Unser Post-Release Monitoring (PRM) Team ist im Kehje Sewen Wald einer Orang-Utan-Dame begegnet, die sie schon lange nicht mehr gesehen hatten: Der 2013 ausgewilderten Mona. Dabei wurden die Ranger an eine wichtige Verhaltensweise erinnert.
Es war ein sonniger Tag im Kehje Sewen Wald, als unser PRM-Team sich auf eine Patrouille im Emerson Transect begab. Dieser grenzt an den Fluss Lembu und ist gekennzeichnet durch steile Abhänge, Klippen und Schluchten sowie natürlich durch dichten Regenwald. Alles in allem ein anspruchsvolles Terrain für die Patrouille.
Umso erfreuter waren die Ranger, als sie hinter sich das vertraute Geräusch von knackenden Ästen, Blättergeraschel und einem sich schnell bewegenden Körper in den Baumkronen vernahmen.
Eindeutig: In den Baumwipfeln hangelt ein Orang-Utan
Es dauerte nicht lange und die Ranger hatten das Tier entdeckt. Nur dessen Identifikation war nicht ganz so einfach. Das Team an diesem Tag bestand aus relativ jungen Rangern und es handelte sich um ein offensichtlich älteres Tier, das also schon vor einiger Zeit ausgewildert worden sein musste. Damit funktionierte auch der Transmitter, der den Tieren vor der Auswilderung implantiert wird, nicht mehr.
Dem PRM-Team gelang es, den Orang-Utan mehrmals zu fotografieren. Die Fotos wurden nach ihrer Rückkehr ins Camp mit dem umfassenden Album aller bisher ausgewilderten Orang-Utans abgeglichen. Und tatsächlich gab es einen Treffer: Es handelte sich um Mona, ein Weibchen, das bereits 2013 ausgewildert worden war.
Nach zweieinhalb Jahren begegnet unser PRM-Team Mona wieder
Jetzt konnten sie abermals im Monitoringbericht vermerken, dass Mona sich augenscheinlich bester Gesundheit erfreut. Unser Team beobachtete die Orang-Utan-Dame rund zwei Stunden lang. Dabei sahen sie, wie Mona sich durch die Baumwipfel bewegte, dabei geschickt alle vier Gliedmaßen nutzte und immer wieder anhielt, um zu futtern. Mal ein paar grüne Blätter, mal zarte Ingwersprossen. Ein äußerst vielseitiger Speiseplan, was definitiv ein gutes Zeichen ist.
Ein seltener Moment: Orang-Utans halten sich fast nie auf dem Waldboden auf
Alles war gut, bis Mona sich plötzlich entschloss, die Menschen, die ihr die ganze Zeit folgten, etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Üblicherweise halten sich Orang-Utans von Menschen fern und auch Mona zeigte bei den letzten Begegnungen mit unserem PRM-Team ein solches wildes Verhalten. Es kommt auch vor, dass ein Orang-Utan, dem ein Mensch zu nahekommt, sein Missfallen sehr laut und deutlich zum Ausdruck bringt: Dann rüttelt er kräftig an Ästen oder macht laute Quietsch- und Kussgeräusche. In Orang-Utan-Sprache heißt das: Verschwinde! Aber sofort!
Vorsichtiger Rückzug
Mona tat diesmal nichts dergleichen. Stattdessen näherte sie sich den BOS-Rangern und eine solche nahe Begegnung ist keinesfalls erwünscht. Nicht zuletzt, weil wir Menschen Krankheiten übertragen können. Unser Team bemühte sich Abstand zu halten, um das Orang-Utan-Weibchen weiter beobachten zu können. Denn diese Daten sind wichtig für das Post-Release Monitoring und für unser Auswilderungsprogramm. Nach zwei Stunden jedoch verlangte es die Situation, dass die Ranger sich aus Monas Nähe entfernen mussten. Und zwar so, dass das Tier ihnen nicht folgen konnte. Eine ziemliche Herausforderung in dem schwierigen Terrain. Zumal Orang-Utans weit oben in den Baumwipfeln einen klaren Vorteil haben.
