Die Dayak: nachhaltig aus Tradition
Die Wehea Dayak und Ngaju Dayak sind indigene Volksgruppen, die in Ost- beziehungsweise Zentral-Kalimantan zuhause sind und traditionell im Einklang mit der Natur leben. Dieser nachhaltige Umgang mit der Umwelt wird seit Urzeiten von Generation zu Generation weitergegeben und ist bis in die heutige Zeit fest in ihrer Lebensweise verankert.
So werden in ihren Dörfern noch immer Riten und Rituale praktiziert, die spirituellen Wesenheiten huldigen, welche sich, dem Glauben des Volkes gemäß, in der Natur zeigen: in der Erde, Flora und Fauna.
Im Rahmen verschiedener Programme arbeiten die BOS Foundation und RHOI mit verschiedenen Gemeinden der Dayak in Ost- und Zentral-Kalimantan zusammen. Dabei kommt unser Team immer wieder in Berührung mit ihren überlieferten Traditionen und Praktiken.
Der Wald als heiliger Ort und Reis als Quelle des Lebens
So betreiben die Wehea Dayak etwa Landwirtschaft in einem Zyklus aus Anbau und Ruhezeiten. Nach der Ernte dürfen die Felder einige Jahre lang brach liegen und können sich erholen, ehe sie erneut bestellt werden. Neue Anbauflächen werden durch Brandrodung gewonnen. Dabei gilt der Wald den Wehea Dayak jedoch nicht nur als Ressource. Er ist auch ein heiliger Ort, der durch Rituale geehrt wird, um die Harmonie zwischen Mensch und Land zu erhalten.
Auch der Reis hat für das indigene Volk eine besondere, spirituelle Bedeutung. Für die Wehea Dayak ist er nicht nur Grundnahrungsmittel, sondern gilt als Mittelpunkt und Quelle des Lebens. Unser Team durfte zur Reisernte an einem Ritual teilnehmen, das die Reisgöttin ehrt und ihr für ihre Gaben dankt.
Die Zusammenarbeit mit den Gemeinden hat eine Schlüsselrolle in den Anstrengungen von BOS und RHOI, Orang-Utans zu schützen und den Regenwald als Lebensraum, auch für andere Wildtierarten, zu erhalten. Ziel der Programme ist es, die Gemeinden darin zu unterstützen, ihre traditionelle Lebensweise in die Moderne mitzunehmen.
Rituale zum Schutz vor Mensch-Wildtier-Konflikten
Der schwindende Lebensraum, das Bevölkerungswachstum und die dadurch entstehende Konkurrenz um Ressourcen hat zur Folge, dass die Zahl der Konflikte zwischen Menschen und Wildtieren zunimmt – mit oftmals tödlichem Ausgang für die beteiligten Tiere. Im Rahmen eines Trainings, das die BOS Foundation gemeinsam mit der Naturschutzbehörde BKSDA Zentral-Kalimantans in zwei Dörfern der Ngaju Dayak durchführte, erfuhr unser Team von traditionellen Bräuchen, die solche gewaltsamen Auseinandersetzungen verhindern.
So berichteten die Einwohnerinnen und Einwohner aus Tumbang Mantuhe beispielsweise, dass sie regelmäßig Malaienbären im Wald begegnen. Zu Konflikten führt dies jedoch nicht. Grund dafür sei folgendes Ritual: Wann immer sie im Wald sind, tragen sie die Mittelrippe der Blätter des Betelnussbaumes mit sich, die am Freitag zu Boden gefallen sind. Solange sie dies tun, seien sie vor den Bären geschützt.
Im Rahmen des Trainings wurden ergänzende Schutzmaßnahmen wie etwa das Mitführen einer Lichtquelle oder die Begleitung durch einen Hund erarbeitet. Diese Maßnahmen helfen dabei, es gar nicht erst zu potenziell gefährlichen oder gar tödlichen Begegnungen mit Malaienbären kommen zu lassen. Am Ende des Workshops, an dem 52 Bäuerinnen und Bauern sowie Mitarbeitende von Plantagenfirmen der Holz- und Palmölwirtschaft teilgenommen hatten, gingen sowohl die Dorfbewohner als auch die Projektleitung mit neuen Erkenntnissen auseinander.
Traditionelle Fischteiche für ein nachhaltiges Einkommen
Natürlich beeinträchtigt die Landentwicklung auf Borneo, welche mit der Rodung des Regenwaldes für Straßen, Siedlungen und Plantagen einhergeht, auch die Lebensweise der Dayak, ganz gleich wie abgeschieden ihre Dörfer liegen mögen. Sie beweisen jedoch eine erstaunliche Widerstandfähigkeit, indem sie ihr überliefertes Wissen an die neuen Bedingungen anpassen.
So betreiben die indigenen Gemeinden Landwirtschaft und Jagd nur in einem Umfang, den sie für ihre eigenen Bedürfnisse benötigen. Ein Beispiel hierfür ist die oben beschriebene Nutzung landwirtschaftlicher Flächen. Auch die Jagd erfolgt bis heute mit traditionellen Waffen und Methoden, wodurch die Wehea Dayak nur so viele Tiere erlegen, dass ihr Bestand nicht gefährdet wird.
Die Methode der Ngaju Dayak, Fischteiche in natürlich entstandenen Regenwassertümpeln anzulegen und dadurch die Versorgung der Dorfbewohner mit frischem Fisch zu sichern, wurde nun Teil eines BOS-Projektes in der Region Mawas.
Was wir von der Lebensweise der Dayak lernen können
Traditionell nutzen die Gemeinden Vertiefungen, die während der Trockenzeit durch kleinere Brände entstehen und während der Regenzeit durch den nahen Fluss mit Wasser und Leben gefüllt werden. Während des Projektes machten sich die Gemeinden ihr Wissen zunutze und legten größere Fischteiche von Hand an. Diese dienen nun nicht mehr nur als Vorratskammer für das Dorf selbst. Sie ermöglichen den Projektteilnehmern, mit überzähligen Fischen Handel zu betreiben. Außerdem halten die größeren Teiche auch in der Trockenzeit noch Wasser, das für Gärten und Äcker sowie zum Löschen eventueller Brände genutzt werden kann.
Die Zusammenarbeit der BOS Foundation mit Gemeinden der Dayak macht eines immer wieder deutlich: In Zeiten des Artensterbens und des Klimawandels ist ihre indigene Kultur und ihr überliefertes Wissen um ein Leben im Einklang mit der Natur eine Inspiration für unsere „moderne“ Zivilisation.
Unterstützen Sie uns dabei, die lokalen Gemeinden zu stärken und ihr Wissen zu bewahren: Jeder Beitrag hilft!