Anfang Januar hatten wir bereits von einer weiteren Baby-Rettung berichtet: Die kleine Jenny war fünf Monate lang illegal als Haustier gehalten worden, ehe sie befreit werden konnte. Nun erreichen uns weitere Details aus dieser Zeit, die das Orang-Utan-Mädchen nach dem Verlust ihrer Mutter in Gefangenschaft verbrachte.
Es ist immer eine bittersüße Nachricht, wenn wir ein Orang-Utan-Waisenkind in unserem Rettungszentrum aufnehmen. Einerseits sind wir froh, dass ein Tier gerettet werden konnte und nun eine zweite Chance erhält, irgendwann als wilder Orang-Utan im Regenwald von Borneo zu leben. Andererseits hat jedes mutterlose Baby traumatische Erfahrungen gemacht, wurde vielleicht sogar verletzt oder ist krank. So wie die kleine Jenny, die fünf Monate lang illegal als Haustier gehalten wurde.
Erst jetzt erreichen uns Einzelheiten davon, unter welchen Bedingungen Jenny gerettet werden konnte. Denn als Erste vor Ort war die indonesische Naturschutzbehörde BKSDA Kalimantan Timur, die die Kleine am Tag darauf in unser Rettungszentrum Samboja Lestari brachte.
Mitarbeiter der BKSDA Kalimantan Timur übergaben Jenny an unser Team in Samboja Lestari
Ein Dorfbewohner hatte das Baby nach eigenen Angaben mutterlos auf seiner Ölpalmenplantage gefunden. Er hielt es für einen Makaken und nahm es mit zu sich nach Hause, weil er das hilflose Tier nicht sich selbst und damit dem sicheren Tod überlassen wollte.
Lieber Tee statt Milch
Die Familie fütterte das Baby zunächst mit Milch. Doch weil diese sehr teuer ist, wechselten sie bald zu Tee. Daraus entwickelte die kleine Jenny eine Angewohnheit, die unser Team im Rettungszentrum ihr nur sehr schwer wieder abgewöhnen kann. Denn das Orang-Utan-Baby fordert seinen Tee sehr nachdrücklich ein. Und bekommt schlechte Laune, wenn wir ihm stattdessen ein Fläschchen Milch anbieten – die übliche Nahrung für Babys ihres Alters.
Auf ihr Milchfläschchen hat Jenny wenig Lust. Sie hätte lieber Tee. Eine Nachwirkung aus ihrer Zeit in Gefangenschaft
Jennys Diät während ihrer Zeit in der Menschenfamilie bestand außerdem aus Reis, Brot und gelegentlich Bananen. Bis auf das Obst sind auch dies keine Lebensmittel, die auf dem natürlichen Speiseplan von Orang-Utans stehen.
Glücklicherweise hat Jenny keine Schäden durch ihre Fehl- und Mangelernährung davongetragen. In den erfahrenen Händen unseres Teams wird sie nun aufgepäppelt und Stück für Stück auf geeignetes Futter wie frische Knospen und Blätter sowie Obst und vor allem Milch umgewöhnt.
Lernen, ein Orang-Utan zu sein
Mehr Sorgen bereitet uns, dass das Orang-Utan-Mädchen fünf Monate lang sozusagen als Familienmitglied unter Menschen gelebt hat. Denn unser Ziel ist es, einen geretteten Orang-Utan so weit zu rehabilitieren, dass wir ihn irgendwann auswildern können. Dazu gehört eine natürliche Scheu vor Menschen. Auf keinen Fall sollten wilde Orang-Utans die Nähe von Menschen suchen.
Jenny auf dem Schoß ihrer Babysitterin in Samboja Lestari
Jenny wurde nun in einem Alter gefunden, in dem Orang-Utan-Kinder normalerweise unzertrennlich mit ihren Müttern zusammen sind und sich die meiste Zeit in ihr Fell kuscheln. Wenig überraschend also, dass die verängstigte Jenny Körperkontakt suchte. Sie zeigte keinerlei Aggressivität, berichtet der Dorfbewohner, der sie mit zu sich nach Hause genommen hatte. Daher durfte die Kleine sogar im Bett der Familie schlafen. Ab und zu durfte sie draußen spielen und versuchte seinen Angaben nach nicht etwa sich zu entfernen, sondern übte sich im Klettern und pflückte essbare Blätter. Diese Beobachtung macht uns Hoffnung: Offenbar hatte die Mutter der Kleinen schon das ein oder andere beibringen können!
