Alba: Endspurt für die Insel

Alba: Endspurt für die Insel

Ein klein wenig muss Alba sich noch in Geduld üben, bis sie in den Regen­wald umziehen kann. Wie wir berich­teten, wurde für die Orang-Utan-Dame mit dem weißen Fell eine eigene Insel gebaut. Gemeinsam mit drei Freunden soll sie demnächst dort ihre dauer­hafte Heimat finden. In Frei­heit, aber dennoch geschützt vor Fress­feinden, unge­müt­li­chen Artge­nossen oder gar Wilderern.

Gerade verzö­gern sich die Bauar­beiten. Warum? Jeder einzelne Schritt der Bauphase wird akri­bisch von den Behörden über­wacht. Schließ­lich sollen die Bedin­gungen für Alba auf Dauer perfekt sein. Dazu gehört ein unge­störtes Leben, gleich­zeitig aber auch die Möglich­keit für die BOS-Teams, das Weib­chen und ihre Mitbe­wohner rund um die Uhr über­wa­chen und bei Schwie­rig­keiten wie etwa medi­zi­ni­schen Notfällen oder außer­ge­wöhn­li­chen Wetter­be­din­gungen sofort eingreifen zu können. Darum werden auf der an Albas neues Domizil angren­zenden Insel auch beste Voraus­set­zungen geschaffen. Eine eigene kleine Tier­klinik gehört ebenso dazu wie Beob­ach­tungs­platt­formen für die Obser­vie­rungs­teams oder auch Küche, Wirt­schafts- und Schlaf­ge­bäude für die Mitarbeiter.

Bis Alba auf ihre fünf Hektar große Insel zieht, wird sie wie bislang in ihrer gewohnten Umge­bung im BOS-Schutz­zen­trunm von Nyaru Menteng verbringen und liebe­voll von den Baby­sit­tern betreut.

Alba kommt auf die Insel

Alba kommt auf die Insel

Ihre Rettung war eine Sensa­tion. Nie zuvor hatte man einen Orang-Utan mit Albi­nismus gesehen. Viele Menschen welt­weit waren sofort verzau­bert, von Alba, der weißen Orang-Utan-Dame. Jetzt gibt es endlich Neuig­keiten aus Borneo.

Wir haben schon einige Male über Alba, „unseren“ Albino-Orang-Utan, berichtet. Nun steht fest: In der rich­tigen Wildnis wird das Weib­chen aller Voraus­sicht nach nicht mehr leben können. Dazu ist sie durch ihren Albi­nismus zu anfällig für Augen­schäden und Haut­krebs. Abge­sehen davon wäre sie auch sehr durch Wilderer gefährdet. Doch es ist uns eine Herzens­auf­gabe, Alba das beste nur mögliche Zuhause zu schenken.

Daher planen wir jetzt, der weißen Lady ein fünf Hektar großes Insel-Areal zu erbauen. Dort soll sie mit drei anderen Orang-Utans sicher und fast wie in Frei­heit leben. Der CEO der BOS Foun­da­tion, Dr. Jamartin Sihite sagte dazu: “Unser Plan ist, noch vor Jahres­ende mit dem Bau der Insel zu beginnen. Sobald wir genü­gend Geld gesam­melt haben, beginnen wir mit dem Bau der Insel, möglichst noch in diesem Jahr.”

Liebe Orang-Utan-Fans! Jeder Beitrag hilft, Alba ein schönes Zuhause zu schenken. 
Wir möchten, dass diese beson­dere Orang-Utan-Dame, die schon so viel durch­ma­chen musste, sich unbe­schwert von Ast zu Ast schwingen und ein nahezu freies Leben führen kann.
 

 

Bitte helfen Sie uns dabei und spenden Sie — schenken Sie Alba Freiheit!

 

Post­trau­ma­ti­sche Belas­tungs­stö­rung bei Orang-Utans

Post­trau­ma­ti­sche Belas­tungs­stö­rung bei Orang-Utans

Neben der Behand­lung physi­scher Probleme, spielen für eine erfolg­reiche Reha­bi­li­ta­tion und spätere Auswil­de­rung geret­teter Orang-Utans auch psychi­sche Krank­heits­fak­toren eine entschei­dende Rolle. Zu Erleben, wie die Mutter getötet wurde, ein langes Allein­sein danach im Wald, die Gefan­gen­schaft bei Menschen — all dies kann ein Trauma, also eine tiefe psychi­sche Verlet­zung des Orang-Utans, ausge­löst haben. Und dies kann starke Beein­träch­ti­gungen im Verhalten zur Folge haben.

