Unsere Arbeit als Artenschutzorganisation für Orang-Utans endet nicht mit der erfolgreichen Auswilderung eines Tieres. Auch danach beobachten wir die „neuen Wilden“. Dabei sammeln wir auch Daten über das Verhalten rehabilitierter, ausgewilderter Orang-Utans, um daraus für unsere künftige Arbeit zu lernen. Es ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die den BOS-Rangern zukommt. Gerade erst wurde das Team im Auswilderungswald Kehje Sewen wieder methodisch fortgebildet.
Die sogenannte direkte Beobachtervergleichsbewertung (Interobserver) ist eine etablierte Methode für die Erforschung und Beobachtung von Wildtieren. Bei dieser Methode beobachten mehrere Personen zur gleichen Zeit das gleiche Forschungsobjekt – in unserem Fall den Orang-Utan – und sammeln und notieren die gewonnenen Daten. So wird sichergestellt, dass die Daten der Beobachtung konsistent und vergleichbar sind. Das ist insbesondere dann wichtig, wenn sich die Bewertungsstandards oder Datenvariablen ändern oder aktualisiert werden müssen.
Im August 2024 wurden unsere Post-Release Monitoring (PRM) Teams in der Methode der direkten Beobachtervergleichsbewertung geschult. Zunächst fand eine erste Sozialisierung der Ethogrammänderungen statt. Anschließend wurden Schulungs- und Beobachtungssitzungen durchgeführt, um sicherzustellen, dass das gesamte Team die neue Methode versteht und korrekt anwenden kann.
Orang-Utan gesichtet! Schnell die Stifte zücken und ganz genau beobachten
Die Beobachtungen wurden in zwei Formaten durchgeführt: mit Videoaufzeichnungen und direkten Beobachtungen vor Ort. Letzteres stellt oft eine Herausforderung dar, weil sich nie vorhersagen lässt, wann das Team auf seinen Patrouillen einen der ausgewilderten Orang-Utans im weitläufigen Kehje Sewen antrifft und wie lange sich dieser beobachten lässt.
Orang-Utan-Forschung mit vollem Körpereinsatz im Kehje Sewen Wald
Wenn es gelingt, dann kann ein Beobachtungstag zum Beispiel so aussehen: Es ist früh am Morgen im Camp Nles Mamse, die Sonne ist noch nicht über den Horizont geklettert. Drei Teammitglieder – Rasya, Rangga und Nabillah – brechen auf zu ihrer Beobachtungspatrouille durch den Kehje Sewen Wald in Ost-Kalimantan. Sie haben Glück: Kurz darauf begegnet ihnen ein Orang-Utan.
Es ist Bungaran, bekannt dafür, dass er sehr aktiv und agil ist. Bungaran ist der inzwischen neunjährige Sohn von Signe, die wir 2016 gemeinsam ausgewildert haben. Damals war Bungaran noch ein Säugling. Heute ist er ein junger Orang-Utan-Mann, der sich von seiner Mutter abgenabelt hat und gerade anfängt, den Wald allein zu durchstreifen. Ein sehr spannendes Forschungsobjekt also, das uns viele wertvolle Erkenntnisse liefert.
Die Beobachter haben Bungaran im Wad entdecktJetzt muss das Team so schnell laufen, dass sogar das Bild verwackelt ist
Das PRM-Team heftet sich also an diesem Tag an Bungaran, der sich in seinem typisch flotten Tempo durch die Baumwipfel bewegt. Rasya, Rangga und Nabillah gelingt es, auf den unwegsamen Pfaden durch den dichten Regenwald Schritt zu halten. Selbst dann noch, als sie einen Fluss überqueren müssen. Und die ganze Zeit über notieren sie akribisch ihre Beobachtungen.
Dauerlauf durch dichte Vegetation – und dabei Notizen machen
Auf welchen Bäumen macht Bungaran für wie lange Rast? Welche Früchte, Blätter, Sprossen frisst er? Auf welche Weise bewegt er sich durch die Baumwipfel? Was tut er noch? Welche anderen Tiere kommen in seine Nähe? Es gibt sehr viel zu notieren, während das dreiköpfige PRM-Team sich müht, den Orang-Utan im unwegsamen und dicht bewachsenen Gelände im Blick zu behalten.
