolierten Insel­da­seins manchmal kleiner, manchmal auch größer als ihre Artge­nossen auf dem Fest­land entwi­ckelt. Der Drei­horn­käfer etwa ist mit seinen zehn Zenti­me­tern ein wahres Riesen­in­sekt. Und er ist einer der stärksten Krea­turen der Erde — gemessen an seinem Körpergewicht.

Mit ihren beein­dru­ckenden Hörnern fechten die Männ­chen Rang­kämpfe aus, ein Kampf der Giganten. Palmen­diebe sind mit 40 Zenti­me­tern Körper­länge die größten an Land lebenden Krebs­tiere. Für ihre Lieb­lings­nah­rung klet­tern sie geschickt auf Palmen, die „geern­teten“ Kokos­nüsse knacken sie mit ihren starken Scheren. Indo­ne­sien ist der größte Insel­staat der Welt. Die über 17 000 Inseln liegen in einem weiten Bogen zwischen Pazifik und Indi­schem Ozean entlang des Äqua­tors. In seinen tropi­schen Gewäs­sern und unbe­rührten Regen­wäl­dern haben sich faszi­nie­rende Lebens­ge­mein­schaften gebildet. Tiere und Pflanzen sind teils mit asia­ti­schen, teils mit austra­li­schen Arten verwandt, da noch vor 10 000 Jahren aufgrund eines nied­ri­geren Wasser­spie­gels die Inseln zum Fest­land gehörten.

„Natur­ba­sierte Lösungen” als Green­wa­shing 2.0

„Natur­ba­sierte Lösungen” als Green­wa­shing 2.0

Unab­hängig der pein­li­chen Verhand­lungs­er­geb­nissen der „Staa­ten­ge­mein­schaft“ in Glasgow, findet in deren Schatten ein weiterer Skandal statt. In diesem Falle im grünen Mantel. 

Große Klima- und Land­ver­schmutzer wie Shell und Nestlé hausieren aktuell mit einer relativ neuen Betrugs­ma­sche – den soge­nannten „Nature-based Solu­tions“ (NbS): Sie kommu­ni­zieren öffent­lich­keits­wirksam, dass sie ihre Treib­haus­gas­emis­sionen auf null senken und gleich­zeitig weiterhin fossile Brenn­stoffe verbrennen, mehr vom Planeten abbauen und die indus­tri­elle Fleisch- und Milch­pro­duk­tion stei­gern. Sie nennen dies die Redu­zie­rung der Emis­sionen auf „Netto-Null“. Das Pflanzen von Bäumen, der Schutz von Wäldern und die Opti­mie­rung der indus­tri­ellen Anbau­me­thoden, so behaupten sie, wird genug zusätz­li­chen Kohlen­stoff in Pflanzen und im Boden spei­chern, um die Treib­haus­gas­emis­sionen auszu­glei­chen, die sie in die Atmo­sphäre pumpen.

Klima­schutz als bein­hartes Geschäftsmodell

Was Konzerne und große Natur­schutz­un­ter­nehmen „natur­ba­sierte Lösungen“ nennen, ist eine gefähr­liche Ablen­kung. Ihre Marke­ting­kon­zepte sind geschmückt mit unbe­wie­senen Daten und der steilen Behaup­tung, dass bis 2030 37 Prozent der CO2-Einspa­rungen realis­tisch seien. Immer mehr Unter­nehmen, von Total über Micro­soft bis Unilever, machen „natur­ba­sierte Lösungen“ zum Kern ihrer Klima­ak­ti­ons­pläne, während die Natur­schutz­in­dus­trie auf die Finan­zie­rung von „natur­ba­sierten Lösungen“ von Unter­nehmen zurück­greift, um im grünen Markt zu domi­nieren. Denn auch dieser ist ein bein­hartes Geschäft voller Partei- bzw. Industrielobbyinteressen. 