Auf einem schmalen Pfad, der sich zwischen einer Klippe und einer Schlucht entlang windet, gelang es den Rangern jedoch, Mona hinter sich zu lassen. Vielleicht hatte sie auch einfach die Lust am Spiel verloren und wollte sich lieber einem interessanten Futterbaum widmen. Fest steht, dass unser Team an diesem Tag schnelle Reaktionsfähigkeit und Improvisationstalent bewiesen hat. Und dabei an eine ganz wichtige Lektion erinnert wurde: Halte lieber etwas zu viel Abstand bei der Beobachtung wilder Tiere und Orang-Utans.
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Die Auswilderung eines Orang-Utans markiert für uns den Höhepunkt einer langen Rehabilitation. Im Fall von Runtu dauerte diese ganze 18 Jahre, denn die Orang-Utan-Dame hatte ihre Kindheit und Jugend in einem thailändischen Vergnügungspark verbracht. Sie war bereits fünfeinhalb Jahre alt, als sie aus diesem unwürdigen Leben befreit und in das BOS-Rettungszentrum Nyaru Menteng gebracht werden konnte.
Doch Runtu kämpfte sich Waldschullektion um Waldschullektion zurück ins Leben eines wilden Orang-Utans und bewies ihre Fähigkeiten auf der Vorauswilderungsinsel Salat Island.
Der große Moment ist da: Runtus Käfigtür öffnet sich
In einem Hollywood-Film wäre die Auswilderung das Happy End
Bei Runtu ist dies tatsächlich erst der Anfang einer wunderbaren Geschichte. Nach einer Auswilderung bleibt das Post-Release Monitoring (PRM) Team von BOS stets noch einige Wochen am Ort und beobachtet, wie die neuen Wilden sich in ihrem neuen Lebensraum zurechtfinden. Diese genaue Dokumentation des Verhaltens ist nicht nur wichtig, damit wir uns sicher sein können, dass es den rehabilitierten Orang-Utans gut geht. Die Erkenntnisse helfen uns auch dabei, unsere Arbeit stets weiter zu verbessern.
Feldforschung: Unser Post-Release Monitoring-Team nach der Auswilderung
Runtu zeigte sich zunächst unentschlossen, nachdem sie ihren Transportkäfig verlassen hatte. Kurz kehrte sie zum Käfig und den dort wartenden Menschen zurück, zeigte dabei jedoch keine Aggressivität. Es schien fast, als wolle sie sich verabschieden und bedanken, ehe sie einen Baum hinaufkletterte, weit nach oben in die Wipfel. Das ist eine Angewohnheit, die unser Team schon von der Vorauswilderungsinsel kennt: Runtu hält sich am liebsten ganz oben, sozusagen im Penthouse des Regenwaldes, auf.
Orang-Utan-Männchen Happy beglückt Runtu
Dort fand sie kurze Zeit später Happy, ein 16-jähriges Orang-Utan-Männchen, der ebenfalls gerade den Auswilderungskäfig verlassen hatte. Die beiden kamen sich schnell näher, wurden bald beim Kopulieren beobachtet. Ein solches Verhalten ist ziemlich häufig unmittelbar nach der Auswilderung. Es scheint, als helfe es den Tieren, nach all der Aufregung und der langen Reise vom Rettungszentrum in den Auswilderungswald, Stress abzubauen.
In den nächsten Tagen folgte unser PRM-Team Runtu tiefer in den Wald hinein. Runtu hangelte sich weit oben durch die Baumwipfel und erkundete ihre neue Heimat mit sichtlichem Interesse und großer Mobilität, ohne Angst zu zeigen. Dabei bewegte sie sich kraftvoll durch das anspruchsvolle Terrain — der Bukit Baka Bukit Raya Nationalpark erstreckt sich über einen Teil des Schwanergebirges und ist durchzogen von Wasserläufen – und bewies ihre Anpassungsfähigkeit an den neuen Lebensraum.
