Kalimantan ist der indonesische Name für die Insel Borneo, der drittgrößten Insel der Welt nach Grönland und Neuguinea. Kalimantan ist auch Heimat der Borneo-Orang-Utans, die sie sich mit unzähligen anderen Tierarten teilen. Viele von ihnen sind nicht minder bedroht als unsere rothaarigen Verwandten. Wir stellen hier in loser Reihenfolge immer wieder einige dieser faszinierenden Geschöpfe vor.
Der Olivrückenspecht (Chloropicoides rafflesii, ehemals Dinopium rafflesii)
An einem sonnigen Morgen wurde unser Monitoring-Team im Auswilderungswald Kehje Sewen in Ost-Kalimantan von einem Vogelchor begrüßt, der den neuen Tag einläutete. Zwischen den verschiedenen Tönen von Zwitschern, Zirpen und Pfeifen war noch ein ganz anderes Geräusch zu hören, das die Aufmerksamkeit unserer Mitarbeiter auf sich zog und sie veranlasste, sich auf die Suche nach der Quelle zu machen.
„Tuk-tuk-tuk, tuk-tuk-tuk, tuk-tuk-tuk“, ertönte das rhythmische Klopfen. Das Geräusch stammte von einem Olivrückenspecht. Parallel zum Arbeitsbeginn unserer Mitarbeiter begann der Specht mit der Nahrungssuche. Er hackte im Holz, um Termiten, Käfer, Raupen oder Spinnen zu finden, die er verspeisen kann.
Der Künstler bei der Arbeit
Ein schöner Nebeneffekt ist, dass der Olivrückenspecht beim Hacken auf verrottetem oder verwittertem Holz unbeabsichtigt ein schönes Lochmuster erzeugt. Kein Wunder also, dass dieser Specht auch als „Schnitzer der Natur“ bezeichnet wird. Die Aktivitäten des Olivrückenspechts sind sehr interessant zu beobachten, insbesondere die Art und Weise, wie er sorgfältig Stämme auswählt, um darin zu fressen.
Hohe Ansprüche an den Lebensraum
Das Verbreitungsgebiet dieses Vogels ist sehr klein. Er ist nur in Indonesien auf Kalimantan, Sumatra und den beiden Inselgruppen Riau und Bangka-Belitung heimisch. Sein bevorzugter Lebensraum sind unberührte, tropische Primär- und Torfmoorwälder, die selten höher als 1.200 Meter liegen sollten, und Mangroven. Sekundärwälder und Rodungsflächen meidet er.
Aufgrund der Zerstörung seines begrenzten Lebensraums wird der Olivrückenspecht von der IUCN als potenziell gefährdet eingestuft. Genaue Angaben zu seinem Bestand gibt es allerdings nicht. In Kehje Sewen hören unsere PRM-Teams häufiger das Klopfen des Olivrückenspecht. Ein gutes Zeichen für die Qualität unseres Auswilderungswaldes. Zu Gesicht bekommen sie ihn selten. Dafür ist der nicht einmal 30 Zentimeter große Vogel vermutlich einfach zu gut getarnt.
Es sind besondere Augenblicke, wenn unsere Kollegen in den Auswilderungswäldern auf Orang-Utans treffen, denen wir schon vor sehr langer Zeit die Freiheit geschenkt haben. Und die wir viele Jahre nicht zu Gesicht bekamen. Denn immer wieder wissen wir tatsächlich nicht, wie es manchen der Neuen Wilden in ihrer neuen Heimat ergeht. Sie ziehen sich in die Tiefen des dichten Regenwaldes zurück und verstecken sich einfach zu gut vor den Augen unserer Beobachtungs-Teams (PRM). Jetzt traf das Team auf ein Weibchen, das 2014 zuletzt gesehen wurde.
In den Tagen zuvor hatte das Team im Camp Lesik im Auswilderungswald Kehje Sewen in Ost-Kalimantan kaum Regen gesehen. Als die Wolken begannen den Himmel zu bedecken, waren sie ein willkommener Anblick. Denn sogleich sank auch die Temperatur. Eine Wohltat für das PRM-Team, das die Zeit nutzte, um Reparaturen und Wartungsarbeiten im Camp Lesik durchzuführen und gleichzeitig Patrouillen in Richtung Gunung Belah zu unternehmen.
