Eine Auszeit von seinem königlichen Inselleben muss seit einigen Wochen unser Langzeitbewohner Kopral nehmen. Denn der 17 Jahre alte Orang-Utan-Mann hatte sich an den Füßen verletzt. Jetzt sorgt unser medizinisches Team dafür, dass Koprals Füße wieder vollständig verheilen. Denn sie sind seine einzig verbliebene Möglichkeit, sich fortzubewegen.
Auf unseren „Inseln für betreutes Wohnen“ bekommen nicht-auswilderbare Orang-Utans wie Kopral nicht nur tägliche Essenslieferungen. Sie werden auch genauestens beobachtet von den BOS-Mitarbeitern. So fiel es vor einigen Wochen schnell auf, als Kopral plötzlich anfing zu humpeln.
Umgehend wurde der Big Male daraufhin in unsere Orang-Utan-Klinik gebracht und umfassend untersucht. Die Diagnose: Kopral hatte sich am rechten Fuß Wunden zugezogen. Und sich außerdem noch einen Fußpilz zwischen den Zehen einfangen. Also blieb der Orang-Utan in medizinischer Behandlung in den kompetenten Händen der BOS-Tierärzte.
Klinikaufenthalt für Kopral
Die Wunden am rechten Fuß sind glücklicherweise schnell verheilt. Und der Pilz spricht auf die fortlaufende Behandlung mit den Antimykotika und dem antimikrobiellen Desinfektionsmittel gut an. Ein größeres Problem blieb allerdings: Seine Knöchel waren durch die Schonhaltung und mangelnde Bewegung noch steif. Und Kopral vermied es sichtlich, auf seinen Fußballen zu laufen.
Darum hat sich unser Veterinärteam mit Humanmedizinern aus der Orthopädie ausgetauscht. Um zu vermeiden, dass sich Koprals Beinmuskeln versteifen, was ihn langfristig in seiner Mobilität einschränken würde, wurde dem Orang-Utan eine Infrarotlicht-Therapie verschrieben. Außerdem werden seine geplagten Füße regelmäßig mit Kokosnussöl eingerieben.
Physiotherapie mit Belohnung
Zur Unterstützung seiner Rehabilitation, haben unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Rettungszentrum Nyaru Menteng eine tägliche Workout-Routine als Physiotherapie ausgetüftelt. So muss Kopral z. B. mit seinen Füßen verschiedene Gegenstände mit einem Stock angeln.
Kopral erfüllte jede an ihn gestellte Aufgabe mit großem Eifer. Was vielleicht auch daran liegt, dass seine Mitarbeit mittels köstlicher Belohnungen positiv verstärkt wird. Dabei achten wir aber darauf, dass die Belohnungen nicht zusätzlich auf Koprals Hüften schlagen. Denn bei der medizinischen Untersuchung wurde auch festgestellt, dass der Orang-Utan-Mann mit 67 Kilogramm an Übergewicht leidet. Also wird die Zeit, die Kopral im Medizinkomplex verbringt, gleich genutzt, um den gefräßigen Menschenaffen wieder in eine bessere Form zu bringen. Auf dem Speiseplan stehen jetzt täglich ein Kilogramm Früchte und drei Kilogramm Gemüse. Doch Kopral trägt seine Situation mit Gelassenheit. Nimmt er nicht an physiotherapeutischen Übungen teil, entspannt er meistens in seiner Hängematte. Wir hoffen, dass Kopral bald wieder genesen ist und zurück auf seine Insel kehren kann. Dort wartet seine Mitbewohnerin Lesley, eine 14-jährige Orang-Utan-Dame, bestimmt schon auf ihren Freund!
Helfen Sie uns, nicht-auswilderbaren Orang-Utans wie Kopral und Lesley ein sicheres Zuhause auf unseren Schutzinseln zu schenken. Jede Spende hilft.
Seitdem wir Suci Ende 2021 ausgewildert haben, hat sie sich rar gemacht und wurde vom Post-Release Monitoring (PRM) Team selten gesichtet. Umso mehr freuen wir uns, dass die BOS-Ranger das Orang-Utan-Weibchen nun gleich drei Mal ausgiebig beobachten konnten. Denn es gibt Schönes zu berichten!