Und warum wurde Jenny ganze fünf Monate gefangen gehalten?
Orang-Utans sind uns Menschen sehr ähnlich (wir teilen 97 Prozent DNA) und Orang-Utan-Babys wecken in uns Menschen ganz automatisch Mutterinstinkte. Die Versuchung ist daher groß, ein mutterlos aufgefundenes Tier zu behalten – zumindest, solange es klein und niedlich ist. Auch auf dem Schwarzmarkt des illegalen Wildtierhandels sind Orang-Utans außerordentlich begehrt.
Der Dorfbewohner erzählte der Naturschutzbehörde, er hätte Jenny für einen Makaken gehalten. Erst als ein Nachbar ihn darauf aufmerksam machte, dass es sich um einen Orang-Utan handelt – eine geschützte und vom Aussterben bedrohte Art – informierte der Mann die Behörde. Aber auch das nicht sofort, denn er wusste zunächst nicht, an wen er sich in einem solchen Fall wenden sollte.
Für uns steht fest: Wir sind dankbar über jedes Tier, das gerettet werden kann! Wir sind froh, dass der Mann schließlich Hilfe geholt hat. Und wir arbeiten weiterhin daran, über Orang-Utans aufzuklären und wie wir die letzten ihrer Art schützen können – hier in Deutschland ebenso wie in den entlegensten Dörfern auf Borneo.
Nachdem Jenny am 3. Januar in unserem Rettungszentrum angekommen war, wollte sie sofort auf den Arm genommen werden. Sie wirkte verängstigt und kuschelte sich tief in die Arme ihrer Ersatzmutter. Derart beschützt und beruhigt, ließ sie sich dann gründlich untersuchen: Unsere Tierärzte checkten sie von Kopf bis Fuß durch, nahmen ihr Blut ab und kontrollierten das Gebiss. Danach wurde sie gebadet und in die Quarantäne-Station aufgenommen.
Die medizinischen Untersuchungen ließ Jenny ganz tapfer über sich ergehen
Drei Monate muss Jenny in der Quarantäne verbringen. Wenn alles gut geht. Das heißt: wenn sich keine ansteckenden Krankheiten oder andere Komplikationen zeigen, darf die kleine Jenny Anfang April zu den anderen Kindern in den Waldkindergarten. Wir drücken ihr die Daumen!
Möchten Sie die Arbeit von BOS unterstützen und Orang-Utan-Kindern wie Jenny eine zweite Chance schenken? Jede Spende hilft!
Was ist denn hier los? Ein großer Grashaufen liegt mitten auf der Lichtung der Waldschule von Nyaru Menteng. Wo kommt der denn her, mitten im Regenwald? Und vor allem: Warum bewegt er sich?
Plötzlich blinzelt ein braunes Augenpaar zwischen den grünen Halmen hervor. Dann ein vorwitziges Gesicht mit orangefarbener Behaarung. Es gehört einem kleinen Orang-Utan – und der sieht ziemlich nach Schabernack aus.
Paulinus tarnt sich als Grasmonster
Jetzt rüttelt und schüttelt sich der Haufen und das ganze Orang-Utan-Kind kommt zum Vorschein. Es ist Paulinus und der schnappt sich eine Handvoll Grashalme und wirft sie in Richtung seiner Freunde Bumi und Niniek.
Juhu! Niniek bewirft Bumi und Paulinus mit Gras
Die beiden nehmen die Herausforderung prompt an: Hat hier jemand Gras-Schlacht gesagt?!!
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Übermütig wälzen sich die Waldschüler in den Grasbergen und kullern übereinander hinweg. Bumi und Monyo bekommen gar nicht genug davon, das Gras in die Luft zu werfen und es auf sich und die anderen regnen zu lassen. Wie das kitzelt!
Da wirft sich Paulinus schwungvoll auf den Grashaufen und macht einen Purzelbaum. Und dann noch einen und noch einen. Das Gras ist herrlich weich und er beschließt, sich darin einzubuddeln. Ein Schlafnest der anderen Art. Genug gespielt, jetzt ist ein kurzes Nickerchen dran.
Was für ein spaßiger Tag in der Waldschule!