Degradierter Torfmoorregenwald in Mawas
Zerstörter Torf­moor­re­gen­wald in Mawas

Aus Sicht der Natur­schutz­in­dus­trie ist die Idee einfach: Unter­nehmen bezahlen sie dafür, Wälder zu umschließen oder Bäume auf Land zu pflanzen, von dem sie behaupten, dass es „degra­diert“ sei und dass bei einer Wieder­her­stel­lung mehr Kohlen­stoff absor­biert werden könnte.
Im Gegenzug behaupten die Konzerne, dass die Klima­schäden durch ihre anhal­tenden Treib­haus­gas­emis­sionen ausge­gli­chen werden. Oft wird ein Doku­ment, das als Carbon Credit (CO2-Zerti­fikat) bezeichnet wird, verwendet, um diese Aufrech­nungs­for­de­rung zu vermarkten.

Natur­ba­sierte Lösungen oder natur­ba­sierte Enteignungen

Wenn Konzerne und große Natur­schutz­or­ga­ni­sa­tionen von „Natur“ spre­chen, meinen sie meist geschlos­sene Räume ohne Menschen. Gemeint sind Schutz­ge­biete, Baum­plan­tagen und große Mono­kul­tur­be­triebe. Ihre „Natur“ ist unver­einbar mit der Natur, die als Terri­to­rium verstanden wird, als Lebens­raum, der untrennbar mit den Kulturen, Ernäh­rungs­sys­temen und Lebens­grund­lagen der Gemein­schaften verbunden ist, die sich um sie kümmern und sich als intrin­si­sche Teile davon verstehen. 

Ölpalmplantagen wo einst Regenwald stand
Mono­kultur Ölpalmplantage

„Natur­ba­sierte Lösungen“ sind also keine Lösung, sondern ein Betrug. Die vermeint­li­chen Lösungen werden zu „natur­ba­sierten Enteig­nungen“ führen, weil sie die verblei­benden Lebens­räume von indi­genen Völkern, Bauern und anderen wald­ab­hän­gigen Gemein­schaften einschließen und „die Natur“ zu einem Dienst­leister zwecks Ausglei­ches der Umwelt­ver­schmut­zungen durch Konzerne und zum Schutz von Gewinnen redu­zieren werden. Der Unter­nehmen, die am meisten für das Klima­chaos verant­wort­lich sind. Indi­gene Völker, Bauern und andere wald­ab­hän­gige Gemein­schaften, deren Terri­to­rien einge­schlossen werden, werden mit mehr Gewalt, mehr Einschrän­kungen bei der Nutzung ihres Landes und mehr Kontrolle über ihr Terri­to­rium konfron­tiert sein.

Neues Gewand für alte Taktik

„Natur­ba­sierte Lösungen“ sind eine Wieder­ho­lung der geschei­terten REDD+-Baumpflanzungs- und Wald­schutz­pro­gramme, die dieselben Natur­schutz­gruppen seit 15 Jahren fördern. REDD+ hat nichts getan, um die globalen Treib­haus­gas­emis­sionen zu redu­zieren oder die großen Lebens­mittel- und Agrar­un­ter­nehmen zu beherr­schen, die die Entwal­dung voran­treiben. Sein blei­bendes Vermächtnis ist jedoch der Verlust von Land und Wäldern für bäuer­liche und wald­ba­sierte Gemein­schaften und starke Einschrän­kungen bei der Nutzung ihres Landes. REDD+ hat auch eine Branche von „Nach­hal­tig­keits- und Sicher­heits­be­ra­tern“ und Projekt­be­für­wor­tern hervor­ge­bracht, die davon profi­tieren, REDD+-Projekte als „nach­haltig“ zu dekla­rieren, trotz der Verlet­zungen von Rechten, die solche Projekte verur­sa­chen. Die Befür­worter „natur­ba­sierter Lösungen“ wenden nun die gleiche Taktik von Zerti­fi­zie­rungs­sys­temen und Schutz­maß­nahmen an, um Kritik abzu­wehren und die Über­nahme von Gemein­schafts­land und ‑wäldern durch die Unter­nehmen zu verschleiern.

