Was Sie auf diesem Foto sehen, ist eine Pflanze mit dem wissenschaftlichen Namen Melastoma malabathricum, im Deutschen als Indischer oder Singapur-Rhododendron bekannt, in Indonesien als Senggani. Auf Borneo ist die zur Familie der Schwarzmundgewächse gehörende Pflanze weit verbreitet. Sie wächst dort in feuchten Gegenden ebenso, wie in den Wäldern des Tief- und Hochlandes, und breitet sich auch gerne auf Plantagen, Feldern und in Gärten aus.
Der buschige, immergrüne Strauch wächst zwischen einem halben und bis zu drei Metern hoch und trägt dabei wunderschöne, poppig-bunte Blüten, die in zwei Farben auftreten: dunkellila-magenta oder hellrosa-magenta. Ganz selten blüht er euch in reinem Weiß. Seine Beerenfrüchte sind an der Spitze wie kleine Trompeten geformt und verfärben sich mit der Reife dunkellila. Sie schmecken leicht säuerlich.
Wenn eine Pflanze sich so stark vermehrt und ausbreitet, dass sie andere dominiert, spricht man üblicherweise von einem Unkraut. Die Senggani-Büsche sind in dieser Hinsicht sehr erfolgreich, was sie bei Landwirten nicht gerade beliebt macht.
Sie haben jedoch auch sehr nützliche Eigenschaften! Orang-Utans und andere Wildtiere schätzen ihre Blätter, Früchte und Samen als Snack. Und auch in der traditionellen Medizin spielen die Senggani-Büsche eine wichtige Rolle: Sie enthalten viel Flavonoid und haben antioxidative Eigenschaften, die etwa bei Magenbeschwerden und der Wundheilung helfen können.
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Biologen des Max-Planck-Instituts für Verhaltensbiologie, Konstanz und der Universitas Nasional, Indonesien beobachteten einen männlichen Sumatra-Orang-Utan mit einer Gesichtsverletzung dabei, wie er die klaffende Wunde selbst mit einer Heilpflanze behandelte. Aus Pflanzenbrei stellte der Waldmensch ein medizinisch wirksames Pflaster her, mit dem er die Wunde erfolgreich versorgte. Nach wenigen Tagen war die Verletzung abgeheilt.
Minutenlang kaute der Orang-Utan namens Rakus die Blätter einer Kletterpflanze, die üblicherweise nicht auf seinem Speiseplan steht, die aber entzündungshemmende und schmerzlindernde Eigenschaften besitzt. Zunächst bestrich er die offene Wunde immer wieder mit dem beim Kauen ausgetretenen Saft der Pflanze. Zum Schluss bedeckte er die gesamte Verletzung mit dem zerkauten Pflanzenbrei.
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Das Video zeigt den Orang-Utan-Mann Rakus mit der frischen Wunde und im Laufe seiner Behandlung mit der Heilpflanze
„Seit 1994 beobachten wir wilde Sumatra-Orang-Utans am Forschungsstandort Suaq Balimbing, einem geschützten Regenwaldgebiet, das hauptsächlich aus Torfsumpfwald besteht und die Heimat von ca. 150 vom Aussterben bedrohten Sumatra-Orang-Utans ist“, berichtet Isabelle Laumer. „Bei der täglichen Beobachtung der in der Gegend lebenden Orang-Utans fiel uns auf, dass der männliche Orang-Utan Rakus eine Gesichtswunde erlitten hatte, höchstwahrscheinlich während eines Kampfes mit einem benachbarten männlichen Artgenossen.“
Schmerzstillend und fiebersenkend
Drei Tage nach der Verletzung begann Rakus die klaffende Wunde mit dem Saft und Pflanzenbrei der Lianenart Akar Kuning (Fibraurea tinctoria) zu behandeln. „Diese und verwandte Lianenarten sind für ihre schmerzstillende und fiebersenkende Wirkung bekannt und werden in der traditionellen Medizin zur Behandlung verschiedener Krankheiten wie Malaria eingesetzt“, erklärt Laumer. „Analysen pflanzlicher chemischer Verbindungen zeigen das Vorhandensein von Furanoditerpenoiden und Protoberberinalkaloiden, von denen bekannt ist, dass sie antibakterielle, entzündungshemmende, antimykotische, antioxidative und andere biologische Aktivitäten haben, die für die Wundheilung relevant sind.“
Die Beobachtungen Rakus in den folgenden Tagen zeigten keine Anzeichen einer Wundinfektion. Und nach fünf Tagen war die große Fleischwunde bereits geschlossen. „Interessanterweise ruhte Rakus auch mehr als sonst, als er verletzt war. Schlaf wirkt sich positiv auf die Wundheilung aus, da die Freisetzung von Wachstumshormonen, die Proteinsynthese und die Zellteilung im Schlaf gesteigert ist“, berichtet die Wissenschaftlerin.
War das Zufall oder Absicht?
Die Frage ist nun, war das Verhalten des Orang-Utans beabsichtigt oder doch nur reiner Zufall? „Das Verhalten von Rakus schien absichtlich zu sein, da er selektiv seine Gesichtswunde an seinem rechten Backenwulst mit dem Pflanzensaft behandelte und keine anderen Körperteile“, erläutert Isabelle Laumer und ergänzt: „Das Verhalten wurde mehrmals wiederholt, und dabei nicht nur der Pflanzensaft, sondern später auch das zerkaute Pflanzenmaterial aufgetragen, bis die Wunde vollständig bedeckt war und der gesamte Vorgang nahm eine beträchtliche Zeit in Anspruch.“
Für die Forscherinnen und Forscher liefert ihre Studie nicht nur neue Einblicke in das Selbstmedikationsverhalten bei unseren nächsten Verwandten, sondern auch in die evolutionären Ursprünge der Wundmedikation. „Die Behandlung menschlicher Wunden wurde höchstwahrscheinlich erstmals in einem medizinischen Manuskript aus dem Jahr 2200 v. Chr. erwähnt, das das Reinigen, Pflastern und Verbinden von Wunden mit bestimmten Wundpflegemitteln umfasste“, sagt die ebenfalls an der Studie beteiligte Verhaltensbiologin Dr. Caroline Schuppli. „Da Formen der aktiven Wundbehandlung nicht nur beim Menschen, sondern auch bei afrikanischen und asiatischen Menschenaffen vorkommen, ist es möglich, dass es einen gemeinsamen zugrunde liegenden Mechanismus für die Erkennung und Anwendung von Substanzen mit medizinischen oder funktionellen Eigenschaften auf Wunden gibt und dass unser letzter gemeinsamer Vorfahre bereits ähnliche Formen des Wundpflegeverhaltens zeigte.“
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