Danke, dass Sie unsere Arbeit für Tiere wie Bumi, Paulinus and Niniek unterstützen. Jeder Beitrag hilft.
Orang-Utans sind uns Menschen sehr ähnlich — und das gilt leider auch für Probleme, die an den Zähnen auftreten können. Und genau wie bei uns Menschen, benötigen die Zähne von Orang-Utans besondere Pflege und regelmäßige Untersuchungen. Glücklicherweise arbeiten bei BOS engagierte Ärzteteams! Kürzlich musste sich einer der männlichen Orang-Utans in unserem Rehabilitationszentrum einer umfangreichen Zahnbehandlung unterziehen: Er hatte Karies und eine Zahnwurzelfraktur Wie unser Ärzteteam ihn und andere erkrankte Orang-Utans behandelt, erzählen wir Ihnen hier…
Können auch Primaten Karies bekommen ?
Zahnprobleme wie Karies und gebrochene Zahnwurzeln treten nicht nur beim Menschen auf, sondern betreffen auch Primaten. Mit einer genetischen Ähnlichkeit von 97 % zum Menschen ist die Zahnanatomie der Orang-Utans fast identisch, so dass es nicht überrascht, dass sie ähnliche Zahnprobleme haben. Karies ist eine Erkrankung, die durch bakterielle Aktivität auf Nahrungsresten verursacht wird. Diese Bakterien produzieren Säuren, die den Zahnschmelz abtragen und so Karies auslösen . Bei einer Zahnwurzelfraktur hingegen knackt oder bricht die Zahnwurzel, oft aufgrund übermäßigen Drucks auf den Zahn. Beim Menschen sind die häufigsten Ursachen für gebrochene Zahnwurzeln das Kauen auf harten Gegenständen, oder eine Überbeanspruchung der Zähne . Bei Primaten wie Orang-Utans ist das ganz ähnlich. Sowohl in natürlichen Lebensräumen als auch in Rehabilitationszentren kauen Orang-Utans manchmal auf Ästen, Holz oder anderen harten Gegenständen herum und schädigen dadurch ihre Zahnstruktur ohne es zu merken . Zahnchirurgie für Orang-Utans
Die Zahn-OP bei dem männlichen Orang-Utan in unserem Rettungszentrum wurde von unserem erfahrenen Ärzteteam durchgeführt. Der Eingriff erforderte eine Vollnarkose, um sicherzustellen, dass der Orang-Utan während des gesamten Eingriffs ruhig und schmerzfrei blieb. Sobald die Narkose wirkte, begannen unsere Tierärzte mit der Reinigung der betroffenen Stelle und untersuchten auch das restliche Gebiss sehr gründlich.
Für die Zahn-OP bekommt der Orang-Utan eine Vollnarkose
Die Operation umfasste mehrere wichtige Schritte: Zahnextraktion, Reinigung und Desinfektion sowie den Wundverschluss. Die Extraktion von Zähnen mit gebrochenen und beschädigten Wurzeln wird sorgfältig durchgeführt. Bei diesem Verfahren kommen spezielle Werkzeuge zum Einsatz, um eine weitere Schädigung zu vermeiden.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Nach dem Ziehen des Zahns reinigt unser Tierarzt den Bereich, um Bakterien oder Reste, die eine Infektion verursachen könnten, zu entfernen. Anschließend wird die Extraktionswunde mit einem speziellen, sicheren Faden vernäht, der sich nach einigen Wochen von selbst auflöst. Dieses Verfahren erfordert ein hohes Maß an Präzision. Obwohl die Mundhöhle von Orang-Utans ähnlich aufgebaut ist wie die des Menschen, unterscheidet er sich durch die Größe.
Antibiotika, Schmerzmittel und Schonkost nach der Zahn-OP
Nach der Operation wurde das Orang-Utan-Männchen in einen Aufwachraum in der Klinik des Rehabilitationszentrums gebracht. Es wurde mit Antibiotika und Schmerzmitteln versorgt, um die Beschwerden nach der Operation zu lindern. Außerdem wurde das Orang-Utan-Männchen mehrere Wochen lang auf Schonkost gesetzt, um die Belastung seiner Mundhöhle zu verringern. Unser medizinisches Team kontrollierte regelmäßig den Fortschritt und die Heilung seiner Wunden. Nach etwa einem Monat hatte sich das Orang-Utan-Männchen wieder vollständig erholt: Es war wieder in der Lage, harte Nahrung zu kauen, und verhielt sich so vital wie vor der Operation.