Queen of the Jungle: Runtu beim Hangeln in den Baumwipfeln des Bukit Baka Bukit Raya Nationalparks
Immer wieder wurde sie bei der Nahrungsaufnahme beobachtet, dabei sammelte die Orang-Utan-Dame ganz unterschiedliche Früchte, Blätter und andere Leckerbissen und bewies auch dadurch ihre Fähigkeit, sich in Freiheit bestens zurecht zu finden. Unser Team folgte Runtu auf bis zu 1.500 Meter Höhe und verlor sie zwischenzeitlich sogar aus den Augen, weil sie mit dem Tempo des Orang-Utans nicht Schritt halten konnten.
Runtu ist endlich zuhause, zurück im Regenwald
Einige Tage nach der Auswilderung kreuzten sich die Wege von Runtu und Happy erneut. Und eigentlich kann das im weitläufigen Nationalpark kein Zufall gewesen sein. Die beiden gingen abermals sehr freundlich miteinander um und unser PRM-Team konnte sie dabei beobachten, wie sie sich am Abend Schlafnester nebeneinander bauten und wieder kopulierten.
Die Schlafnester von Runtu und Happy. Seite an Seite. Herz an Herz
Unser Team ist vorsichtig optimistisch, dass Runtu nach den mehrfachen Begegnungen Nachwuchs erwarten könnte.
Runtu ist nach 18 Jahren Rehabilitation endlich angekommen
Wir wünschen Dir ein wunderbares Leben in Freiheit, Runtu! Du hast uns bewiesen, wie stark und resilient Orang-Utans sind und wie wirkungsvoll unser Rehabilitationsprogramm ist. Dass Du nach Deinem traumatischen Start ins Leben nicht aufgegeben hast, sondern heute als freier, wilder Orang-Utan im geschützten Regenwald leben kannst, grenzt an ein Wunder. Und wer weiß, vielleicht schenkst Du der Welt bald ein zweites, kleines Wunder?
Bitte unterstützen Sie unsere Arbeit zum Schutz der letzten ihrer Art: Jede Spende hilft und kommt den Orang-Utans zugute!
Wenn wir Orang-Utans in geschützten Regenwäldern auswildern, dann haben wir vor allem einen Wunsch: Dass sich die rehabilitierten Tiere in ihrem neuen Lebensraum so sicher und wohlfühlen und hier langfristig eine neue Population entsteht. Darum ist jedes wildgeborene Baby für uns der schönste Beweis dafür, dass unsere Arbeit erfolgreich ist. So wie bei Orang-Utan-Weibchen Hilda und ihrem Spross Hiran – auch wenn diese Geschichte einen dunklen Schatten aufweist.
Hilda wurde im Dezember 2019 im Nationalpark Bukit Baka Bukit Raya im Gebiet des Hiran-Flusses ausgewildert. Gemeinsam mit ihrer Tochter Hadijah, die im April 2018 auf der Vorauswilderungsinsel Palas Island geboren wurde.
Hilda und ihre Tochter Hadijah kurz vor ihrer Auswilderung 2019Im Dezember 2019 beginnt für Hilda und Hadijah das wilde Leben im Nationalpark Bukit Baka Bukit Raya
Irgendwann verlor unser Post-Release-Monitoring Team (PRM) Hilda und ihre Tochter nach der Auswilderung aus den Augen. Sie waren im dichten Regenwald des Nationalparks abgetaucht.
Erst im Jahr 2022 traf ein PRM-Team wieder auf Hilda. Allerdings nicht mit Tochter Hadijah an ihrer Seite. Dafür klammerte sich ein neues Baby in ihrem Fell fest. Wir nannten es Hiran, nach dem Waldgebiet, in dem es zur Welt kam. Was aus Hildas Tochter Hadijah wurde? Das wissen wir leider nicht mit Bestimmtheit, denn der Dschungel birgt viele Gefahren für einen so jungen Orang-Utan. Womöglich war der Schritt in die Wildnis ein zu großer für das Orang-Utan-Kind. Vielleicht wurde es krank oder verletzte sich?