Volle zwei Stunden lang kann das Team Bungaran beobachten und wertvolle Daten sammeln, ehe sie ihn tatsächlich aus den Augen verlieren. Es ist ein sehr erfolgreicher Tag für die BOS-Ranger. Und ein weiterer Schritt nach vorne bei der Erforschung des vom Aussterben bedrohten Orang-Utans und der Wirksamkeit unserer Rettungs- und Schutzmaßnahmen.
Sie möchten BOS bei dieser wichtigen Arbeit unterstützen? Jede Spende hilft!
Wenn wir uns erinnern, wie Topan im Oktober 2017 zu uns kam, dann können wir kaum glauben, wie großartig sich diese Orang-Utan-Waise entwickelt hat. Damals war sie ein kleines Häuflein Elend aus Haut und Knochen, das ängstlich fiepte und weinte. Und jetzt: Ein selbstbewusstes junges Orang-Utan-Weibchen, dass es mit erst acht Jahren geschafft hat, auf die Vorauswilderungsinsel – die Walduniversität – umziehen zu dürfen.
Ein neues Kapitel für eine außergewöhnliche Entdeckerin
Topan, das Orang-Utan-Weibchen mit dem wachen Blick und der beeindruckenden Kletterkunst, hat einen wichtigen Meilenstein auf ihrem Weg in die Freiheit erreicht. Nachdem sie mit Bravour die Waldschule in Nyaru Menteng abgeschlossen hat, lebt sie jetzt seit einigen Monaten auf der Vorauswilderungsinsel Bangamat. Hier bereitet sie sich auf das große Ziel ihrer Reise vor: ein selbstbestimmtes Leben in der Wildnis.
Waldstudentin Topan lebt jetzt auf der Insel Bangamat
Herausragende Schülerin der Waldschule
Während ihrer Zeit in der Waldschule zeigte Topan früh, dass sie kein gewöhnlicher Orang-Utan ist. Sie lernte überdurchschnittlich schnell, wie man Nahrung findet, Nester baut und sich sicher im dichten Dschungel bewegt. Besonders auffällig war ihre frühe Unabhängigkeit: Schon lange suchte sie kaum noch den Kontakt zu ihren menschlichen Ersatzmüttern, verbrachte viel Zeit in den Baumkronen und erkundete neugierig ihre Umgebung – klare Zeichen dafür, dass sie mehr als bereit für die nächste Stufe war.
Die Babysitterinnen waren gleichermaßen beeindruckt von ihrer Intelligenz und Anpassungsfähigkeit. Daher fiel im Januar die Entscheidung, die achtjährige Topan gemeinsam mit der ebenfalls bereiten Mema auf die Bangamat-Insel zu verlegen – ein intelligentes Orang-Utan-Duo, das der Freiheit damit einen großen Schritt näherkam.
Topan ist der Freiheit einen großen Schritt nähergekommen
Obwohl beide Orang-Utan-Weibchen bereits eine große Selbstständigkeit und Unabhängigkeit zeigen, konnten wir ihren Transport ohne Betäubung durchführen. Denn auch in dieser ungewohnten Situation blieben beide ruhig und kooperativ, völlig ohne Aggression.
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Erfolgreicher Start auf der Vorauswilderungsinsel
Topan ließ sich bei ihrer Ankunft auf der Vorauswilderungsinsel auch nicht lange bitten: Kaum war die Transportbox geöffnet, schwang sie sich in die Bäume und verschwand neugierig im dichten Grün – ein gutes Zeichen für ihre natürliche Instinktsicherheit. Ihre Bewegungen waren so flink, dass die Beobachter sogar Mühe hatten, ihr zu folgen.
Topan schwingt sich geschickt von Baum zu Baum
Immer wieder verschwindet Topan seither für einige Zeit im dichten Regenwald der Insel. Nur alle paar Tage erscheint sie an einer der Fütterungsplattformen, um sich ein paar Leckereien abzuholen. Dabei macht sie stets einen gesunden und fitten Eindruck. Wachsam und selbstbewusst sondiert sie dabei zunächst aus den Baumwipfeln die Situation. Dann klettert sie schnell herunter – in respektvollem Abstand zu unseren Mitarbeitern –, schnappt sich ein paar Süßkartoffeln und Papayas und zieht sich anschließend wieder in die Baumkronen zurück.