Wie putzen Orang-Utans ihre Zähne?
Zahnpflege ist nicht nur für Menschen lebenswichtig, sondern auch für Primaten wie Orang-Utans. Unbehandelte Zahnprobleme können sich erheblich auf ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden auswirken, insbesondere auf ihre Fähigkeit zu essen — und damit ihre Überlebenschancen in freier Wildbahn. Dank der engagierten Arbeit unseres Ärzteteams kann konnte der entzündete Zahn des Orang-Utans versorgt werden und er nun ein angenehmes und schmerzfreies Leben führen. Ein Beweis dafür, wie wichtig die kontinuierlichen Schutz- und Gesundheitsinitiativen von BOS für diese bemerkenswerten Primaten sind.
Wie verheerend Feuer sein kann, das wissen die Feuerwehrleute der Wache 8 in Dortmund Eichlinghofen sehr genau. Deshalb engagieren sie sich für den Schutz der Orang-Utans und ihres Lebensraumes gegen Waldbrände und andere Bedrohungen.
Alles fing damit an, dass Feuerwehrmann Sven Asmussen und seine Familie auf BOS aufmerksam wurden und einen Orang-Utan als Patentier adoptierten: Zuerst unterstützte die Patenfamilie Henry, dann folgte Taymur, der als Baby Opfer des illegalen Wildtierhandels wurde und einige Zeit unter fürchterlichen Bedingungen als Haustier in Kuwait leben musste. „Taymur hat eine so bewegende Geschichte“, erzählt Asmussen, der als Pate von BOS regelmäßig erfährt, wie es Taymur geht, was er erlebt und wie er sich in der Waldschule entwickelt. „Davon habe ich immer Mal wieder in meiner Wachabteilung berichtet.“
Taymur bei seiner Rückkehr auf Borneo
Dass er sich gerade für Orang-Utans engagiert, hängt für Asmussen damit zusammen, dass „wir quasi eine Familie sind“. Immerhin sind 97% der DNA von Orang-Utans und Menschen identisch. Und so wie es in der großen Gemeinschaft der Feuerwehr-Familie ganz unterschiedliche Charaktere gibt mit besonderen Stärken, so ist es auch bei den Orang-Utans. „Wir haben genauso neugierige Tüftler wie Monita und Monyo, sportliche „Kletterer“ — auch ohne Drehleiter! — wie Jeni und aufgeweckte und wilde Charaktere wie Topan“, erzählt Asmussen mit einem Schmunzeln.
Es beschäftigt den Feuerwehrmann und seine Kollegen, dass die intelligenten Primaten massiv vom Aussterben bedroht sind und ihr Lebensraum durch Abholzung und Brandrodung der Wälder immer weiter schrumpft. Auch Feuer, das durch klimatische Phänomene ausgelöst wird, zerstört regelmäßig wertvollen Lebensraum im Regenwald.
Auch bei BOS arbeiten Feuerwehrleute, die die uns anvertrauten Wald- und Aufforstungsflächen bewachen und beschützen. Während der Trockenzeit sind die Einsatzkräfte rund um die Uhr in Alarmbereitschaft. Wenn ein Feuer ausbricht, kämpfen sie oft bis zur völligen Erschöpfung gegen die Flammen. Denn die Arbeitsbedingungen im Regenwald sind schwer: Es herrschen tropische Temperaturen und die Teams sind zu Fuß in unwegsamem Gelände und auf schmalen Pfaden unterwegs, um das Wasser in die Nähe der Brände zu schaffen.
„Wenn ich mir eine Superkraft wünschen könnte, dann wäre es eine weitreichende, alles überspannende Sprinkleranlage, die den Regenwald schützt“, sagt Feuerwehrmann Asmussen halb im Scherz, halb ernst. Aus eigener Erfahrung weiß er zu gut, welche verheerende Kraft Feuer hat.