Es war ein freudiger Moment, als unser PRM-Team Suci bei einem seiner Kontrollgänge im Bukit Baka Bukit Raya Nationalpark (Zentral-Kalimantan) entdeckte. Zufrieden knabberte sie Triebe einer wilden Ingwerpflanze (Etlingera triorgyalis) und ließ sich dabei nicht stören. Mehrere Stunden lang folgte unser Team dem jungen Orang-Utan und konnte dabei beobachten, wie Suci sich am reichhaltigen Buffet des Regenwaldes satt aß: Nach dem Ingwer knabberte sie die zarte Schicht unter der Rinde eines Baumes, pflückte dann einige wilde Feigen (Ficus sp.) und sammelte schließlich Termiten. Am frühen Nachmittag kam ein Sturm auf und unser Team zog sich ins Camp Himba Pambelum zurück.
Nur drei Tage später traf das Beobachtungsteam Suci erneut, diesmal in der Nähe des Hiran Flusses. Auch bei dieser Begegnung zeigte sich das Orang-Utan-Mädchen als Feinschmeckerin, denn sie futterte gerade die Blätter eines Akazienbaumes (Vachellia leucophloea). Unser Team beobachtete Suci, bis diese sich bei Einbruch der Dämmerung ein Schlafnest in einem Feigenbaum baute, und kehrte dann ins Camp zurück.
Orang-Utan-Mädchen Suci beweist ihr Wissen um essbare Pflanzen
Und dann kam es ganz unerwartet zu einer dritten Begegnung, nur zwei Tage später, jedoch in einem weit entfernten Teil des Bukit Baka Bukit Raya Nationalparks. Vielleicht hat ihr Appetit Suci dorthin geführt? Es ist bekannt, dass sich Orang-Utans nicht nur die Standorte von Futterbäumen merken können, sondern sogar, wann diese reife Früchte oder junge Blätter tragen. Eine außerordentliche Leistung!
Denn auch bei dieser dritten Begegnung genoss Suci eine Vielzahl unterschiedlicher Nahrungsmittel: Sie pflückte die Blätter einer Palme und eines Johannisbrotbaumes (Koompassia excelsa), knabberte dann einige Bambusstengel und pulte schließlich Termiten aus einem morschen Baumstamm.
Sucis Kompetenz und Einfallsreichtum macht unser PRM-Team stolz
Nach dem ausgiebigen Mahl begab sich Suci hinunter zum Fluss, um sich zu erfrischen. Dazu nahm sie sich einige Blätter und wusch damit ihren Körper – mit offensichtlich größtem Vergnügen.
Mit ihrem Waschritual überraschte Suci unsere Ranger und machte sie sehr stolz. Denn sie beweist damit sehr viel Kreativität und ihre Fähigkeit, sich an das Leben in freier Wildbahn anzupassen.
Suci war ungefähr 18 Monate alt, als sie in die BOS-Rettungsstation kam, und durchlief nach ihrer Quarantäne die Waldschule und Walduniversität im Rekordtempo. Es schien fast so als könnte sie es nicht abwarten, endlich zurück in die Wildnis zu kommen. Und weil sie ziemlich clever ist, hatte sie mit knapp sieben Jahren schon alle nötigen Fähigkeiten für die Auswilderung erworben – also in einem Alter, in dem junge Orang-Utans sich gerade so von ihren Müttern abnabeln, mit denen sie seit ihrer Geburt unzertrennlich zusammen gelebt hatten.
Die drei Begegnungen innerhalb kurzer Zeit sowie die Möglichkeit, Suci über viele Stunden hinweg beobachten zu können, haben bei unserem PRM-Team einen sehr zufriedenstellenden Eindruck hinterlassen.
Die inzwischen Neunjährige Suci hat sich bestens im Bukit Baka Bukit Raya Nationalpark eingelebt. Und wird nun hoffentlich noch viele, viele Jahre dazu beitragen, als natürliche „Gärtnerin des Waldes“ das ökologische Gleichgewicht im Regenwald durch ihr Dasein zu erhalten. Und mit etwas Glück die Orang-Utan-Population zu vergrößern.
Beim Stichwort „Nestbau“ denken die meisten Menschen wohl sofort an Vögel. Aber auch Orang-Utans bauen Nester – hoch oben in die Baumwipfel des Regenwaldes und mit beeindruckendem Geschick. Junge Orang-Utans erlernen diese Fähigkeit von ihren Müttern, doch das braucht seine Zeit.
Orang-Utans sind sogenannte baumbewohnende Säugetiere: Sie verbringen den Großteil ihres Lebens als semi-solitäre Waldbewohner auf Bäumen, wo sie kletternd und hangelnd nach Nahrung suchen und allabendlich nach einem geeigneten, sicheren Platz, um dort ihr Schlafnest einzurichten. Dabei beweisen sie sowohl handwerkliches Geschick als auch architektonische Kompetenz.