Auf der Fütterungsplattform greift Topan schnell zu……und kehrt mit ihrer Beute zurück in die Bäume, ……sodass unsere Beobachtungsteams Mühe haben, ihr zu folgen.
Noch ein Stück bis zur Freiheit
Topans Geschichte ist ein Paradebeispiel für einen erfolgreichen Rehabilitationsprozess von Orang-Utans. Sie erkundet ihr neues Zuhause selbstständig und passt sich schnell an. Doch obwohl sie enorme Fortschritte gemacht hat, ist ihre Reise noch nicht zu Ende. Auf der Insel Bangamat beobachten wir sie weiterhin genau, um sicher sein zu können, dass sie auch die letzten Hürden vor einem Leben in völliger Freiheit meistern kann. Die kommenden Monate werden zeigen, wie nah sie ihrem endgültigen Ziel tatsächlich ist.
Helfen Sie Topan – und anderen Orang-Utans – auf ihrem Weg in die Freiheit!
Die Auswilderung von Orang-Utans wie Topan ist ein langwieriger und aufwendiger Prozess, der nur mit viel Engagement, Fachwissen – und finanzieller Unterstützung – möglich ist. Helfen Sie uns, weiteren Orang-Utans eine zweite Chance in der Wildnis zu geben! Unterstützen Sie jetzt mit Ihrer Spende – für Topan, für den Regenwald, für die Zukunft.
Zwölf Jahre haben wir Jumbo im BOS-Rettungszentrum Nyaru Menteng auf diesen großen Tag vorbereitet. Nach Hanau, Rongda, Pirang und Radmala ist Jumbo der fünfte Orang-Utan, den wir im Mai im Nationalpark Bukit Baka Bukit Raya ausgewildert haben. Jetzt erst beginnt die eigentliche Herausforderung für das Orang-Utan-Männchen – das freie Leben im Regenwald.
Nachdem sich die Schiebetür des Transportkäfigs geöffnet hatte, konnten wir Jumbo seine große Begeisterung richtig ansehen, mit der er den Regenwald begrüßte. Sofort begann er, seine Umgebung zu erkunden. Interessanterweise kletterte Jumbo nicht direkt auf einen Baum, sondern verbrachte zunächst Zeit auf dem Waldboden. Laut unserem Tierarzt war dies wahrscheinlich Teil seines Anpassungsprozesses – er wollte seine neue Umgebung näher kennenlernen.
Schnell lässt Jumbo die Transportbox hinter sich
Jumbos Neugierde auf seine neue Umgebung war offensichtlich. Irgendwann näherte er sich unserem Post-Release-Monitoring-Team (PRM), das ihn aus der Ferne beobachtete.
Verfolger im Regenwald
Das PRM-Team folgt Jumbo, wie allen frisch ausgewilderten Orang-Utans, in den ersten Tagen und Wochen – so lange, bis wir sicher sind, dass die Tiere sich gut in der Wildnis eingewöhnt haben. Oder sie schneller unterwegs sind, als ihre menschlichen Verfolger und im dichten Regenwald verschwinden.
Gewissenhaft notiert das PRM-Team alle Beobachtungen
Die PRM-Teams observieren dabei die Orang-Utans vom Moment der Käfigöffnung, bis sie es sich in ihrem Schlafnest gemütlich gemacht haben. Am nächsten Morgen, noch vor Sonnenaufgang, findet sich das PRM-Team dann erneut unter dem Schlafnest ein, um dem Orang-Utan auf seinen Streifzügen zu folgen.
Jumbo fixiert das PRM-Team
Als Jumbo erkannte, dass das PRM-Team keine Bedrohung darstellte, kletterte er schließlich auf einen Baum und begann, junge Blätter zu knabbern. Er wirkte ruhig und gelassen zwischen den Ästen und warf gelegentlich einen Blick auf unser Team, das weiterhin jede seiner Bewegungen aufzeichnete.