Durch viele Gespräche im Kollegenkreis hat Asmussen mittlerweile seine gesamte Wachabteilung – rund 40 Feuerwehrleute, die im 24-Stunden-Dienst auf der Wache 8 in Dortmund Eichlinghofen tätig sind – mit seiner Begeisterung für Orang-Utans angesteckt und mit dem Wunsch, die Arbeit von BOS zu unterstützen. So haben die Feuerwehrleute eine Sammelspendenaktion in ihrem Team gemacht und BOS als Spende zukommen lassen. „Ehrenamtliche Tätigkeit ist ein wichtiger Bestandteil für eine funktionierende Gesellschaft“, ist Asmussen überzeugt“. „Sie gibt nicht nur dem Hilfe Empfangenden, sondern auch den Helfern ein gutes Gefühl. Und manchmal können auch die kleinsten Aktionen Großes bewirken.“
Feuerwehrleute der Wache 8 in Dortmund
Für die Feuerwehrleute passt die Spende für den Orang-Utan-Schutz einfach zu ihrer Überzeugung. Auch im täglichen Job achten sie auf Umwelt- und Ressourcenschutz: „Wir vermeiden unnötigen Stromverbrauch, bedrucken Papier immer beidseitig und wenn wir für gemeinsame Mahlzeiten einkaufen, tun wir das möglichst bewusst und verzichten beispielsweise auf Produkte mit Palmöl“, erzählt Asmussen. Er ist überzeugt davon, dass ihr Engagement für die Orang-Utans und den Regenwald durch Gespräche mit Kollegen, in der Familie und mit Freunden immer weitere Kreise ziehen und auch andere inspirieren wird.
Genau wie bei Menschenkindern, so haben auch Orang-Utans ganz individuelle Charaktere und Eigenschaften. In unserer Waldschule gibt es mutige, schüchterne, besonders anhängliche und verschmuste, ängstliche, freche und neugierige Kinder. Und es gibt zwei Orang-Utans, die trotz ihres noch sehr jungen Alters bereits einen ausgeprägten Freiheitsdrang und große Unabhängigkeit beweisen: die dreijährige Temon und der vierjährige Lahei.
Ihre Babysitterinnen und Ersatzmütter wissen ganz genau: Die beiden verbringen ihre Zeit am liebsten weit oben in den Bäumen und tief im Wald, wo sie hangeln und klettern üben und nach wilden Früchten und Leckereien suchen. Manchmal dürfen die beiden sogar schon über Nacht im Wald bleiben, denn auch Schlafnester können die beiden schon richtig gut bauen, während ihre gleichaltrigen Klassenkameraden zurück in ihre Schlafgehege gebracht werden.
Hat es faustdick hinter den Ohren: der vierjährige Lahei
Am nächsten Morgen stoßen die beiden dann zur nächsten Waldschul-Lektion wieder zu ihren Artgenossen. Falls die beiden Frühaufsteher nicht schon total vertieft sind in ihre eigenen Entdeckungen und Geschicklichkeitsübungen.
Wenn Temon und Lahei am Abend gemeinsam mit den anderen Orang-Utan-Kindern den Wald verlassen und ins Gehege zurückkehren sollen, dann klappt das nur, wenn ihre Ersatzmütter sie mit Milch oder einer Extraportion Obst locken. Eigentlich möchten die beiden nämlich jede Nacht im Wald bleiben. Schließlich sind sie ja schon sooooooo groß! Und im Gehege ist es langweilig!
Eines Abends war Lahei nicht aufzufinden, als die Babysitterinnen ihre Schützlinge um sich versammelten, um zu den Gehegen zurückzukehren. Wirklich überrascht waren Laheis Ersatzmamas nicht. Wenn ein Orang-Utan aus der Klasse fehlen würde, dann wäre das Lahei oder Temon – ganz klar. Aber natürlich waren sie trotzdem besorgt. Schließlich ist der kleine Racker noch ein Kind!
Die Babysitter suchen verzweifelt Orang-Utan-Kind Lahei
Nachdem sie aufgeregt alles abgesucht, seinen Lieblings-Schlafbaum kontrolliert und Lahei immer wieder gerufen und mit Leckereien gelockt hatten, mussten sie aufgeben, um die restlichen Orang-Utan-Kinder vor Einbruch der Dunkelheit nach Hause zu bringen.
Soooo langweilig ist es gar nicht im Gehege – aber im Wald ist es natürlich viel schöner!
Auch am nächsten Morgen blieb Lahei verschwunden. Und am darauffolgenden Tag fehlte Temon ebenfalls, als die Waldschulgruppe am Abend zusammenkam.