 

Die Aufre­gung ist groß in der BOS Rettungs­sta­tion Nyaru Menteng. Gerade gab es einen Anruf der Natur­schutz­be­hörde. Ein junger Orang-Utan wird in einem Dorf im Käfig gehalten. Die Polizei ist auch schon vor Ort. Eine Situa­tion, wie sie die Mitar­beiter von BOS schon hundert­fach erlebt haben. Doch diesmal ist der Fall spezi­eller: Der gefun­dene Orang-Utan ist ein Albino. So einen Fall hatte es in der 25-jährigen Geschichte von BOS noch nicht gegeben. Als das Rettungs­team das Tier abholt, ist es in schlechter Verfas­sung. Abge­ma­gert, dehy­driert, Blut­spuren die von einem Kampf zeugen – und mit fünf Jahren sollte das junge Weib­chen eigent­lich noch in der Obhut seiner Mutter durch den Regen­wald streifen. Dass das Tier Schlimmes erlebt haben muss, ist offen­sicht­lich. Alba, wie das Weib­chen inzwi­schen heißt, will bei seiner Ankunft nicht fressen, nicht trinken und zieht sich völlig verängs­tigt in sich selbst zurück. Unseren Tier­ärzten ist klar: Alba ist trau­ma­ti­siert. Nicht nur ihr Körper braucht inten­sive Pflege, auch ihre Psyche.
Denn nicht nur Menschen können nach schreck­li­chen Erleb­nissen psychisch erkranken, auch Orang-Utans und andere Menschen­affen können in solchen Fällen eine Post­trau­ma­ti­sche Belas­tungs­stö­rung entwickeln.

Was bedeutet eine Post­trau­ma­ti­sche Belas­tungs­stö­rung bei Menschen?

Beim Menschen wird diese soge­nannte Post­trau­ma­ti­sche Belas­tungs­stö­rung (PTSD) in der Regel diagnos­ti­ziert, wenn sechs Monate nach einem trau­ma­ti­schen Erlebnis Verhal­tens­auf­fäl­lig­keiten auftreten. 80 Prozent aller Menschen erfahren während ihres Lebens ein trau­ma­ti­sches Erlebnis, jedoch erkranken nur fünf bis neun Prozent der Männer und zehn bis 18 Prozent der Frauen an einer PTSD. Nicht jedes Trauma führt also zu einer PTSD.
Es gibt aber Trau­mata, die eine höhere Präfe­renz für eine PTSD aufweisen als andere: z. B. zeigen 55,5 Prozent derje­nigen, die sexua­li­sierter Gewalt erleben mussten, Symptome einer PTSD, 38,8 Prozent der Menschen, die einen Krieg erlebten und 35,4 Prozent der Kinder, die Miss­hand­lungen oder Vernach­läs­si­gungen in der Kind­heit erleben. Nach einem Trauma, das eine PTSD auslöst, ist das Leben der Pati­enten fortan geprägt von wieder­keh­renden Erin­ne­rungen – im Wach­zu­stand oder im Schlaf — die sich durch Albträume oder bild­hafte Wahr­neh­mungen ausdrü­cken. Dies ist sehr belas­tend für die Menschen. Hinzu kommt meist ein ausge­prägtes Vermei­dungs­ver­halten. Stimuli, die an das Trauma erin­nern könnten, werden aktiv gemieden. Ist diese Vermei­dung nicht möglich, kann es zu soge­nannten Flash­backs kommen. Die Pati­enten bekommen große Angst, gar Panik, wenn sie eine ähnliche Situa­tion nicht vermeiden können. Zusätz­lich beklagen viele Pati­enten eine emotio­nale Taub­heit. Physio­lo­gi­sche Symptome sind Schlaf­stö­rungen, Aggres­si­vität, über­mä­ßige Schreck­haf­tig­keit, erhöhte Wach­sam­keit sowie Störungen der Konzen­tra­tion und des Gedächtnisses.
Der Verlauf einer PTSD kann sehr unter­schied­lich sein. Ein Drittel der Erkrankten berichtet von Symptom­ver­bes­se­rungen inner­halb des ersten Jahres, ein Drittel von Verbes­se­rungen inner­halb von fünf Jahren und ein Drittel leidet tatsäch­lich länger als zehn Jahre stark, ohne nennens­werte Verbes­se­rungen an den Symptomen. Thera­peu­tisch wird versucht die PTSD mit einer kogni­tiven Verhal­tens­the­rapie in den Griff zu bekommen. Dabei sollen fatale Denk­struk­turen, ebenso wie post­trau­ma­ti­sches Verhalten redu­ziert werden, womit ein möglichst beschwer­de­freies Leben ermög­licht werden soll.

