Menschen verändern sich im Laufe der Zeit. Wir bekommen Falten, werden dicker oder dünner, die Haare werden grauer und der Haaransatz wandert womöglich nach hinten. Hat man sich länger nicht gesehen, erlebt man vielleicht die eine oder andere optische Überraschung. Das kann auch mit Orang-Utans passieren. Vor allem mit männlichen Orang-Utans, die im Erwachsenenalter noch eine recht eindrucksvolle körperliche Veränderung durchmachen können. So, wie Mardianto, der seit gut fünf Jahren wild und frei durch unseren Schutzwald Bukit Batikap streift.
Mardianto war zwei Jahre alt, als er 2005 von einem Team der Naturschutzbehörde BKSDA in Zentral-Kalimantan von einer Ölpalmplantage gerettet wurde. Er kam in unser Rettungszentrum Nyaru Menteng, wo er über viele Jahre den Rehabilitationsprozess in der BOS-Waldschule durchlief, den er 2012 erfolgreich abschloss. Die Walduniversität besuchte er auf der Bangamat Vorauswilderungsinsel, wo man ihn leicht an seiner flachen und breiten Stirn, den kurzen dunklen Haaren und dem markanten Gesicht erkennen konnte.
Nach zehn Jahren der Ausbildung konnten wir Mardianto im August 2015 bei der Hara-Felsformation im Bukit Batikap-Schutzwald in Zentral-Kalimantan ausgewildern. Seitdem gelang es unserem Post-Release-Monitoring (PRM)-Team ziemlich oft, ihn aufzuspüren, so dass wir zahlreiche Verhaltensdaten über sein Leben in seiner neuen Umgebung sammeln konnten. Sogar in unsere Kamerafallen ist er getappt. Und so konnten wir auch feststellen, dass Mardianto optisch eine beeindruckende Verwandlung vollzogen hat.
Ein echter Gigolo
Wir wissen, dass Mardianto es liebt, den Wald zu erkunden und andere Orang-Utans zu treffen – vornehmlich Weibchen. Bei diversen Gelegenheiten im Jahr 2016 wurde er mit Compost, Suta, Zakia und Manggo gesichtet. Im Jahr 2017 wurde er mit Manisha, Manggo, Lesta, Olivia, Zakia und Compost beobachtet. Im Jahr 2018 wurde er mit Manisha, Manggo, Gina, Compost, Nobri und Zakia gesehen.
Wenn Mardianto Zeit mit seinen weiblichen Begleiterinnen verbringt, folgt er ihnen meist auf ihren Streifzügen durch den Wald oder futtert mit ihnen hoch oben in den Baumkronen saftige Triebe und süße Früchte. Er scheint sich dabei nicht an der Anwesenheit unserer Beobachtungsteams zu stören.
Jetzt ist Mardianto 18 Jahre alt und hat einige extreme körperliche Veränderungen durchlaufen. Er ist kein Jungtier mehr, sondern hat sich in ein stattliches dominantes Männchen mit einem breiteren Gesicht verwandelt, dank seiner beeindruckenden, noch immer wachsenden Backenwülste.
Unser Beobachtungsteam hat bemerkt, dass Mardianto sich jetzt auch in Long Calls versucht. Aber da er gerade erst damit anfängt, klingt er noch etwas unbeholfen. Es gelingt ihm noch nicht, sehr laut oder weit zu rufen. Doch Übung macht den Meister. Da er schon seit vielen Jahren im Wald lebt, können wir Mardianto nicht mehr über sein Peilsendersignal orten. Die Batterie war im Jahr 2018 erschöpft. Doch noch immer können wir von Zeit zu Zeit entlang der Flussufer orten, wenn er unterwegs auf Nahrungssuche ist und nach seiner nächsten Gefährtin sucht.
Und, hätten Sie ihn nach all den Jahren wiedererkannt?
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