Woher soll all das Land kommen?

Die Unter­nehmen mit „natur­ba­sierten Lösungen“ in ihren Klima­schutz­plänen wollen ihre Produk­tion stark umwelt­be­las­tender Produkte stei­gern. In der fehler­haften Logik der „natur­ba­sierten Lösungen“ von Unter­nehmen bedeutet mehr Umwelt­ver­schmut­zung, dass Unter­nehmen mehr Land als ihre Kohlen­stoff­spei­cher bean­spru­chen müssen; es wird mehr Enteig­nungen und weitere Beschrän­kungen der bäuer­li­chen Land­wirt­schaft und der gemein­schaft­li­chen Nutzung ihrer Terri­to­rien bedeuten. Es wird auch eine noch stär­kere Kontrolle der Unter­nehmen über Land und Wälder bedeuten.

Die Opfer der Zerstörung: Orang-Utans, die ihre Heimat verloren haben
Die Opfer der Zerstö­rung: Orang-Utans, die ihre Heimat verloren haben

Der italie­ni­sche Ener­gie­kon­zern Eni zum Beispiel will bis 2050 noch 90 Prozent seiner Energie aus fossilen Brenn­stoffen gewinnen. Um diese Emis­sionen auszu­glei­chen, muss er das gesamte Poten­zial aller Wälder in Italien bean­spru­chen, um Kohlen­stoff zu absor­bieren – acht Millionen Hektar für Enis „Netto-Null“-Anspruch!

Laut Oxfam könnten allein die Netto-Null-Ziele von nur vier der großen Öl- und Gaskon­zerne (Shell, BP, Total und Eni) eine Land­fläche benö­tigen, die doppelt so groß ist wie die Groß­bri­tan­niens. Das sind nur einige der großen Ener­gie­kon­zerne. Der „Netto-Null“-Plan des welt­größten Lebens­mit­tel­kon­zerns Nestlé könnte 4,4 Millionen Hektar Land pro Jahr für den Ausgleich benö­tigen. Und auch die Pläne von Big-Tech-Firmen wie Micro­soft und Amazon basieren auf der Anrech­nung ähnlich großer Flächen.

Mehr Klima­chaos und Biodiversitätsverlust

Konzerne und die großen Natur­schutz-NGOs bieten diese „grünen“ Unter­neh­mens­lö­sungen nicht nur in den Klima­ge­sprä­chen an; sie drängen die Idee auch in Regie­rungs­sit­zungen der UN-Konven­tion über die biolo­gi­sche Viel­falt (Conven­tion on Biolo­gical Diver­sity). Im Zusam­men­hang mit dem UN-Food Systems Summit im September 2021 wird „nature-posi­tive produc­tion“ als ähnli­ches Konzept wie NbS genutzt – um die Land­wirt­schaft weiter zu indus­tria­li­sieren und die Kontrolle der Unter­nehmen auszu­bauen. Wenn diese Versuche erfolg­reich sind, kommt es zu mehr Klima­chaos und einem noch schnel­leren Verlust an Biodi­ver­sität, während Konzerne weiterhin von der Zerstö­rung und Verbren­nung fossilen Kohlen­stoffs profitieren.

Regie­rungen müssen wissen, dass es eine wach­sende Bewe­gung von Gemein­schaften, Orga­ni­sa­tionen und Akti­visten an vorderster Front für Klima­ge­rech­tig­keit gibt.

Ich plädiere dafür, „natur­ba­sierte Lösungen“ und alle Ausgleichs­pro­gramme neu zu über­denken. In ihrer jetzigen Form sind sie nicht darauf ausge­legt, der Klima­krise zu begegnen. Ihre Haupt­funk­tion besteht darin, ein oder zwei Jahr­zehnte unge­zü­gelter Unter­neh­mens­ge­winne aus der Ausbeu­tung von fossilem Kohlen­stoff und der indus­tri­ellen Land­wirt­schaft zu erkaufen und gleich­zeitig die Kontrolle über die Gebiete der Gemein­schaft von außen zu erhöhen. 