Gute Nacht nach einem aufregenden Tag
Als die Nacht hereinbrach, zeigte Jumbo eine weitere wichtige Überlebensfähigkeit – das Nestbauen. Er begann, Blätter zu sammeln, um sich einen Platz zum Ausruhen zu bauen. Ungewöhnlicherweise entschied er sich, sein Nest auf einem stabilen unteren Ast zu bauen, anstatt wie die meisten wilden Orang-Utans im Blätterdach. Als er fertig war, entspannte er sich in seinem Nest und beobachtete ruhig den Wald, der langsam von der Dunkelheit umhüllt wurde.
Jumbo wurde müde, als die Sonne hinter den Bäumen unterging. Bald darauf schlief er tief und fest in seinem einfachen Nest – mitten im Herzen des üppigen Tropenwaldes, der nun sein neues Zuhause ist. Dies ist ein neuer Anfang für Jumbo, ein lang ersehnter Moment der Freiheit seit dem Tag, an dem er zum ersten Mal im Nyaru Menteng Rehabilitationszentrum angekommen war.
Es gibt Regeln. Und es gibt Ausnahmen. Die Regel lautet: Orang-Utans bekommen nur etwa alle acht Jahre Nachwuchs. Die Ausnahme heißt: Inung. Das 27 Jahre alte Orang-Utan-Weibchen hat jetzt zum vierten Mal Nachwuchs bekommen. Nach drei Töchtern – Indah, Ina und Indie – schenkte sie jetzt einem Orang-Utan-Jungen, den wir Indro nannten, das Leben.
Im Alter von zwei Jahren kam Inung im Jahr 2000 ins BOS-Rettungszentrum Nyaru Menteng. Nach Abschluss der Waldschule zog sie auf die Vorauswilderungsinsel Kaja Island, wo 2007 ihre erste Tochter Indah zur Welt kam. Schon hier erwies Inung sich als vorbildliche Mutter, die ihrem Kind beibrachte, in der Wildnis zu überleben.
Inung mit ihrer ersten Tochter Indah auf Kaja Island
Und schon hier brach Inung die Regel. Denn bereits 2012 – als Indah fünf Jahre alt war – schenkte sie ihrer zweiten Tochter Ina das Leben.
Inung zieht mit zwei Töchtern in die Freiheit
Über ein Jahr verbrachte die kleine Familie gemeinsam auf der Vorauswilderungsinsel. Dann entschieden unsere Fachleute, dass die drei bereit waren, ausgewildert zu werden.
Inung mit ihrer zweiten Tochter Ina kurz vor der Auswilderung
Im November 2013 fand die Auswilderung von Inung gemeinsam mit ihren Töchtern Ina und Indah im geschützten Regenwald von Bukit Batikap statt. Indah ging bald danach eigene Wege. Um Ina kümmerte sich Inung auch im Regenwald vorbildlich.
Ina und Inung in Bukit Batikap im Jahr 2018…… und 2019, aufgenommen von unserem Post-Release-Monitoring-Team
Dann wurde es ruhiger um die fleißige Orang-Utan-Mutter Inung. Bis sie uns 2020 erneut mit einem Baby überraschte. Diesmal absolut regelkonform: Acht Jahre nach Tochter Ina. Obwohl unser Beobachtungsteam (PRM-Team) Mutter und Kind zwei Tage folgte, konnten sie nicht erspähen, ob Inungs drittes Kind ein Junge oder erneut ein Mädchen war. So wurde es Indie genannt.
Indie ist Inungs dritte Tochter, die 2020 auf die Welt kam
Zwei Jahre später trafen unsere Mitarbeiter ganz in der Nähe unseres Camps Totat Jalus im Bukit Batikap-Wald Inung und Indie erneut an. Indie, ein Mädchen, wie wir inzwischen herausgefunden hatten, hatte sich prächtig entwickelt und zeigte das typische Verhalten eines Orang-Utan-Kindes. Und auch Inung präsentierte sich als vorbildliche Orang-Utan-Mutter. Entspannt ließ sie ihre Tochter den Regenwald erkunden, hatte uns Menschen aber schnell erspäht und hielt sicheren Abstand. Fleißig war sie auf der Suche nach Nahrung und machte körperlich einen guten Eindruck.