Hiran, das Dschungelkind
So traurig wir darüber sind, das Hadijah verschwunden ist, so sehr freuen wir uns über Hildas zweites Baby. Der kleine Hiran ist ein echtes Dschungelkind! Bei der ersten Begegnung 2022 war Hiran erst wenige Monate alt und noch vollkommen von seiner Mutter Hilda abhängig. Als das PRM-Team kürzlich in einem Bambuswaldgebiet auf Hilda (19) und Hiran traf, schätzten die erfahrenen Beobachter den kleinen Orang-Utan auf ein Alter von zwei bis drei Jahren.
Hilda und Baby Hiran im Regenwald von Bukit Baka Bukit Raya
Noch immer hält er sich nah an seiner Mutter. Ganz entspannt genossen Mutter und Kind zarte Bambussprossen und Blätter.
Im Bambuswald des Nationalparks……traf unser PRM-Team auf Mutter und Kind
Insgesamt sieben bis acht Jahre werden Hilda und Hiran zusammen verbringen. Dabei wird Hiran seine Mutter aufmerksam beobachten und immer wieder nachahmen. So erlernt er alle grundlegenden Überlebensfähigkeiten für den Regenwald. Neben der Nahrungssuche lernt der Nachwuchs von seiner Mutter wie man Schlafnester baut, sicher klettert und hangelt und dabei den Wald erkundet.
Bei aller Trauer um Baby Hadijah, sind wir doch vor allem stolz auf Hilda und glücklich über Hiran. Hilda, die wir 2007 als Baby von einer Palmölplantage gerettet haben, hat ihren Weg mit allen Höhen und Tiefen so gut gemeistert. Und wir sind uns sicher, dass sie Hiran eine wunderbare Mutter sein wird.
Der kleine Hiran
Wir wünschen Hilda und Hiran weiterhin viel Glück und alles Gute und hoffen, den beiden bald wieder zu begegnen.
Mit Ihrer Spende können Sie unsere Arbeit für die Orang-Utans und ihren Lebensraum unterstützen.
Am 10. November 2024 war für sechs Orang-Utans der große Tag gekommen, an dem wir ihnen nach Jahren der Rehabilitation die Freiheit im geschützten Regenwald schenken konnten. Die Weibchen Jengyos (9), Meryl (10) und Runtu (23) und die Männchen Blegi (12), Happy (16) und Bejo (17) leben jetzt im Nationalpark Bukit Baka Bukit Raya endlich das wilde Leben, für das sie bestimmt sind. Besonders glücklich macht uns die Auswilderung von Runtu, die wir vor 18 Jahren aus einem thailändischen Vergnügungspark retten konnten.
Los ging das Abenteuer Freiheit im BOS-Rettungszentrum Nyaru Menteng, wo wir die sechs Primaten in den vergangenen Jahren auf ihr selbstständiges Leben in der Wildnis intensiv vorbereitet hatten. Nach letzten medizinischen Checks durch unsere Veterinäre, bezogen die „Neuen Wilden“ ihre Transportboxen. Dann setzte sich der Konvoi aus Geländewagen mit seiner wertvollen Fracht in Bewegung. Das Ziel: Der Nationalpark Bukit Baka Bukit Raya in Zentral-Kalimantan.
Leicht sediert werden die Auswilderungskandidaten noch einmal durchgechecktUnser Tierärzte-Team arbeitet unter HochdruckGut gesichert werden die Transportboxen mit den Orang-Utans auf die Geländewagen geladenUnd los geht die Reise ins Abenteuer Freiheit
Damit die Tiere die anstrengende Reise wohlbehalten überstehen, legte unser Team alle zwei Stunden eine Pause ein. Dabei checkten sie den Gesundheitszustand der Orang-Utans, versorgten sie mit frischem Wasser und nahrhaften Früchten. Denn schließlich sollten die sechs Waldmenschen möglichst stressfrei reisen und voller Energie in ihr neues Leben starten.