Wer ist die Besucherin?
Es war ein ruhiger Spätnachmittag, als plötzlich ein unerwarteter Besucher in der Nähe von Camp Lesik auftauchte. Zunächst vermutete unser PRM-Team, dass es sich bei diesem Gast um Lesan handelte, ein Orang-Utan-Weibchen, das oft mit seiner kleinen Familie zu Besuch kommt. Doch da täuschten sie sich. Der Orang-Utan, der das Lager dieses Mal besuchte, war Sarmi. Entdeckt wurde das 29 Jahre alte Weibchen, als es von einer Ölpalme in der Umgebung naschte.
Sarmi wurde zuletzt 2014 gesichtet, ein Jahr nach ihrer Auswilderung im nördlichen Teil des Kehje Sewen Waldes. Damals hatte sie eine herzliche Freundschaft mit Berlian, einem 2012 im nördlichen Teil des Kehje Sewen Waldes ausgewilderten Orang-Utan-Weibchen, geschlossen.
Eine Ölpalme in Kehje Sewen
Als sie von unserem PRM-Team beobachtet wurde, zeigte Sarmi keine Aggressionen und schien die Anwesenheit unseres Teams nicht zu bemerken. Alles, was sie wollte, war, ungestört die Früchte der Ölpalme zu verzehren. Die einzige Ölpalme in der Umgebung des Lagers befindet sich an der Hauptstraße, die zum Lager führte. Dieser Baum stand schon vor der Eröffnung des Camps Lesik im Jahr 2014 dort. Einige Orang-Utans, darunter Sarmi, Lesan und ihre Kinder, Sayang und ihre kleine Familie und sogar andere wilde Orang-Utans, besuchen den Baum, um die reifen Ölpalmenfrüchte zu genießen.
Sarmi kam mal kurz auf einen Snack vorbei
Nachdem sie ihren Appetit gestillt hatte, verweilte Sarmi nicht lange. Sie machte sich schnell auf den Weg in das Dickicht hinter ihr, um zum Fluss zu gelangen. Als das Sonnenlicht schwand, verschwand auch Sarmi tiefer und tiefer in der Wildnis des Waldes.
Beschütze mit uns die bedrohten Orang-Utans vor dem Aussterben. Jede Spende hilft.
Kalimantan ist der indonesische Name für die Insel Borneo, der drittgrößten Insel der Welt nach Grönland und Neuguinea. Kalimantan ist auch Heimat der Borneo-Orang-Utans, die sie sich mit unzähligen anderen Tierarten teilen. Viele von ihnen sind nicht minder bedroht als unsere rothaarigen Verwandten. Wir stellen hier in loser Reihenfolge immer wieder einige dieser faszinierenden Geschöpfe vor.
Der Binturong (Artictis Binturong)
Bei einer Patrouille durch den Auswilderungswald Kehje Sewen konnte unser Post-Release Monitoring Team (PRM) vom Camp Lesik zwar keine Orang-Utans entdeckten. Dafür stießen sie auf ein anderes Tier, dass sie nicht sofort identifizieren konnten. Es hatte sich eingerollt, den Kopf tief im Körper verborgen, sodass man sein Gesicht nicht erkennen konnte. Das Team wartete fast eine Stunde darauf, dass sich das Tier bewegte. Endlich drehte sich das Tier so um, dass die Mitarbeiter Fotos vom Gesicht, der Körperlänge und den Pfoten machen konnten und erkannten, dass es sich um ein Binturong (Artictis Binturong) handelt.
Bär oder Katze – was ist der Binturong denn nun?
Binturongs galten lange Zeit als ausschließlich nachtaktiv. Mittlerweile haben Forscher herausgefunden, dass sie manchmal auch am Tag im Regenwald umherstreifen. Der Binturong wird auch Marderbär genannt, gehört aber zur Familie der Schleichkatzen. Dabei tritt er – wie ein Bär und ungewöhnlich für eine Schleichkatze – mit der ganzen Sohle auf dem Boden auf.