Als das BOS-Rettungsteam die kleine Meryl beschlagnahmt ist sie deutlich sichtbar traumatisiert

Auch Orang-Utans können eine Post­trau­ma­ti­sche Belas­tungs­stö­rung entwickeln

2007 wurde das erste Mal wissen­schaft­lich PTSD auch bei Menschen­affen diagnos­ti­ziert. Ein inter­na­tio­nales Forschungs­team konnte empi­risch abge­si­chert zeigen, dass Schim­pansen eine voll­stän­dige PTSD entwi­ckeln können (Brad­shaw et. al, 2007). Der indo­ne­si­sche Tier­arzt Dr. Agus Fahroni, der für BOS auf Borneo arbeitet, stellte im Laufe seiner lang­jäh­rigen Tätig­keit mit Orang-Utans fest, dass auch diese Spezies eine voll ausge­prägte PTSD entwi­ckeln kann. Schließ­lich seien Orang-Utans – wie Menschen auch – Primaten. Daher gäbe es kaum Unter­schiede zwischen den kogni­tiven Prozessen, die an einer Entste­hung der PTSD betei­ligt seien.

Beson­ders anschau­lich kann eine PTSD bei Orang-Utans am Beispiel von Pony beschrieben werden. Sie erlitt ein Schicksal, das sicher­lich als eines der perver­sesten Beispiele mensch­li­cher Grau­sam­keit an einem Orang-Utan gesehen werden muss. Bekannt wurde Ponys Schicksal durch eine Repor­tage des Schau­spie­lers und Umwelt­ak­ti­visten Hannes Jaenicke und durch Berichte von BOS. Ponys Schicksal zog medial sehr viel Aufmerk­sam­keit auf sich, doch sie ist nicht der einzige Orang-Utan, der eine solche Leidens­ge­schichte erleben musste.

Ponys Schicksal

Pony kam 2003 zu BOS, nachdem sie vermut­lich schon seit Jahren in einem Bordell im Dorf Kareng Pangi (Zentral-Kali­mantan) zwangs­pro­sti­tu­iert wurde. Auf Pony aufmerksam wurden die indo­ne­si­sche Natur­schutz­be­hörde BKSDA und BOS bereits 2002, jedoch brauchte es ein Jahr bis Pony aus den Fängen der Bordell-Besit­zerin befreit werden konnte.

Pony, vom Besitzer rasiert und zur Prostitution gezwungen

Pony war damals erst sechs Jahre alt. Über welchen Zeit­raum sie genau immer wieder für die „Bedürf­nisse“ ihrer Freier verge­wal­tigt worden war, konnte bis heute nicht geklärt werden. Die Besit­zerin des Bordells hatte ihr Ringe und Hals­ketten umge­hängt und ihr das komplette Fell geschoren, um sie für Freier mensch­li­cher wirken zu lassen. Die Dorf­be­wohner waren einig auf der Seite der Zuhäl­terin und vertei­digten, teils mit Waffen, das Bordell, um eine Befreiung Ponys zu verhin­dern. Der Haupt­grund für die verzö­gerte Heraus­gabe des Orang-Utan-Weib­chens. Unvor­stellbar, wie sie die ganze Zeit gelitten haben muss. Erst mit 35 bewaff­neten Poli­zisten konnte Pony ihrer Hölle entrissen werden.