Jetzt war die Panik natürlich richtig groß. Waren die beiden kleinen Abenteurer gemeinsam durchgebrannt? Wohin? Für wie lange würden sie sich ganz alleine im Wald behaupten können? Und würde unser Team sie rechtzeitig finden, ehe ihnen etwas zustieße?
Denn eines war klar: Im Alter von drei und vier Jahren sind Temon und Lahei noch lange nicht so weit, eigenständig im Regenwald zu überleben!
Zehn Tage lang blieben Temon und Lahei verschwunden
Selbst Orang-Utan-Kinder, die bei ihren Müttern in freier Wildbahn aufwachsen, beginnen erst im Alter von etwa sechs Jahren sich abzunabeln. Über einen Zeitraum von mehreren Jahren entwickeln sie eine immer größere Unabhängigkeit und entfernen sich stückweise immer länger und weiter von ihren Müttern. Erst im Alter von etwa acht Jahren ist der Nachwuchs bereit, tatsächlich eigenständig im Regenwald zurecht zu kommen. Dann trennen sich die Wege von Mutter und Kind.
Am Abend des zehnten Tages nach Laheis Verschwinden passierte das Wunder. Die Babysitterinnen versammelten gerade ihre Schützlinge um sich, da raschelte es in den Bäumen über ihnen. Wer konnte das sein? Ein schneller Blick über die Schar kleiner Orang-Utans. Schnell nochmal durchzählen. Nein, da fehlte niemand… außer: Temon und Lahei!
Und tatsächlich: Es waren die beiden Abenteurer. Doch noch konnten die Babysitterinnen nicht erleichtert aufatmen. Denn die beiden Orang-Utan-Kinder verhielten sich äußerst zögerlich, als überlegten sie noch, ob sie sich den anderen wieder anschließen wollten.
Zum Glück funktionierte der bewährte Trick: Die Babysitterinnen holten einige Stücke Obst hervor und lockten die beiden Kinder damit. Temon ließ sich nicht lange bitten und kaum hatte sie die Frucht gegriffen, nahm ihre Ersatzmama sie an die Hand. Lahei hingegen spielte noch ein bisschen Fang-mich-doch mit ihrer Ersatzmutter, bis diese ihn schließlich schnappen und auf den Arm nehmen konnte.
Mit Obst lässt sich Temon immer locken…
Am folgenden Tag durften Temon und Lahei nicht sofort wieder die Waldschule besuchen, sondern mussten in ihren Gehegen bleiben. So wollten die Babysitterinnen sicher stellen, dass die beiden nicht sofort wieder auf Wanderschaft gehen würden. Und natürlich mussten die beiden gründlich untersucht werden, ob sie denn gesund und ohne Blessuren wiedergekommen waren. Glücklicherweise war das große Abenteuer der beiden Kleinen glimpflich ausgegangen.
Als Temon und Lahei den ersten Tag zurück in die Waldschule durften und quietschvergnügt mit ihren Artgenossen durch die Bäume tobten, verspürte Ersatzmama Ibu Sri aber auch einen gewissen Stolz auf ihre Schützlinge, erzählt sie. Denn so groß der Schreck auch war, den die beiden ihr eingejagt hatten: Temon und Lahei haben auf ihrem Ausflug bewiesen, wie viel sie bereits in der Waldschule gelernt haben. Das macht Ibu Sri und das gesamte Team des Rettungszentrums sehr zuversichtlich, dass die beiden Orang-Utans in nicht allzu ferner Zukunft ausgewildert werden und dann tatsächlich frei und wild im Regenwald leben können. Vorher jedoch müssen sie noch ein bisschen älter und natürlich groß und stark werden!
Möchten Sie Temon und Lahei dabei unterstützen? Wie wäre es mit einer extra Portion Milch, einer Vitaminkur oder Lehrmaterialen für die Waldschule, die Sie in unserem Spendenkaufhaus erwerben können?
Weit über zwei Jahre ist es her, dass unser Post-Release Monitoring (PRM) Team das Orang-Uan-Männchen Hamzah zum letzten Mal sah. An jenem Tag im September 2022 platzte er in eine Zusammenkunft der beiden Orang-Utan-Mamas Theresa mit ihrem Sohn Berani und Sayang mit ihrer Tochter Padma. Die vier hatten sich zu einer gemütlichen Futterparty in den Baumwipfeln des Kehje Sewen zusammengefunden, ergriffen jedoch sofort die Flucht, als das dominante Männchen die kleine Gruppe störte.