Klima­neu­tra­lität bedeutet kaum mehr als Papier­ein­spa­rungen, erreicht durch krea­tive Buch­füh­rung und nicht über­prüf­bare Behaup­tungen, hypo­the­ti­sche Emis­sionen verhin­dert zu haben. Die Zeit für solche Ablen­kungen ist abge­laufen. Nur ein rascher und termi­nierter Plan, die verblei­benden Kohle‑, Öl- und Gasre­serven im Boden zu belassen und die indus­tri­elle Land­wirt­schaft ökolo­gisch zu refor­mieren, wird ein kata­stro­phales Klima­chaos verhindern.

Nachhaltige Lösungen gehen nur mit den lokalen Gemeinden
Nach­hal­tige Lösungen gehen nur mit den lokalen Gemeinden

Grass­roots-Gemein­schaften an vorderster Front, die gegen die Förde­rung fossiler Brenn­stoffe, Pipe­lines, Minen, Plan­tagen und andere Projekte der Rohstoff­in­dus­trie sind, weisen den Weg. Der Wider­stand gegen „natur­ba­sierte Lösungen“ und der gemein­schaft­liche Wider­stand gegen die Zerstö­rung unter­ir­di­scher Kohlen­stoff­vor­kommen, den Bergbau und die Agrar­in­dus­trie durch Konzerne müssen als Teil desselben Kampfes verstanden werden.

Grass­roots-Gemein­schaften stehen auch an vorderster Front bei den Kämpfen um Ernäh­rungs­sou­ve­rä­nität und Agrar­öko­logie, die notwendig sind, um die viel­fäl­tige Krise des Planeten zu lösen.  Wir erkennen und unter­stützen die Kämpfe, die von Basis­ge­mein­schaften um die Kontrolle über die Gebiete geführt werden, von denen sie heute und in Zukunft abhängen.

 

In Mawas repa­rieren wir zerstörte Torf­moore, forsten auf und unter­stützen die lokalen Gemeinden durch neue, sichere und nach­hal­tige Einnah­me­mög­lich­keiten. Sie können helfen!

Die biolo­gi­sche Viel­falt bis spätes­tens 2030 auf dem Weg der Erho­lung? 15. Arten­schutz­kon­fe­renz in Kunming

Erstaun­li­cher­weise ist die dies­jäh­rige Arten­schutz­kon­fe­renz zumin­dest in den deut­schen Medien unter­gangen. Offen­sicht­lich sind Koali­ti­ons­spe­ku­la­tionen von größerem Inter­esse als die Zukunft der welt­weiten Biodi­ver­sität. Als hätte Covid-19 als Warn­schuss nicht stattgefunden. 

Gleich­zeitig fühlten sich viele Dele­gierte der sog. Entwick­lungs­länder vernach­läs­sigt und konnten während des zwei­tä­gigen hoch­ran­gigen Diskurses nicht recht­zeitig spre­chen, wiederum aufgrund tech­ni­scher Probleme. Dies war eine weitere Erin­ne­rung an die unaus­ge­wo­genen Ergeb­nisse der globalen Entwicklung.

Die Verhand­lungs­führer haben nun nur noch sieben Monate bis zum zweiten und letzten Teil des Tref­fens Zeit, und es mangelt nicht an Meinungs­ver­schie­den­heiten, insbe­son­dere in Bezug auf Finan­zie­rung und Umset­zung. In der in der vergan­genen Woche veröf­fent­lichten Kunming-Erklä­rung fassten die Unter­zeichner ihre Absicht zusammen, “dass die biolo­gi­sche Viel­falt bis spätes­tens 2030 auf den Weg der Erho­lung gebracht wird”. Es bleibt jedoch unklar, ob sie dazu in der Lage sein werden.

