Verhü­tungs­mittel im Rettungszentrum 

Verhü­tungs­mittel im Rettungszentrum 

Wie schützen wir die Orang-Utan-Mädchen vor Schwan­ger­schaften? Und vor allem: Warum? Wir erzählen es Ihnen. 

BOS hat es sich zur Aufgabe gemacht, Orang-Utans vor dem Aussterben zu bewahren. Unsere Mission ist es, so viele geret­tete Orang-Utans wie möglich in geschützte Regen­wälder auszu­wil­dern, damit sie sich in ihrem natür­li­chen Lebens­raum vermehren können. Deshalb ist für uns die Geburt eines jeden Orang-Utan-Babys ein Grund zur Freude. 

Trotzdem kann es nötig und sinn­voll sein, die Schwan­ger­schaft eines Orang-Utans zu verhüten. Genauer gesagt: Sie ein wenig aufzu­schieben, bis die Bedin­gungen besser sind. 

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Denn so sehr wir uns viel, viel Orang-Utan-Nach­wuchs wünschen: Keines­falls möchten wir, dass die Mutter durch die Schwan­ger­schaft gesund­heit­lich gefährdet wird, ihre Reha­bi­li­ta­tion verzö­gert oder dass das Baby einen schweren Start ins Leben hat. Solche Situa­tionen haben wir leider schon im BOS-Rettungs­zen­trum erlebt. 

Dilla war trau­ma­ti­siert und von ihrem Baby überfordert 

Als Dilla im Alter von fünf Jahren zu uns kam, hatte sie vier Jahre in privater Gefan­gen­schaft durch­litten, war auf einem Auge erblindet und schwer trau­ma­ti­siert. Trotz inten­siver Ausbil­dung in unserer Wald­schule wird Dilla womög­lich nie vorbe­reitet genug sein für ein Leben in der Wildnis. 

Unser Sorgenkind Dilla auf der Vorauswilderungsinsel
Unser Sorgen­kind Dilla

Seit einigen Jahren lebt sie auf einer unserer Voraus­wil­de­rungs­in­seln. Dort wurde sie schwanger und brachte ein gesundes Mädchen zur Welt. Doch obwohl unser Team sie liebe­voll unter­stützte, gelang es Dilla nicht, eine mütter­liche Bezie­hung zu Töch­ter­chen Delilah aufzu­bauen. Schließ­lich wurde sie der Kleinen gegen­über sogar aggressiv. Sehr schweren Herzens mussten wir Mutter und Tochter trennen. Delilah wächst nun in der Obhut unserer Baby­sit­te­rinnen im Rettungs­zen­trum auf. 

Baby Clarita wurde auf der Voraus­wil­de­rungs­insel entführt 

Ähnli­ches erlebten wir mit Ben, dessen Mutter Nanga wir 2006 aus Thai­land gerettet hatten und die ihren neuge­bo­renen Winz­ling nicht annehmen und versorgen konnte. 

Orang-Utan Mama Clara mit Tochter Clarita und Tierärzten
Mama Clara hält ihr Baby fest im Arm, während sie unter­sucht wird.

Claras Baby Clarita wurde sogar auf einer Voraus­wil­de­rungs­insel von einem männ­li­chen Orang-Utan entführt. Die herz­zer­rei­ßende Geschichte von Clara und Clarita, die zu unserem großen Glück nach bangen Tagen wieder­ver­ei­nigt werden konnten, hat das Kame­ra­team der “Oran­gutan Jungle School” begleitet. 

Auch für Orang-Utans sind Teen­ager-Schwan­ger­schaften schwierig 

In freier Wild­bahn sind Orang-Utan-Mädchen schon alleine durch die Gege­ben­heiten vor einer zu frühen Schwan­ger­schaft geschützt. Sie leben in einem viel weit­läu­fi­geren Areal als bei uns im Rettungs­zen­trum und auf den Voraus­wil­de­rungs­in­seln und sie sind natur­gemäß über­wie­gend als Einzel­gänger unter­wegs. Außerdem bleibt der Nach­wuchs sehr lange bei den Müttern, welche tatkräftig dafür sorgen, dass herum­stromernde halb­starke und bereits geschlechts­reife Orang-Utan-Jungs den noch kleinen Mädchen nicht zu nahe kommen — sollten sie sich doch einmal im Dschungel begegnen. 