Der Marderbär, der eine Schleichkatze ist
Außerdem klettert er sehr gut und nutzt dabei seinen langen muskulösen Schwanz als zusätzlichen Greifarm. Das einzige Raubtier mit einem ähnlich funktionalen Greifschwanz, ist der Wickelbär, der in Süd- und Mittelamerika heimisch ist.
Kinofeeling im Regenwald
Damit hat sich die Liste der außergewöhnlichen Besonderheiten des Binturongs aber noch immer nicht. Denn der Urin der Binturongs duftet nach Popcorn. Noch immer ist es der Forschung nicht endgültig geglückt herauszufinden, wie der Binturong das anstellt. Aber klar ist, dass in seinem Urin derselbe Stoff enthalten ist, der auch Popcorn seinen verführerischen Duft verleiht.
Bedroht, wie seine Regenwaldheimat
Der Binturong ist in Südostasien von Indien bis zu den Inseln Borneo, Sumatra, Java und Palawan heimisch. Er lebt in dichten Wäldern, vor allem in tropischen Regenwäldern. Und ist damit auf Borneo und Sumatra ein Nachbar der Orang-Utans. Er ist ein Allesfresser und ernährt sich von fast allem, was er im Regenwald finden kann, vor allem von Früchten, aber auch von Blättern, Eiern, Vögeln, Fischen und kleinen Nagetieren.
In den letzten 30 Jahren ist der Bestand des Binturongs um mehr als 30 % zurückgegangen. Deshalb wird die Art mittlerweile auf der Roten Liste der IUCN als gefährdet eingestuft. Die großen Gefahren für die Binturongs sind der Verlust seines Lebensraums, die Wilderei und der illegale Wildtierhandel. Denn Binturongs gelten in manchen Gegenden als Delikatesse.
Eine Voraussetzung, um einen Regenwald zu einem Auswilderungswald für Orang-Utans zu machen ist, dass dort nicht bereits eine wilde Orang-Utan-Population lebt. Dennoch kann es immer mal vorkommen, dass wilde Waldmenschen in unsere Auswilderungswälder einwandern. Gerade Männchen, die große Reviere durchstreifen – so wie Suluy.
Der hübsche Orang-Utan-Mann ist uns in Kehje Sewen (Ost-Kalimantan) bereits einige Male als Begleiter von Signe und ihrer Familie begegnet. Jetzt hatte unser Post-Release-Monitoring-Team (PRM) die Chance, Suluy – wie sie ihn genannt haben – auf Solomission unter Beobachtung zu nehmen.
Der wilde Suluy durchstreift Kehje Sewen
Zwei Stunden war das Team bereits auf ihrer routinemäßige Patrouille im Wald unterwegs. Zwar hatten sie Anzeichen von Orang-Utans entdecken können, aber mehr eben auch nicht. Doch dann endlich, nicht weit vom Pfad entfernt, erspähten sie den lang ersehnten Orang-Utan: Suluy.
Die Begegnung mit Suluy, dem wilden Orang-Utan
Er saß bequem in seinem Nest, etwa vier Meter über dem Boden. Unser PRM-Team dokumentierte jede Bewegung, Handlung und den Körperkonditionswert (BCS) von Suluy, der sich als drei herausstellte. Dieser Wert zeigt an, dass sein körperlicher Zustand gut und sein Gewicht ideal ist. Dann machte Suluy sich auf den Weg. Schnell schwang er sich von Baum zu Baum auf der Suche nach Nahrung.
Voller Elan schwingt der Orang-Utan-Mann von Ast zu Ast
Er genoss die Früchte eines Mahang-Baums (Macaranga sp.), knabberte an den Spitzen von Fackel-Ingwer (Etlingera elatior) und schnappte sich junge Blätter von den Spitzen der Äste als Snack.
Auf Nahrungssuche
Ein Abschied im schwindenden Licht
Die Sonne sank, als das PRM-Team Suluy entlang des Haupttransekts folgte. Im schwindenden Licht tauchte Suluy plötzlich im Wald unter und ließ das PRM-Team allein mit den tausenden Insekten, die ihr Abendkonzert sangen. Mit müden Schritten kehrten die Beobachter schließlich ins Camp Nles Mamse zurück und ruhte sich nach einem langen Tag aus. Lebe wohl im Wald, Suluy. Wir freuen uns schon auf ein Wiedersehen!