Inung und Indie besuchen das Camp
Die Gegend rund um Camp Totat Jalu schien es Inung und Indie angetan zu haben, vor allem ein Guavenbaum hinter dem Camp. 2024 kamen Mutter und Tochter regelmäßig vorbei, um sich an den Früchten zu laben. Außerdem stand Maniok ganz oben auf ihrem Speiseplan. Die inzwischen vierjährige Tochter Indie war noch sehr abhängig von ihrer Mutter. Das PRM-Team konnte beobachten, wie Indie häufig direkt bei Inung um Nahrung bettelte und sich sofort ins Fell ihrer Mutter klammerte, sobald sie etwas verunsicherte.
Im Juli bemerkte unser Team körperliche Veränderungen bei Inung: Ihr Bauch schien größer zu sein, und ihre Vulva war geschwollen – eindeutige Anzeichen dafür, dass sie schwanger war. Vier Jahre nach Indies Geburt – wenn das keine Ausnahme der Regel war! Doch Inung ließ sich davon nicht beeinträchtigen. Sie ging weiterhin ihren täglichen Aktivitäten nach, suchte Nahrung und versorgte Indie liebevoll.
Inungs viertes Kind ist ein Junge
Am 21. August 2024 – das Team reinigte gerade das Camp nach einer Überschwemmung – entdeckten sie Inung auf einem Baum vor dem Lager. Interessiert beobachtete Inung die Vorgänge im Camp. Und natürlich war auch die Aufmerksamkeit unserer Mitarbeiter sofort bei der tierischen Besucherin. Auf den ersten Blick entdeckten sie Indie, die sich an die Schultern ihrer Mutter klammerte. Doch als Inung begann sich zu bewegen, sah das Team auch einen winzigen Säugling in Inungs Armen. Wir schätzen, dass das Baby Ende Juli 2024 geboren wurde.
Indro, Inungs viertes Baby, ist auf diesem Bild gerade einen Monat alt
Der neugeborene Orang-Utan-Junge, genannt Indro, schien gesund zu sein und wurde häufig beim Säugen beobachtet. Inung war sehr beschützend gegenüber Indro und hielt ihn sicher im Arm. Während der Beobachtung setzte Inung ihre übliche Routine bei der Nahrungssuche fort, ernährte sich von Guave, Maniok und Bananensprossen.
Die große Schwester passt auf
Indie, Indros große Schwester, zeigte uns faszinierende Verhaltensänderungen. Zwar bettelte sie immer noch gelegentlich bei Inung um Futter. Aber Indie zeigte auch größere Unabhängigkeit, indem sie sich bis zu 15 Meter von ihrer Mutter weg wagte. Wir konnten auch beobachten, wie sie allein auf bis zu 20 Meter hohe Bäume kletterte, um nach Futter zu suchen, ehe sie zu ihrer Mutter zurückkehrte.
Indie wird immer selbstständiger
Auch Indies Verhalten gegenüber den Beobachtern hat sich geändert. Sie schien wachsamer und defensiver, schüttelte Äste als Warnsignal, wenn die Menschen ihr zu nahekamen. Außerdem zeigte sie ein beschützendes Verhalten gegenüber ihrem kleinen Bruder, indem sie immer wachsam in seiner Nähe blieb.
Eine neue Hoffnung
Jedes wildgeborene Baby ist für uns ein großer Erfolg. Denn es zeigt, dass die Rehabilitation erfolgreich war und wir hoffen dürfen, dass sich im Wald Bukit Batikap auch in Zukunft eine neue Orang-Utan-Population ansiedeln kann. Und sie weiterwächst. Auch wenn Inung eine Regelbrecherin ist, so ist es doch die schönste Art, dies zu tun. Wir drücken der erfahrenen vierfach Mutter Inung alle Daumen, dass sie ihre Aufgaben mit Indro und Indie weiterhin so gut meistern kann. Und haben natürlich ein besonders scharfes Auge auf sie gerichtet.