Flussfahrt zum Ort der Auswilderung
Mitten in der Nacht – um 2:30 Uhr – erreichte der Konvoi die Fährstation im Dorf Tumbang Hiran. Hier legte das Team eine kurze Pause ein, ehe die Reise auf dem Fluss fortgesetzt wurde. Um 6:00 Uhr verlud das Team die Transportkäfige auf Klotoks (motorisierte Boote), auf denen sie – gut gesichert mit überdimensionalen „Schwimmwesten“ – über den Hiran-Fluss den Auswilderungspunkten entgegen schipperten.
Am Fährhafen werden die Transportboxen auf Boote verladenSechs Stunden dauert die Reise auf dem Fluss bis tief in den RegenwaldEin neugieriger Blick in die neue Heimat
Auch während der sechsstündigen Flussfahrt behielt das Team die Orang-Utans natürlich stets im Blick und versorgte sie immer wieder mit Wasser und Leckereien. Mit wachsendem Interesse, jedoch ruhig und gelassen, beobachteten die sechs Waldmenschen den vorüberziehenden Regenwald aus ihren Transportboxen heraus, während sie der Freiheit immer näherkamen.
Klappe auf, Affen raus
Schließlich war der große Moment gekommen! Jengyos und Bejo waren die ersten – nicht nur bei dieser Auswilderung, sondern in diesem Jahr – die in ihr freies Leben starten durften. Beide Orang-Utans begannen direkt neugierig den Wald zu erkunden. Wie ausgelassene Kinder, die nach einem langen Schultag endlich draußen toben dürfen, spielten und rangen sie am Boden. Schließlich begaben sie sich erfolgreich auf die Suche nach ihrem ersten richtigen Dschungelmahl. Und als der Regen einsetzte, bauten sie sich unter dem schützenden Laubdach der Baumwipfel ihre Schlafnester. Als nächste waren Meryl und Blegi an der Reihe. Die beiden starteten etwas ruhiger in ihr neues Leben. Doch nach anfänglicher Zurückhaltung begannen sie umso intensiver die neue Freiheit zu feiern. Wobei Blegi zunächst vor allem Augen für Meryl hatte. Unsere ehemalige Musterschülerin Meryl hingegen fokussierte sich, nach einem Intermezzo mit Blegi, schnell wieder voll und ganz auf ihre neue Heimat, bewegte sich entspannt durch die Bäume und genoss junge Blätter. Ihre Schlafnester bauten die beiden später etwa 150 Meter vom Fluss entfernt.
Love is in the air: Wurde hier ein Orang-Utan-Baby gezeugt?
Runtu und Happy waren die letzten, deren Transportboxen geöffnet wurden. Happy zeigte sofort ein aktives Verhalten, schloss sich Runtu an, und die beiden kopulierten. Später konnte unser Team die beiden dabei beobachten, wie sie Harz von Baumstämmen kauten – ein Zeichen ihrer natürlichen Anpassungsfähigkeiten. Im Laufe des Tages stieß Runtu mehrere Grunzlaute aus, um ihre Anwesenheit in der neuen Umgebung zu markieren. Beide Orang-Utans genossen ihre neu gewonnene Freiheit und zeigten ihre Fähigkeiten, sich im Wald zurechtzufinden, die sie bei BOS in der Waldschule und auf den Vorauswilderungsinseln gelernt hatten.