 

Schwie­rige Themen

Ziel der ersten Sitzung des Tref­fens war es, neue poli­ti­sche Ambi­tionen zu schaffen, anstatt in echte Verhand­lungen einzu­steigen. Die Dele­gierten bekräf­tigten daher ihre bestehenden Positionen.

Die Idee, bis 2030 30 Prozent des Landes und der Meere der Erde unter Schutz zu stellen – bekannt als das „30×30× Ziel“ wurde während der ersten Sitzung häufig erwähnt: Mehr aber noch nicht.

Eine Bewer­tung von IPBES (Inter­go­vern­mental Science-Policy Plat­form on Biodi­ver­sity and Ecosystem Services) aus dem Jahr 2019 ergab, dass nur 15 Prozent der globalen Land- und Süßwas­ser­flä­chen und 7 Prozent der Meeres­ge­biete geschützt sind. Obwohl einige Parteien das 30-Prozent-Ziel ange­sichts der aktu­ellen Fort­schritte für zu radikal halten, tauchte die auffäl­lige Zahl immer noch im Entwurf der Rahmen­ver­hand­lungen auf — eine seltene Demons­tra­tion von Ehrgeiz. Aller­dings sind sich nicht alle einig, was diese 30 Prozent bedeuten sollen.

  1. 30 Prozent von was genau? Von der gesamten Ober­fläche der Welt? Oder müssen es sowohl 30 Prozent des Landes als auch 30 Prozent des Ozeans sein? Oder würde jedes Land 30 Prozent seines Terri­to­riums schützen? Der Entwurf in seiner jetzigen Form ist schlichtweg unklar. Beson­ders umstritten ist die Idee, 30 Prozent des Ozeans zu schützen, was andere multi­la­te­rale Prozesse in die Länge ziehen würde. Wenn Fragen rund um Schutz­ge­biete auf hoher See nicht im Rahmen des Seerechts­über­ein­kom­mens der Vereinten Nationen (UNCLOS) gelöst werden können, wäre das Ziel nicht möglich.

 

  1. Was für 30 Prozent? Einige Länder befürchten, dass eine Fokus­sie­rung auf Quan­tität über Qualität zum Schutz von Gebieten mit geringem Erhal­tungs­wert führen wird, nur um die Zahlen zu bilden. Doch wie sollten Quali­täts­ziele fest­ge­legt werden? Der Rahmen­ent­wurf sagt das nicht. Ein weiteres Problem ist, dass Reser­vate in der Vergan­gen­heit meist funk­tio­niert haben, indem sie mensch­liche Akti­vi­täten ausge­schlossen haben.

Das 30×30 Ziel würde die Auswei­tung von Schutz­ge­bieten vorsehen, und es gibt Bedenken, dass dies die Rechte indi­gener Völker und lokaler Gemein­schaften, die gerade in Regionen mit beson­derer biolo­gi­scher Viel­falt leben, beein­träch­tigen könnte. Einige NGOs sind daher ambi­va­lent oder sogar gegen das Ziel. 

 

Finan­zie­rung und Umsetzung

Der Rahmen­ent­wurf weist auf eine jähr­liche Finan­zie­rungs­lücke von 700 Milli­arden US-Dollar hin. Woher soll dieses Geld kommen? Alle reden gerne über den Ausbau der Finan­zie­rungs­quellen, die Nutzung nicht­staat­li­cher Akteure und insbe­son­dere des Privat­sek­tors, aber die sog Entwick­lungs­länder sind sich darüber im Klaren, dass sie mehr Geld von den Regie­rungen der Indus­trie­länder sehen wollen — da dies die zuver­läs­sigste Finan­zie­rungs­quelle ist.