Manchmal braucht es mehr als einen Anlauf, um einem Orang-Utan die Freiheit schenken zu können. Von den sechs Auswilderungskandidaten, denen wir jetzt in unserem Auswilderungswald Kehje Sewen die Freiheit schenken, gehen drei den großen Schritt bereits zum zweiten Mal. Zwei weitere haben eine sehr lange Zeit der Rehabilitation hinter sich. Für uns ist klar: Wir helfen jedem Orang-Utan, solange er uns braucht!
Als Mori 2019 zum ersten Mal ausgewildert wurde, war sie zehn Jahre alt und nach sieben Jahren Waldschule und Walduniversität im BOS-Rettungszentrum Samboja Lestari (Ost-Kalimantan) bestens vorbereitet auf das Leben in Freiheit. Und sie war kerngesund – das stellen umfangreiche medizinische Untersuchungen der Kandidaten vor jeder Auswilderung sicher. Trotzdem hat Mori das erste Jahr ihrer neuen Freiheit im geschützten Wald Kehje Sewen nur mit viel Glück überlebt.
Mori infiziert sich mit einem gefährlichen Krankheitserreger
Es ist nur unserem aufmerksamen Post-Release Monitoring (PRM) Team zu verdanken — das die „neuen Wilden“ während der ersten Monate nach der Auswilderung intensiv begleitet — dass Moris Leben gerettet werden konnte. Denn etwa ein Jahr nach Moris Auswilderung fiel den BOS-Rangern auf, dass es Mori nicht gut ging und sich ihr Zustand zusehends verschlechterte. Das Team verlor keine Zeit und traf die Entscheidung, das Orang-Utan-Weibchen wieder einzufangen und zurück ins Rettungszentrum Samboja Lestari zu bringen. In unserer Tierklinik durchgeführte Tests ergaben, dass Mori sich mit Melioidose infiziert hatte, einem Bakterium, das eine schwere und sogar tödliche verlaufende Erkrankung auslösen kann.
Mori kurz vor ihrer zweiten Auswilderung
Es grenzt also an ein kleines Wunder, dass die 16 Jahre alte Mori nun zum zweiten Mal die Reise nach Kehje Sewen antreten kann. Unserem Ärzteteam ist es gelungen, die Orang-Utan-Dame wieder vollständig gesund zu pflegen und sie gründlich aufzupäppeln. Von der Krankheit ist keine Spur zurückgeblieben. Jetzt ist die Zeit gekommen, es noch einmal zu versuchen mit dem wilden Leben. Der Regenwald erwartet Dich, Mori!
Auch Uli und Siti wurden zwei Mal gerettet und ausgewildert
Mori ist nicht die einzige, die jetzt einen zweiten Anlauf in ein freies Leben unternimmt. Uli wurde bereits 1999 zum ersten Mal ausgewildert. Der damals noch junge Orang-Utan schien sich bestens an seinen neuen Lebensraum gewöhnt zu haben. Denn er tauchte ab in den Gunung Beratus Wald und ward nicht mehr gesehen bis… ja, bis er 2021 auf die Idee kam, in ein Dorf zu spazieren und sich von Menschen mit Bananen, Jackfruit und sogar Dosenmilch füttern zu lassen. Uli hatte sich in den mehr als 20 Jahren in Freiheit zu einem Prachtexemplar von einem Orang-Utan-Männchen entwickelt: Mit langem Haar und imposanten Backenwülsten. Und so wurde der friedfertige Primat auf Dorfbesuch zum Social Media-Star.
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80 Kilogramm schwer und bereit, in den Regenwald zurückzukehren: Uli
Im Rettungszentrum konnten wir Uli von 69 auf 80 Kilogramm aufpäppeln und ihm ein bisschen Erholung gönnen. Jetzt bekommt er eine zweite Chance. Diesmal wird allerdings der Kehje Sewen Wald seine neue, wilde Heimat – fernab von menschlicher Zivilisation.
Mensch-Tier-Konflikte entstehen durch knappen Lebensraum
Auch für Siti wird der geschützte Kehje Sewen ein sichereres Zuhause werden als es der Sungai Wain Wald sein konnte, in den sie bereits 1997 ausgewildert wurde. Zwar war es auch Siti nach ihrer Auswilderung gelungen, viele Jahre unbehelligt ihre Freiheit zu genießen. Doch der Lebensraum der letzten Orang-Utans auf Borneo schrumpft immer weiter. Und so ist es fast nur eine Frage der Zeit, bis Mensch und Tier sich begegnen. Leider geht diese Begegnung für die Tiere oftmals nicht gut aus. Jedes einzelne Orang-Utan-Waisenkind, das wir in unseren Rettungszentren aufnehmen, ist ein weiterer, trauriger Beweis dafür.