Orang-Utans werden auch Wald-Architekten genannt
Ihren Nestbau beginnen Orang-Utans mit der Wahl des passenden Baumes und einer geeigneten Astgabel. Besonders beliebt für den Nestbau ist die Baumart Shorea Balangeran, die ausschließlich in Indonesien vorkommt – und ebenfalls vom Aussterben bedroht ist.
Orang-Utans haben eine beachtliche Körpergröße, sodass der „Bauplatz“ einiges an Gewicht aushalten muss. Handelt es sich um einen jungen Baum mit geringem Durchmesser, wird das Nest in direkt am Stamm erbaut, wo die Äste die größte Stabilität aufweisen.
Auf den mächtigen Urwaldriesen hingegen – sie können ausgewachsen über 30 Meter hoch werden – kann sich das Nest auch an der Spitze eines ausladenden Astes befinden und dort, ähnlich einer Hängematte, in einer Astgabel thronen. Manchmal werden auch mehrere Bäume in den Nestbau einbezogen. Dann scheint es, als ob es zwischen den schlanken Stämmen junger Sprösslinge oder zwischen zwei sich überlappenden Astausläufern in der Luft hängt. Doch freilich ist es fest verwoben.
Das Orang-Utan-Schlafnest wird kunstvoll und bequem eingerichtet
Am ausgewählten Ort beginnt der Orang-Utan nun, Zweige und Blätter miteinander zu verweben. So erhält er ein solides Fundament für sein Nest. Mit flinken, geschickten Fingern steckt er Zweige ineinander, schlingt sie umeinander, verbindet und befestigt und zieht schließlich mit kleineren Zweigen einen kreisrunden Rand in die Höhe. Dieser verwandelt den Schlafplatz endgültig in ein Nest und sichert den Orang-Utan vor dem Herausfallen bei Nacht.
Nachdem der Rohbau steht, geht es an die Inneneinrichtung. Denn das Nest soll schließlich nicht nur sicher, sondern auch bequem sein! Dafür sammelt der Orang-Utan junge, weiche Blätter und Moose und polstert sein Nachtquartier aus. Was nun klingt, als sei es ein langer Prozess, ist für erfahrene Orang-Utans eine Sache von wenigen Minuten. Ist das nicht beeindruckend?
Nestbau für den Powernap am Tag
Auch am Tag ziehen sich die Waldmenschen manchmal für eine kurze Ruhepause zurück. Dabei nutzen sie hin und wieder bereits gebrauchter Nester, die sie mit frischen Zweigen verstärken und neu auspolstern.
Aufmerksame Beobachter, die zu Fuß im Regenwald unterwegs sind – wie beispielsweise unsere Ranger in den Post-Release Monitoring Teams – können solche Nester in den Bäumen entdecken. Sie erkennen auch, ob es sich um ein neues oder älteres Nest handelt: In älteren Nestern sind die Blätter braun und verwelkt, hat sich die Zweigkonstruktion teilweise gelockert.
In der BOS-Waldschule lernen Orang-Utan-Waisenkinder den Nestbau
Die Kunst des Nestbaus wird von Generation zu Generation weitergegeben. Normalerweise bleiben Orang-Utan-Mütter sechs bis acht Jahre lang unzertrennlich mit ihrem Nachwuchs zusammen und bringen ihm in dieser Zeit alles bei, was er für das Leben im Regenwald benötigt.
Die Waisenkinder jedoch, die wir in unseren Rettungszentren aufnehmen, sind in den meisten Fällen noch zu jung, um bereits den Nestbau von ihren Müttern gelernt zu haben. Diese Aufgabe übernehmen daher unsere Babysitterinnen. Dazu klettern sie sogar mit den kleinen Waldmenschen hinauf in die Bäume. Denn ein Handwerk erlernt man schließlich nur, wenn man es gezeigt bekommt.
Sie können unsere Arbeit in der BOS-Waldschule unterstützen, indem Sie eine Woche Babysitting spenden. Aber auch kleinere Beiträge helfen, den geretteten Orang-Utan-Waisenkindern einen bestmöglichen zweiten Start ins Leben zu schenken.Denn bei BOS kommt Ihr Geld genau dort an, wo es benötigt wird.
Der Schildhornvogel (Rhinoplax vigil) ist ein Vertreter der Nashornvögel, der auf Sumatra und Borneo zu Hause ist. Von Punan Aput Dayak-Gemeinschaften in den Dörfern Long Sule und Long Pipa wird er tajaku genannt. Und spielt in ihrer Kultur eine große Rolle.