Führt man sich vor Augen, dass mehr als die Hälfte aller Menschen, die sexua­li­sierte Gewalt erlebt haben, eine voll­aus­ge­prägte PTSD entwi­ckeln und die Wahr­schein­lich­keit für eine PTSD bei mehr als 25 erlebten Trau­mata annä­hernd 100 Prozent beträgt, ist bei einem gewerb­lich miss­brauchten Orang-Utan die Wahr­schein­lich­keit immens hoch, dass dieser, wie ein Mensch auch, an einer PTSD erkrankt. Diese Wahr­schein­lich­keiten sind aufgrund der gene­ti­schen Nähe von Mensch und Orang-Utan ebenso auf Pony über­tragbar. So zeigen auch trau­ma­ti­sierte Orang-Utans PTSD-typi­sche Verhal­tens­weisen. Oft haben sie eine Scheu gegen­über Menschen, die in der Regel als Trigger-Stimulus für die erlebten Ereig­nisse wirken, d.h. Menschen sind oft Verur­sa­cher jener Trau­mata und eine Konfron­ta­tion mit ihnen löst Flash­backs oder bild­hafte Erin­ne­rungen des Traumas aus. Daher vermied Pony zunächst auch in der BOS-Rettungs­sta­tion den Kontakt mit Menschen und brauchte viel Zeit, sich zu öffnen.

 Sie lebt nun auf einer Vor-Auswilderungsinsel - wie ein wilder Orang-Utan

Ponys Reha­bi­li­ta­tion war ein langer, schwie­riger Weg. Anfangs hielt es niemand für möglich, dass sie sich irgend­wann wieder auch nur annä­hernd wie ein wilder Orang-Utan verhalten könnte. Selbst gegen­über vertrauten Pfle­ge­rinnen konnte sie plötz­lich äußerst aggressiv werden.  Ledig­lich gegen­über Männern zeigte sie rhyth­mi­sche Bewe­gungen, was jedoch viel­mehr auf eine Kondi­tio­nie­rung schließt, durch die sie über­haupt so lange im Bordell über­leben konnte.
Erst 2013, zehn Jahre nach ihrer Rettung, war Pony soweit reha­bi­li­tiert, dass sie auf eine Fluss­insel ziehen konnte, wo sie sich in der letzten Stufe ihrer Ausbil­dung befindet. Inzwi­schen zeigt sie artty­pisch wildes Verhalten, kann eigene Schlaf­nester bauen, sich gegen­über Artge­nossen durch­setzen und ihre Nahrung selbst suchen.

Dr. Fran­siska Sulistyo, die Koor­di­na­torin der Tier­ärzte bei der BOS Foun­da­tion, erin­nert sich auch an zwei andere junge Orang-Utan-Weib­chen, die als Babys zu BOS kamen. Eines wurde verletzt auf einer Palmöl-Plan­tage gefunden, das andere ohne weitere Hinter­grund­in­for­ma­tionen von einem Verwal­tungs­be­amten abge­geben. Nach den Erzäh­lungen von Dr. Sulistyo zeigten sie einige Monate nach ihrer Ankunft im Rettungs­zen­trum stark aggres­sives Verhalten gegen­über Menschen und anderen Orang-Utans. Außerdem fügten sie sich selbst Verlet­zungen zu. Vor allem zeige sich diese Art des post­trau­ma­ti­schen Verhal­tens bei Orang-Utans, die als Babys Trau­mata erlitten, so Dr. Sulistyo.

Harlow´s Affen­ver­suche in den 1950er-Jahren — Erste Evidenzen für eine PTSD?