Siti hatte Glück. Als sie sich in der Region Balikpapan Waldarbeitern näherte und diese um Futter anbettelte, verjagten die Männer sie nicht oder verletzten sie gar. Stattdessen gaben sie ihr Reis und Instantnudeln und informierten die Naturschutzbehörde BKSDA, welche wiederum BOS zur Hilfe rief. Nach 25 Jahren in Freiheit kehrte Siti dann in unser Rettungszentrum Samboja Lestari zurück. Es war ein Wiedersehen mit gemischten Gefühlen. Denn einerseits ist es ein großes Glück zu sehen, dass es einem einst geretteten Tier gut ergangen ist. Andererseits wünschen wir uns, dass sie die wiedererlangte Freiheit nie wieder einbüßen müssen, sondern das Leben im Regenwald von Borneo leben dürfen, für das sie geboren wurden.
Siti musste in unserem Rettungszentrum aufgrund ihres Kontaktes mit Menschen eine mehrmonatige Quarantäne durchlaufen und wurde gründlich von unseren Ärzten untersucht. Nach einiger Zeit im Sozialisierungsgehege ist es jetzt soweit: Die inzwischen 35-jährige Orang-Utan-Dame darf ihr neues Zuhause im Kehje Sewen beziehen.
Ist Siti die Veteranin unseres Rettungszentrums?
Man könnte es meinen – aber Bugis und Sie-Sie sind sogar noch länger bei uns! Manchmal braucht gut Ding eben seine Weile.
Bugis ist bereit für den RegenwaldSie-Sie hat die Freiheit im Blick
Bugis kam im Juli 2003 in unser Rettungszentrum, als er bereits zehn oder elf Jahre alt war. Sie-Sie ist sogar schon seit August 1996 in Samboja Lestari: Er war zum Zeitpunkt seiner Rettung erst ein, höchstens zwei Jahre alt und hatte einen so zarten Körperbau, dass er auf den ersten Blick für ein weibliches Baby gehalten wurde. Beide haben sich zu starken und unabhängigen Orang-Utan-Männern entwickelt, die alle Fähigkeiten besitzen, welche sie für ihr Leben im Regenwald brauchen. Und sie sind so beeindruckende Orang-Utans geworden, dass wir uns sicher sind: Sie können die Väter vieler Babys werden!
Die letzte in dieser besonderen Reisegruppe, die sich im April 2025 in den Kehje Sewen Wald aufgemacht hat, ist Mikhayla. Auch sie ist den Menschen zu nahegekommen, hatte sich auf das Gelände einer Kohlemine verirrt. Und auch sie hatte großes Glück: Die Arbeiter riefen die Naturschutzbehörde zur Hilfe, die Mikhayla im Januar 2025 nach Samboja Lestari brachten. Die Zehnjährige zeigte deutliche Zeichen von Stress, als sie in unserem Rettungszentrum ankam, und war unterernährt. Weil sie mit Menschen in Kontakt gekommen war, musste sie direkt in Quarantäne. Während dieser Zeit wurde sie vom BOS-Team medizinisch versorgt und aufgepäppelt. Und nun, nach knapp vier Monaten, kann Mikhayla bereits wieder in die Freiheit entlassen werden. Manchmal kann es eben auch ganz schnell gehen.
Mikhayla war nur kurze Zeit in unserer Obhut
Wir wünschen Mori, Uli und Siti, Bugis, Sie-Sie und Mikhayla, dass sie sich gut am Ziel ihrer langen Reise einleben! Unser aufmerksames PRM-Team wird ein genaues Auge darauf haben, wie es den sechs „neuen Wilden“ in ihrer neuen Heimat ergeht.
Möchten auch Sie Orang-Utans helfen, das Leben zu führen, für das sie geboren wurden? Jede Spende hilft!
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