Der laute Ruf dieses auffälligen Vogels, der inklusive Schwanzfedern bis zu zwei Meter lang werden kann, ist im Regenwald kilometerweit zu hören. Er hat einen rötlichen Kopf, einen Schnabel mit hellgelbem Ansatz und ein großes, rotes Horn, das ihn wie ein Schild zu beschützen scheint. Dieses Schnabelhorn ist massiv, besteht also nicht, wie bei anderen Nashornvögeln, aus Luftkammern.
Wertvoller als das Elfenbein von Elefanten
Doch genau wegen dieses Horns wird der Schildhornvogel massiv bejagt. Schon vor Jahrhunderten wurde es nach China und Japan exportiert und dort kunstvoll verarbeitet. Inzwischen soll auf dem illegalen Wildtierhandelsmarkt für ein Kilo Schildhornvogel-Horn der dreifache Preis wie für Elefanten-Elfenbein gezahlt werden. Dazu kommt die Zerstörung seines Lebensraums. So wird der Schildhornvogel inzwischen auf der Roten Liste der IUCN als vom Aussterben bedroht eingestuft. Es ist also ein besonderer Moment, wenn man diesen prächtigen Vogel in freier Wildbahn zu Gesicht bekommt.
Treu bis über den Tod hinaus
Für die Dayak ist der tajaku ein Symbol der Loyalität. Sie erzählen, wenn ein tajaku-Weibchen verschwindet oder stirbt, sucht ihr männlicher Partner monatelang an dem Ort nach ihr, an dem sie sich zuletzt gemeinsam aufgehalten haben.
Auch die Dayak haben den Schildhornvogel in der Vergangenheit wegen seines Horns und seiner Federn gejagt, um daraus traditionelle Kleidung und Accessoires herzustellen. Die Bewohner der Dörfer Long Sule und Long Pipa haben jedoch die Verwendung von tajaku-Produkten aufgegeben. Denn sie glauben, dass der tajaku ein heiliges, traditionelles Symbol ist und durch kein Geld der Welt ersetzt werden kann. Die Ältesten dieser Dörfer vermitteln der jüngeren Generation nun, wie wichtig es ist, die Natur zu schützen und die Schildhornvogel-Population zu erhalten, damit die Rufe dieser prächtigen Vögel auch in Zukunft durch den Regenwald schallen.
Bereits im Alter von acht Monaten beginnen Menschenbabys spielerisch andere zu necken. Da für dieses Verhalten keine Sprache erforderlich ist, ist es naheliegend, dass ähnliche Formen des spielerischen Neckens möglicherweise auch im Tierreich zu finden sind. Jetzt haben Kognitionsbiologen und Primatologen spielerisches Necken bei allen vier Menschenaffenarten dokumentiert.
Ähnlich wie scherzendes Verhalten beim Menschen ist das Necken von Menschenaffen provokativ, beharrlich und von überraschenden und spielerischen Elementen gekennzeichnet. Da alle vier Menschenaffenarten spielerisches Necken zeigen, ist es wahrscheinlich, dass sich die Voraussetzungen für Humor vor mindestens 13 Millionen Jahren in der menschlichen Abstammungslinie entwickelt haben.
Zu scherzen ist ein wichtiger Teil menschlicher Interaktionen. Scherzen erfordert soziale Intelligenz, die Fähigkeit zukünftige Handlungen vorherzusehen, und die Fähigkeit die Verletzung der Erwartungen anderer zu erkennen und zu würdigen. Necken hat viel mit Scherzen gemeinsam und spielerisches Necken kann als kognitiver Vorläufer des Scherzens angesehen werden. Die ersten Formen des spielerischen Neckens beim Menschen sind bereits im Alter von acht Monaten zu beobachten, noch bevor Babys ihre ersten Worte sagen. Kleinkinder necken ihre Eltern, indem sie spielerisch und wiederholt Gegenstände anbieten und dann überraschend zurückziehen, gegen soziale Regeln verstoßen (sogenannte provokative Nichteinhaltung) und die Aktivitäten anderer stören.
Necken, spielen, provozieren
In einer kürzlich im Fachjournal ‘Proceedings of the Royal Society B’ veröffentlichten Studie konnten Wissenschaftler der University of California Los Angeles (UCLA), des Max-Planck-Instituts für Verhaltensbiologie (MPI-AB), der Indiana University (IU) und der University of California San Diego – darunter Dr. Isabelle Laumer, die BOS Deutschland seit vielen Jahren wissenschaftlich begleitet – spielerisches Necken bei den vier Menschenaffenarten nachweisen. „Menschenaffen sind hervorragende Kandidaten, um spielerisches Necken zu studieren, da sie eng mit uns verwandt sind, sich an sozialen Spielen beteiligen, lachen und ein relativ ausgeprägtes Verständnis über die Erwartungen anderer aufweisen“, erklärt Isabelle Laumer, Postdoktorandin (UCLA/MPI-AB) und Erstautorin der Studie.