Neben sexu­eller und körper­li­cher Gewalt scheint vor allem die Tren­nung von der Mutter eine trau­ma­ti­sche Erfah­rung für die Orang-Utans zu sein. Evidenzen für diese Annahme könnten alte psycho­lo­gi­sche Expe­ri­mente aus den 1950er- und 1960er-Jahren des US-ameri­ka­ni­schen Psycho­logen Harry Harlow liefern. Direkt nach der Geburt trennte er Rhesus­affen-Babys von ihren Müttern und teilte sie drei expe­ri­men­tellen Bedin­gungen zu. In der Kontroll­gruppe blieben die Babys bei ihren Müttern. Der ersten Expe­ri­men­tal­gruppe wurde eine Assis­tentin zuge­ordnet, die sie regel­mäßig fütterte. Sonst bestanden für diese Affen­babys keine sozialen Kontakte. In der zweiten Gruppe hatten sie eine Draht­mutter zur Verfü­gung, bei der sie trinken konnten. Die letzte Gruppe hatte eine Draht­mutter sowie eine Hand­tuch­mutter mit einem affen­ähn­li­chen Gesicht. Futter bekamen sie jedoch nur bei der Draht­mutter. Die Ergeb­nisse waren erschre­ckend. Bereits im Säug­lings­alter entwi­ckelten die Babys, die keine sozialen Kontakte bis auf die Fütte­rung durch die Assis­tentin hatten sowie die Babys, die nur eine Draht­mutter hatten, schwere Verhal­tens­stö­rungen. Statt spie­le­ri­schen Verhal­tens zeigten sie vor allem emotio­nale Taub­heit und Apathie. Auch die Babys aus der Bedin­gung mit der Hand­tuch­mutter entwi­ckelten gegen­über der Kontroll­gruppe Auffäl­lig­keiten, jedoch erst im Erwach­se­nen­alter (Harlow, 1966). Diese mitt­ler­weile über 50 Jahre alte Studie zeigt in eindrucks­voller und gleich­zeitig scho­ckie­render Weise, was für drama­ti­sche Folgen die Tren­nung eines Affen­babys von der Mutter mit hoher Wahr­schein­lich­keit hat.

So hilft BOS trau­ma­ti­sierten Orang-Utans

Daher ist es für die Arbeit von BOS von immenser Wich­tig­keit, dass allein aufge­fun­dene Jung­tiere möglichst schnell nach ihrer Rettung soziale Wärme von tatkräf­tigen Pfle­ge­rinnen bekommen, um somit post­trau­ma­ti­sches Verhalten so gut es geht zu verhindern. 

Die Kinder­er­zie­hung ist in der indo­ne­si­schen Kultur immer noch sehr stark von Frauen geprägt, weshalb sich in den BOS-Rettungs­sta­tionen ausschließ­lich Frauen um die Orang-Utan-Babys kümmern. Viel Zunei­gung und Wärme stehen dabei im Zentrum der Aufzucht. Wie bei ihren eigenen Kindern lösen diese Ersatz­mütter mit fort­schrei­tendem Alter ihre Bindung und die Orang-Utans beginnen ein selbst­stän­diges Leben – wie es die Orang-Utan-Mutter auch machen würde. Jedoch fällt nicht jedem Orang-Utan die mensch­liche Nähe am Anfang leicht. Für diese Babys wird ein inten­siver Kontakt mit gleich­alt­rigen Säug­lingen in der Station herge­stellt, sodass sie sich zuerst unter­ein­ander wärmen und mitein­ander kuscheln können. Dies verein­facht Schritt für Schritt die Gewöh­nung an eine mensch­liche Ersatz­mutter. Im Großen und Ganzen handelt es sich also um eine symptom­ori­en­tierte Therapie für die kleinen Menschen­affen, die schon einige Erfolge feiern konnte. „Die Mehr­heit von ihnen ist nach einiger Zeit in der Lage dem Auswil­de­rungs­pro­gramm beizu­treten“, sagt Dr. Agus Fahroni. Und die tolle Nach­richt dabei ist: Einige konnten bereits erfolg­reich in die Frei­heit entlassen werden.

 

Autoren: Jan Mücher / Francis Schachtebeck

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Alba, der weiße Affe

Alba, der weiße Affe

Die Geschichte eines ganz beson­deren Orang-Utans geht um die Welt. Das etwa fünf­jäh­rige Weib­chen wurde erst Ende April von BOS aus ille­galer Gefan­gen­schaft befreit. Zwei Tage musste es dort ausharren. Was aus seiner Mutter wurde, ist nicht bekannt.

Die Kleine zeigt noch deut­lich wildes Verhalten. Mit fünf Jahren sind Orang-Utans noch von ihrer Mutter abhängig, der sie insge­samt bis zu acht Jahre lang durch die Baum­wipfel folgen. Wie so viele seiner Art wird auch dieser junge Orang-Utan Trau­ma­ti­sches durch den Verlust seiner Mutter erlitten haben. Nun wird Alba, wie sie nach einer inter­na­tio­nalen Namens­kam­pagne genannt wird, in der Schutz­sta­tion Nyaru Menteng der BOS Foun­da­tion gesund gepflegt und wieder aufge­päp­pelt. Nach Möglich­keit soll sie bald wieder in der freien Natur leben.