Bei der Abschluss­ze­re­monie betonte die Afri­ka­ni­sche Gruppe erneut die Notwen­dig­keit eines spezi­ellen Biodi­ver­si­täts­fonds sowie die Bedeu­tung von Tech­no­lo­gie­transfer und Kapa­zi­täts­aufbau. Die Latein­ame­rika- und Kari­bik­gruppe warnte, dass zwei Jahre der Pandemie zu einem beispiel­losen Mangel an Mitteln geführt hätten, was die Erfül­lung von Verpflich­tungen schwierig mache. “Eine echte Verpflich­tung zur Bereit­stel­lung von Ressourcen ist eine der wich­tigsten Ände­rungen, die vorge­nommen werden müssen, wenn wir die aktu­elle Biodi­ver­si­täts­krise stoppen und umkehren wollen”, sagt die Gruppe.

Die EU und andere Indus­trie­länder hielten an ihrer bestehenden Haltung fest: Es müssen mehr private Mittel mobi­li­siert werden, und Hilfs­gelder dürfen nicht in schäd­liche Subven­tionen fließen. Im vergan­genen Jahr veröf­fent­lichten das Paulson Insti­tute und andere inter­na­tio­nale Orga­ni­sa­tionen einen Bericht über die Finan­zie­rung der biolo­gi­schen Viel­falt und stellten fest, dass die Umlei­tung von Agrar‑, Forst- und Fische­rei­sub­ven­tionen, die der Biodi­ver­sität schaden, fast 300 Milli­arden US-Dollar frei­setzten würden. Wir kennen diese Gegen­rech­nungen bereits von unserer klima­schäd­li­chen Subven­ti­ons­po­litik. Ein Thema, was in der Bundes­tags­wahl leider auch viel zu kurz kam und in den aktu­ellen Koali­ti­ons­ver­hand­lungen nicht statt­findet. Nun auch keine Verspre­chen in Kunming. Die NGOs werden es schon richten? 

Dagegen hat der fran­zö­si­sche Präsi­dent Emanuel Macron wiederum 30 Prozent der Klima­fi­nan­zie­rung des Landes für die biolo­gi­sche Viel­falt zuge­sagt, und Groß­bri­tan­nien versprach, dass ein großer Teil seiner zusätz­li­chen Klima­fi­nan­zie­rung für die biolo­gi­sche Viel­falt ausge­geben würde. Trotzdem bleibt dies eine Umver­tei­lung von Klima­schutz­mit­teln und kein Verspre­chen von neuem Geld.

 

Chinas wich­tige Rolle

Chinas Rolle als Gast­geber ist mit hohen Erwar­tungen verbunden. Auf einer Pres­se­kon­fe­renz zum Ende der ersten Phase der COP15 fragte ein deut­scher Reporter Huang Runqiu, Vorsit­zender der Konfe­renz und Chinas Umwelt­mi­nister, ob sich China zum 30×30 Ziel verpflichten wolle. Huang gab keine endgül­tige Antwort, deutete aber an, dass China als Gast­geber daran arbeiten werde, einen Konsens zu errei­chen und ehrgei­zige Ziele zu erreichen. 

Dies ist das erste Mal, dass einer der führenden Poli­tiker Chinas dies ausdrück­lich betont, und es ist ein äußerst wich­tiger Schritt im Kontext globaler Maßnahmen für die biolo­gi­sche Viel­falt. China hat auch die globale Biodi­ver­si­täts-Gover­nance außer­halb der Konfe­renz geför­dert, zum Beispiel in bila­te­ralen Part­ner­schaften. Während des hoch­ran­gigen Umwelt- und Klima­dia­logs zwischen China und der EU kamen beide Seiten überein, die welt­weite Entwal­dung zu redu­zieren, indem sie die Zusam­men­ar­beit bei der Erhal­tung und nach­hal­tigen Bewirt­schaf­tung von Wäldern, der Nach­hal­tig­keit der Liefer­kette und der Bekämp­fung des ille­galen Holz­ein­schlags und des damit verbun­denen Handels verstärken.

Das heißt analog zur inter­na­tio­nalen Klima­de­batte, wird auch der globale Biodi­ver­si­täts­schutz von China abhängig sein. Die inter­na­tio­nale Staa­ten­ge­mein­schaft ist sich dessen bewusst, während wir noch über mögliche Finanz­mi­nister diskutieren.