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Für die 23-jährige Runtu freut uns die Auswilderung ganz besonders. Sie wurde als Baby Opfer des illegalen Wildtierhandels und von Borneo in einen thailändischen Vergnügungspark verschleppt. Runtus Kindheit war Qual, Dressur und Shows, statt ins Fell ihrer Mutter gekuschelt die Baumwipfel des Regenwaldes von Borneo zu durchstreifen. Gemeinsam mit 47 weiteren Orang-Utans wurde sie aus diesem unwürdigen Leben befreit. Denn glücklicherweise konnte nachgewiesen werden, dass die Primaten von der Insel Borneo stammten. Trotzdem zog sich der diplomatische Marathon über drei Jahre hin, ehe Runtu und ihre Artgenossen von BOS und dem WFFT in Zusammenarbeit mit der indonesischen Regierung zurück in ihre Heimat gebracht werden konnten. Am 22. November 2006 landeten die 48 Tiere in einer Militärmaschine der indonesischen Navy in Jakarta.
Große Freude, als die 48 geretteten Orang-Utans 2006 aus Thailand zurück nach Indonesien geholt werden konnten
Zu diesem Zeitpunkt war Runtu bereits fünfeinhalb Jahre alt. Sie war traumatisiert, ihr Sozialverhalten vermenschlicht. Das BOS-Team in Nyaru Menteng hatte große Zweifel, ob sie die Rehabilitation schaffen kann. Aber Runtu gelang das Unglaubliche: Obwohl sie deutlich älter war als ihre Mitschüler in der Waldschule und auch länger brauchte, um alle Lektionen zu lernen, kämpfte sie sich zurück in das Leben, für das sie einst geboren wurde. Jetzt, fast genau 18 Jahre nach ihrer Rückkehr aus Thailand, darf sie endlich in Freiheit leben. Vielleicht wird sie dort bald selbst Mutter. Dann jedoch tief im geschützten Regenwald des Nationalparks, fern von uns Menschen. So wie es sein sollte.
Unsere Ranger haben die Orang-Utans weiterhin im Blick
Jetzt leben sich Runtu, Meryl, Blegi, Jengyos, Happy und Bejo erstmal in ihrem neuen Zuhause ein – immer im Blick unserer Post-Release-Monitoring-Teams. Gerade in den ersten Wochen folgen sie den neuen Regenwaldbewohnern auf Schritt und Tritt, um sicherzugehen, dass sie sich gut einleben und gesundheitlich fit bleiben. Wir drücken den sechs Orang-Utans die Daumen und freuen uns über weitere Neuigkeiten aus dem Regenwald.
Ausgewachsene Orang-Utan-Männchen mit ihren breiten Backenwülsten sind äußerst imposant. Aber nicht jeder männliche Orang-Utan durchläuft diese körperliche Entwicklung. Mardianto, den wir 2015 im Alter von damals 13 Jahren im Schutzwald Bukit Batikap (Zentral-Kalimantan) ausgewildert haben, gehört zu diesen sogenannten dominanten Männchen. Und wir hatten das Glück, seine Entwicklung miterleben zu dürfen.
Es ist, als wolle Mardianto uns stolz präsentieren, was für ein prachtvoller Orang-Utan-Kerl aus ihm geworden ist. Denn mindestens einmal im Jahr kreuzte unser Post-Release-Monitoring Team (PRM) im Regenwald seinen Weg und hatte so die Möglichkeit, seine erstaunliche körperliche Entwicklung zu dokumentieren.
Zum Zeitpunkt seiner Auswilderung war noch nicht abzusehen, welchen Weg Mardianto vor sich haben würde. Doch mit der Zeit wurden wir Zeuge, wie sich vor allem die Morphologie seines Gesichts durch das Wachstum der Backenwülste veränderte. Meist beginnt das Wachstum der Backenwülste ab einem Alter von zehn Jahren oder später. Allerdings bekommen nicht alle männlichen Orang-Utans diese Wülste. Sie treten nur bei dominanten Männchen auf.