 

Warum kann Alba nicht sofort zurück in den Wald?

Aller­dings liegen die Dinge in diesem Fall etwas kompli­zierter: Dieser Orang-Utan ist ein Albino. Albas Haut, ihrem Fell und ihren Augen fehlt das Farb­pig­ment Melanin. Ein gene­ti­scher Defekt, der auch bei anderen Tieren und auch bei Menschen vorkommt, hat zu dieser sehr selten anzu­tref­fenden Muta­tion geführt. In 25 Jahren Praxis ist dies für die BOS Foun­da­tion der erste Fall eines albi­no­ti­schen Orang-Utans. Dementspre­chend liegen unseren Fach­leuten auch keinerlei Erfah­rungen vor. Auch andern­orts ist über Orang-Utan-Albinos kaum etwas bekannt, so dass die Vete­ri­nä­rinnen und Vete­ri­näre der BOS Foun­da­tion nun unter Hoch­druck inter­na­tional nach Exper­tise suchen.

So hat BOS Deutsch­land zum Beispiel bei Prof. Dr. Barbara Käsmann-Kellner um eine Fern­dia­gnose gebeten. Die Human­me­di­zi­nerin, eine bekannte Kapa­zität für Albi­nismus und Augen­heil­kunde, hat sich sehr dankens­wer­ter­weise umge­hend mit den Vete­ri­nären der BOS Foun­da­tion in Verbin­dung gesetzt. Ihre außer­ge­wöhn­liche Pati­entin ist immerhin so menschen­ähn­lich, dass wahr­schein­lich sogar Seh-Tests an Klein­kin­dern, die noch nicht spre­chen können, als Vorlage dienen können. Sie schrieb: „Ich bin ziem­lich sicher, dass ein Test für kleine Kinder auch bei einem jungen Orang-Utan gut durch­führbar ist und dass man so fest­stellen kann wie gut sie sieht bzw. wie schlimm ihre Sehbe­hin­de­rung ist.“ 

Das junge Weib­chen leidet offenbar unter soge­nanntem okulo­ku­tanen Albi­nismus, also der Spielart, bei der sowohl Augen als auch Haut und Haare vom Mela­nin­mangel betroffen sind. (Die andere Spielart wäre okularer Albi­nismus, der ledig­lich die Augen betrifft.) Zum Glück sind zumin­dest die Augen nicht völlig pigment­frei; sie sind blau und nicht rot wie bei voll­stän­digem Albi­nismus. Der BOS Foun­da­tion stellt sich nun vor allem die Frage, welche Über­le­bens­chancen Alba voraus­sicht­lich haben wird, das heißt ob man sie guten Gewis­sens je wieder wird auswil­dern können. Natür­liche Fress­feinde haben gesunde, erwach­sene Borneo-Orang-Utans so gut wie keine, so dass die bessere Sicht­bar­keit des weißen Fells lang­fristig wohl eher kein Problem darstellt. Aller­dings unter­liegt Alba durch ihre sehr helle Haut unter der Tropen­sonne wahr­schein­lich einem verstärkten Haut­krebs­ri­siko. Dazu kommt die Frage, wie ihre Artge­nossen auf ihre so anders­ar­tige Erschei­nung reagieren. Wird sie dennoch akzep­tiert oder viel­mehr ausge­grenzt oder gar atta­ckiert? Fragen, die in nächster Zeit geklärt werden müssen.