In einer aktuellen Studie wurden alternative Fortpflanzungsstrategien männlicher Orang-Utans mit und ohne Backenwülste untersucht. Bisherige Beobachtungen basierten hauptsächlich auf Querschnittsanalysen (Momentaufnahmen), aber diese Studie führte erstmals Längsschnittanalysen (Daten wurden an mehr als einem Zeitpunkt erhoben) durch, um Verhaltensänderungen im Laufe der Zeit zu bewerten. Die Ergebnisse liefern neue Erkenntnisse über die Paarungstaktiken dieser faszinierenden Primaten.
Bei vielen sich langsam entwickelnden Säugetierarten erreichen männliche Individuen die Geschlechtsreife lange bevor sie sekundäre Geschlechtsmerkmale entwickeln. Bei männlichen Orang-Utans wurde beobachtet, dass sie außergewöhnlich lange Entwicklungsstopps haben, bevor sie sekundäre Geschlechtsmerkmale wie Backenwülste entwickeln.
Ein erwachsener männlicher Orang-Utan ohne Backenwülste
In der Studie untersuchten die Forschenden die Verbindung zwischen dem Vorhandensein von Backenwülsten und den Fortpflanzungstaktiken der Männchen.
Mach das Beste daraus
Die Ergebnisse bestätigen frühere Studien, die gezeigt haben, dass männliche Orang-Utans ohne Backenwülste eine höhere Geselligkeit mit Weibchen zeigen und eine höhere Paarungsrate haben. Sie versuchen auch häufiger erzwungene Paarungen. Männchen mit Backenwülsten hingegen zeigen eine andere Paarungsstrategie, bei der sie lange Rufe (long calls) ausstoßen und auf Weibchen warten, die sich ihnen nähern. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass Männchen ohne Backenwülste eine “Best-of-a-bad-job”-Paarungsstrategie verfolgen, um einen Konkurrenzkampf mit anderen Männchen zu vermeiden.
Wann ist ein Orang-Utan-Mann ein Orang-Utan-Mann?
Die Entwicklung alternativer Fortpflanzungsstrategien bei männlichen Orang-Utans könnte mit der verzögerten Entwicklung sekundärer Geschlechtsmerkmale im Vergleich zur Geschlechtsreife zusammenhängen.
Orang-Utan-Weibchen bevorzugen starke Männer
Weibchen bevorzugen normalerweise Männchen mit sekundären Geschlechtsmerkmalen, aber bevor die Männchen diese entwickeln, können sie bereits einen gewissen Fortpflanzungserfolg erzielen, indem sie direkte Konflikte mit anderen Männchen vermeiden. Dies schafft eine Nische für die Entwicklung alternativer Fortpflanzungstaktiken.
Unterschiedliche Taktiken
Die Studie liefert wichtige Einblicke in die alternativen Fortpflanzungsstrategien männlicher Orang-Utans mit und ohne Backenwülste. Die Ergebnisse zeigen, dass diese Primaten verschiedene Taktiken anwenden, um ihre Fortpflanzungschancen zu maximieren. Weitere Forschung ist erforderlich, um die ökologischen Determinanten dieser Strategien besser zu verstehen. Die Ergebnisse könnten auch Auswilderungsstrategien und die Reproduktionsdaten von ausgewilderten Orang-Utans beeinflussen.
Übrigens…
Die Studie wurde u.a. mit Daten aus der Forschungseinrichtung Tuanan (Mawas Gebiet) erstellt, die BOS Deutschland gemeinsam mit der BOS Foundation, UNAS und der Rutgers University 2022 saniert und renoviert hat, um einen reibungslosen Forschungsablauf zu garantieren.
Quelle: „Alternative reproductive tactics of unflanged and flanged male orangutans revisited“; Quelle: American Journal of Primatology, Volume 85, Issue 9, 18 Pages, Sept. 2023, Julia A. Kunz et al.