Umso größer war die Freude bei unserem PRM-Team, als sie Hamzah kürzlich in der Nähe von Camp Lesik entdeckten. Denn es geht ihm nicht nur gut, er hat sich zu einem echten Prachtkerl entwickelt, der sich offenbar allerbester Gesundheit erfreut. Bereits bei seiner letzten Sichtung war aus ihm ein sogenanntes dominantes Männchen geworden. Inzwischen ist sein Erscheinungsbild noch imposanter. Einige unserer Ranger gaben sogar zu Protokoll, noch nie einen so großen Orang-Utan-Mann mit langem Fell und ausgeprägten Backenwülsten gesehen zu haben.
Graziös bewegt sich der riesige Orang-Utan durch die Baumwipfel
Spontan entschloss sich das Team, den restlichen Tag der Beobachtung von Hamzah zu widmen. Glücklicherweise zeigte sich das Männchen nicht aggressiv, sondern ließ sich völlig ungerührt (wenn auch natürlich mit ausreichend Abstand) begleiten. Zeitweise war es sogar Hamzah selbst, der das Team und unser Camp mit großer Neugier zu beobachten schien…
Imposant, agil und rätselhaft – Hamzah hangelt durch die Baumwipfel des Kehje Sewen
Besonders bemerkenswert erschien unserem Team die Grazie, mit der sich Hamzah trotz seiner gewaltigen Körpergröße von Baum zu Baum bewegte. Kraftvoll, agil und flink hangelte er von Ast zu Ast und sammelte dabei Früchte und Knospen. Besonders gut schmeckten ihm junge Blätter des Shorea-Baumes. Die Gelegenheit, so viele Daten über Hamzah zu sammeln, ist für unser PRM-Team äußerst wertvoll, denn das Orang-Utan-Männchen ist in vielerlei Hinsicht ein Mysterium für uns. Hamzah hatte das Glück, vier kostbare Jahre mit seiner Mutter verbringen zu können, ehe er in unser Rettungszentrum kam. Wie viel er in dieser Zeit bereits gelernt und an Fertigkeiten erworben hatte, zeigte sich schnell in der Waldschule. So konnte Hamzah bereits im Mai 2012 in den Kehje Sewen Wald ausgewildert werden.
Hamzah beglückt das Weibchen Bungan
Im Jahr 2021 zeugte Hamzah vermutlich ein Baby: Er wurde beim Kopulieren mit Bungan beobachtet, die im Sommer 2022 dann Töchterchen Bunga zur Welt brachte – das 27. wild geborene Baby im Kehje Sewen Wald.
Hamzah ist Vater mindestens eines wild geborenen Babys
Leider gab es einen weniger guten Grund für die häufigen Begegnungen: Bong trieb sich gerne in der Nähe unseres Monitoring-Camps herum, beschädigte mehr als ein Mal Ausrüstungsteile und zeigte insgesamt eine zu große Nähe zu uns Menschen. Im Spätsommer 2021 wurde Bong daher in ein weiter entferntes Waldstück umgesiedelt. Hamzah hatte sich damals von seiner Freundin verabschiedet, als diese bereits sediert in der Transportkiste lag – als würde er genau verstehen, was vor sich ging.
Ein Symbol für den Artenschutz und die erfolgreiche Arbeit von BOS
Dass unser Team Hamzah nun in so prächtiger Verfassung wiedergesehen hat, ist ein echter Hoffnungsschimmer für die vom Aussterben bedrohte Art. Denn das Orang-Utan-Männchen wurde bereits im Mai 2012 ausgewildert. Er lebt also seit beinahe 13 Jahren frei und wild im Kehje Sewen Wald, hat sich zu einem starken, gesunden und unabhängigen Orang-Utan entwickelt und sogar für Nachwuchs gesorgt. Das macht Hamzah zu einem Symbol für den Artenschutz, für den Erfolg des Rettungs‑, Rehabilitations- und Auswilderungsprogramms von BOS und für die Bedeutung von Schutzwäldern für den Erhalt kostbaren Lebensraumes.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Mailchimp. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.