Das Geheimnis der Backenwülste
Noch hat die Forschung nicht alle Geheimnisse hinter den Backenwülsten aufgedeckt. Doch es wird vermutet, dass sich diese sekundären Geschlechtsmerkmale nur dann entwickeln, wenn im Revier kein weiterer dominanter Orang-Utan-Mann herrscht. Männchen mit kleineren oder noch in der Entwicklung befindlichen Backenwülsten sind sozialer als Männchen mit größeren Wülsten. Männchen mit großen, voll entwickelten Backenwülsten ziehen es in der Regel vor, allein zu leben und ihr Territorium zu beherrschen, während Männchen mit noch wachsenden Backenwülsten mehr Zeit damit verbringen, mit Weibchen zu interagieren.
Ein ausgewachsenes dominantes Orang-Utan-Männchen
Das Wachstum der Backenwülste bei männlichen Orang-Utans kann auch die Vergrößerung ihres Kehlsacks begünstigen. Damit können sie die sogenannten „Long Calls“ besser ausstoßen, die oft kilometerweit zu hören sind und die die Weibchen anlocken.
Wenn die Backenwülste des dominanten Männchens ausgewachsen sind, verändern sich auch andere morphologische Merkmale im Gesicht, wie z. B. eine dunklere Haut um Augen, Augenlider und Mund sowie ein dichterer Bart und Schnurrbart. Das Wachstum der Backenwülste bei männlichen Orang-Utans kann verzögert oder gestoppt werden, wenn die Anwesenheit anderer dominanter Männchen einen intrasexuellen Wettbewerb auslöst. Männliche Orang-Utans, denen in freier Wildbahn Backenwülste wachsen, gelten als Sieger im intrasexuellen Wettbewerb und zeigen reproduktiven Erfolg bei der Anwerbung von Weibchen.
Mardiantos Metamorphose
2019 hatte ein PRM-Team Mardianto auf einem Baum in der Nähe des Flussufers entdeckt. Damals begann sich sein Gesicht ein wenig zu verändern. Die Haut wurde dunkler, sein Bart war dichter und eine kleine Verbreiterung an der Spitze seiner Wangen ist erkennbar.
Mardianto 2019……und 2020
Im darauffolgenden Jahr – 2020 – trafen wir Mardianto wieder, als er sich auf einem üppigen Baum ausruhte. Wir waren sehr überrascht, wie stark er sich verändert hatte. Seine Backenwülste waren deutlich breiter geworden.
2021
Ein weiteres Jahr später sind ist Mardiantos Gesicht durch die Backenwülste schon stark verändert. Auch sein Kehlsack beginnt zu wachsen. Insgesamt macht er schon einen deutlich imposanteren Eindruck als zwei Jahre zuvor, als wir ihn beim Klettern im Regenwald in Augenschein nehmen konnten.
Wie ein Waldkönig auf seinem Thron: Mardianto im Jahr 2022
2022 konnte das PRM-Team Mardianto bei verschiedenen Gelegenheiten im Schutzwald Bukit Batikap antreffen. Auf Nahrungssuche in der Nähe des Flusses, beim Wassertrinken oder beim Spaziergang durch sein Revier. Ihn auf einem umgestürzten Baum sitzend zu sehen, war, als würde er wie ein Waldkönig sein Hoheitsgebiet kontrollieren. Es war erstaunlich, die morphologischen Veränderungen in Mardiantos Gesicht zu sehen. Aber nicht nur sein Gesicht, sondern auch sein Körper wurde größer und sein Haar dichter.
Breite Schultern, breites Gesicht: Mardianto 2023Auch ein König muss sich manchmal ausruhen: Mardianto 2024
Doch wie gelingt es unseren PRM-Teams, ein Tier zu identifizieren, wenn es sich körperlich und im Gesicht so sehr verändert, wie Mardianto? Für unsere Experten im Regenwald ist das nur selten ein Problem. Denn jeder Orang-Utan hat bestimmte Merkmale, nach denen die PRM-Teams Ausschau halten. Bei Mardianto zum Beispiel ist es ein besonderes Merkmal auf seinem Rücken. Damit war es für das Team ein Leichtes, den sich verändernden Orang-Utan-Mann dennoch immer eindeutig zu erkennen.
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