 

Albas Sehfä­hig­keit

Aktuell konzen­trieren sich die Unter­su­chungen aller­dings auf ihre Augen. Bei Albi­nismus sind diese nicht nur sehr licht­emp­find­lich, sondern über­haupt oft in ihrer Sehstärke herab­ge­setzt. Manchmal sind die Sehnerven derge­stalt in Mitlei­den­schaft gezogen, dass das betrof­fene Tier (oder auch der betrof­fene Mensch) die visu­ellen Eindrücke beider Augen nicht richtig ausein­ander halten kann. Auch die Fähig­keit, scharf zu sehen, ist mitunter einge­schränkt. Hinzu kann ein mehr oder weniger ausge­prägter Stra­bismus (Schielen) kommen, der beson­ders das räum­liche Sehen beein­träch­tigt. Orang-Utans orien­tieren sich wie alle Primaten ganz wesent­lich visuell, schließ­lich müssen sie perfekt in den Baum­kronen zurecht­kommen. Die Frage nach dem Sehver­mögen ist daher essen­tiell. Unser junger Albino kann nach den ersten Unter­su­chungen wohl recht gut sehen, aber das muss noch im Einzelnen abge­klärt werden.

In jedem Fall ist Alba, unser neuester Zögling, eine ganz außer­ge­wöhn­liche Botschaf­terin ihrer Art. Nicht umsonst wurde sie so genannt, denn „Alba“ bedeutet auch Sonnen­auf­gang. Ein Hoff­nungs­schimmer sozusagen.

 

Hier sehen Sie das Video zu Albas Namenskampagne

 

Fast fünf Kilo­gramm hat das einzig­ar­tige Orang-Utan-Mädchen seit ihrer Rettung schon zugenommen. 


 

Unser Albino-Orang-Utan in der Presse
 

Deutsch­land (Auswahl):

Spiegel Online: Das ist Alba 

Spiegel Online: Geben Sie dem Affen einen Namen

n.tv: Albino-Orang-Utan hat einen Namen

News RTL 2.de: Albino-Orang-Utan hat jetzt einen Namen

MDR.de: Albino-Orang-Utan heißt nun Alba

green­peace magazin.de: Albino-Orang-Utan heißt Alba

Berliner Zeitung.de: Tausende Vorschläge. Albino-Orang-Utan heißt jetzt Alba

Morgenpost.de: Albino-Orang-Utan auf Borneo hat einen Namen: Alba

Hamburger Abendblatt.de: Primaten-Fans taufen Albino-Orang-Utan auf den Namen Alba

Südkurier.de: Extrem seltener Albino-Orang-Utan hat nun einen Namen

 

Inter­na­tional (Auswahl):

Washington Post: Albino named Alba

Daily­mail: Albino oran­gutan named ‘Alba’ after world­wide appeal

rtlnieuws.nl: Opvang kiest naam voor zeldzame albino orang-oetan

ad.nl: Extreem zeldzame Albino orang-oetan krijgt naam

laRazon.com: La oran­gutana albina de Indo­nesia recibe el nombre de ‘Alba’

rtl.fr: EN IMAGE — Cette femelle orang-outan albinos est une miraculée

Sympatico.ca: Voici Alba, l’orang-outan albinos

origo.hu: Megkapta nevét az albínó orangután

StarTribune.com: Albino-Orang-Utan named Alba after­world­wide Appeal

 

Sagt “Hallo” zu Alba!

Sagt “Hallo” zu Alba!

Nach einem inter­na­tio­nalen Aufruf hat das Orang-Utan-Weib­chen mit Albi­nismus, das Ende April 2017 von BOS befreit wurde, endlich nun einen Namen.

Tausende Vorschläge erreichten uns aus der ganzen Welt. Darunter viele krea­tive Ideen, die auf das Schicksal und Aussehen dieses einzig­ar­tigen Orang-Utan-Weib­chens verwiesen. Viele Namen standen für Liebe, Hoff­nung oder Frieden – eine wert­volle Botschaft, die das Tier mit den blauen Augen in die Welt trägt.

Die wirk­lich schwere Entschei­dung fiel nach gründ­li­cher Über­le­gung schließ­lich auf den Namen ALBA. Die latei­ni­sche Bedeu­tung dieses Namens ist „Weiß“, im Spani­schen steht Alba für „Tages­an­bruch“.

Wir wünschen uns für Alba, dass sie sich weiterhin gut erholt und zu Kräften kommt und mit ihrer Geschichte unzäh­lige Herzen für sich und den Schutz der Orang-Utans gewinnt. Sie schenkt uns Hoff­nung, dass mit ihr als Botschaf­terin eine Zeit anbricht, in der wir Menschen umdenken und erkennen, wie wichtig der Schutz dieses Planeten ist.