Das Team analysierte spontane soziale Interaktionen von Orang-Utans, Schimpansen, Bonobos und Gorillas, die spielerisch, leicht belästigend oder provokativ wirkten. Dabei konzentrierten sie sich auf die Handlungen, Körperbewegungen und die Gesichtsausdrücke der Menschenaffen, sowohl auf die Verhaltensreaktionen der geneckten Tiere. Sie beurteilten auch die Absicht des Neckenden, indem sie nach Beweisen dafür suchten, dass das Verhalten auf ein bestimmtes Tier gerichtet war, dass es anhielt oder sich verstärkte und dass der Neckende auf eine Reaktion des Geneckten wartete.
Schwer zu ignorieren
Die Forscher fanden heraus, dass alle vier Menschenaffenarten bewusst provokatives Verhalten zeigten, das häufig von spielerischen Elementen begleitet war. Sie identifizierte 18 unterschiedliche Neck-Verhaltensweisen. Viele dieser Verhaltensweisen schienen darauf abzuzielen, eine Reaktion hervorzurufen oder zumindest die Aufmerksamkeit des geneckten Tieres zu erregen. „Es war üblich, dass der neckende Menschenaffe wiederholt mit einem Körperteil oder Gegenstand in der Mitte des Sichtfelds des Geneckten wedelte, ihn stieß oder anstupste, ihm genau ins Gesicht starrte, seine Bewegungen unterbrach oder an seinen Haaren zog oder andere Verhaltensweisen zeigte, die für den Geneckten äußerst schwer zu ignorieren waren“, beschreibt Erica Cartmill, Professorin an der UCLA und IU, und Letztautorin der Studie.
Obwohl spielerisches Necken eine große Vielfalt an Verhaltensformen umfasste, stellen die Autoren fest, dass es sich in mehrfacher Hinsicht vom bloßem Spiel abgrenzen ließ. „Das spielerische Necken der Menschenaffen war einseitig, ging meistens während der gesamten Interaktion vom neckenden Tier aus und wurde selten erwidert”, sagt Cartmill. „Die Menschenaffen verwenden auch selten Spielsignale, wie das ‘Primaten-Spielgesicht’, ein Gesichtsausdruck ähnlich dem menschlichen Lächeln, oder sogenannte ‘Halt-Gesten’ die ihre Spielabsicht signalisieren.“
Spielerisches Necken kam vor allem dann vor, wenn die Affen entspannt waren, und hatte Ähnlichkeiten mit Neck-Verhaltensweisen beim Menschen. „Ähnlich wie das Necken bei Kleinkindern beinhaltet das spielerische Necken von Menschenaffen einseitige Provokation, ein Tier neckt gezielt ein anderes, das Warten auf die Reaktion des Geneckten, bei der der neckende Affe direkt nach dem Neckverhalten zum Geneckten blickt, wiederholtes Necken und manchmal überrascht der Neckende auch sein Zielobjekt“, erklärt Isabelle Laumer.
Die Forscher erzählen, dass Jane Goodall und andere Feldprimatologen bereits vor vielen Jahren ähnliche Verhaltensweisen bei Schimpansen beobachtet hatten, diese neue Studie jedoch die erste sei, die spielerisches Necken systematisch untersuchte. „Aus evolutionärer Sicht lässt das Vorhandensein von spielerischem Necken bei allen vier Menschenaffen und ihre Ähnlichkeiten zu spielerischem Necken bei menschlichen Babys darauf schließen, dass spielerisches Necken und seine kognitiven Voraussetzungen bei unserem letzten gemeinsamen Vorfahren vor mindestens 13 Millionen Jahren vorhanden gewesen sein könnten“, erklärt Isabelle Laumer. „Wir hoffen, dass unsere Studie andere Forscher dazu inspirieren wird, spielerisches Necken bei anderen Arten zu untersuchen. Das wäre wichtig, um die Entwicklung dieses vielschichtigen Verhaltens besser zu verstehen. Wir hoffen auch, dass diese Studie das Bewusstsein für die Gemeinsamkeiten, die wir mit unseren nächsten Verwandten teilen, und für die Bedeutung des Schutzes dieser vom Aussterben bedrohten Tiere schärft.“