Tierarzt entnimmt Orang-Utan Blutprobe beim Checkup
Gründ­li­cher Checkup durch unsere Tier­ärzte im BOS Rettungszentrum

Aus all diesen Gründen versorgen wir die Orang-Utan-Mädchen in unserem Rettungs­zen­trum mit Verhü­tungs­mit­teln, sobald sie das erste Mal ihre Periode bekommen. So können sie sich ganz und gar auf ihre Reha­bi­li­ta­tion konzen­trieren und all das lernen, was sie für ihr Leben in freier Wild­bahn benö­tigen — und was sie später einmal ihren Babys über das Leben im Dschungel beibringen können. Auch die weib­li­chen Orang-Utans auf unseren Voraus­wil­de­rungs­in­seln, die nicht auswil­derbar sind, bekommen mitt­ler­weile Verhütungsmittel. 

Wie genau schützen wir die Orang-Utans vor Schwangerschaft? 

Unsere Tier­ärzte verwenden ein Hormon­stäb­chen, das den Orang-Utan-Weib­chen mit einem kleinen Eingriff einge­pflanzt werden kann. Es muss nur alle drei Jahre ausge­tauscht werden. 

Tierarzt setzt Spritze beim Checkup der Orang-Utans
Kleiner Eingriff, große Wirkung: das Hormon­stäb­chen wird eingepflanzt

Gerade haben wir die Stäb­chen bei der 28-jährigen Tyson und der 22-jährigen Nania ausge­tauscht. Die beiden wurden 2010 erst­mals mit dem Verhü­tungs­mittel ausge­stattet, es ist also bereits das vierte Implantant, das sie im Austausch erhalten. 

Die Mini-Opera­tion samt Betäu­bung nutzen unsere Tier­ärzte auch immer gleich für einen gründ­li­chen Gesund­heits­check der Orang-Utans: Unter anderem wird das Tier gewogen, es werden Blut und eine Spei­chel­probe entnommen sowie eine Rönt­gen­auf­nahme gemacht. 

Gründliche Untersuchung inklusive Röntgenbild
Gründ­lich unter­sucht: Den beiden Orang-Utan-Damen geht es gut.

Bei Tyson und Nania ist alles wieder in bester Ordnung – sie waren zuvor krank gewesen. Jetzt dürfen sie sich in einem Bereich unseres Rettungs­zen­trums voll­ends erholen, in dem sie weiterhin beson­ders umhegt werden und viel Platz haben, um zu hangeln, schau­keln und auf Bäume zu klet­tern – wieder gemeinsam mit Orang-Utan-Männchen. 

Mit Ihrer Spende helfen Sie den Orang-Utans und dem Regen­wald. Jeder Beitrag hilft.

Eine köst­liche Lektion für unsere Waldschüler

Eine köst­liche Lektion für unsere Waldschüler

Wie schaffe ich es bloß, an diese Lecke­reien heran­zu­kommen?! Unser Orang-Utan-Nach­wuchs hat die Aufgabe ganz unter­schied­lich gelöst – und uns dabei wieder einmal gezeigt, was für indi­vi­du­elle Persön­lich­keiten sie sind.

In der Wildnis müssen Orang-Utans in der Lage sein, Futter­quellen zu finden und für sich zugäng­lich zu machen. Dazu brau­chen sie nicht nur das Wissen und die Erfah­rung, wo beispiels­weise Früchte, Blüten, Insekten oder Wald­honig zu finden sind und was davon essbar und unge­fähr­lich ist. Die Tiere müssen oft auch kreativ und einfalls­reich vorgehen, um an die Lecke­reien heranzukommen.

In unserer Wald­schule bekommt der Orang-Utan-Nach­wuchs Denk­sport­auf­gaben in Futterform

Um diese Fähig­keiten zu trai­nieren, bekommen unsere Wald­schüler deshalb immer wieder Futter, das sie nicht einfach so verzehren können. Heute zum Beispiel Bambus-Stücke, die mit gefro­renem Kürbis­pürree gefüllt sind. 

Wie kriegt man den köst­li­chen Kürbis da nur heraus?! Das Lösen der Aufgabe fördert nicht nur die kogni­tive Entwick­lung der Orang-Utans – für uns ist es auch jedes Mal span­nend zu beob­achten, wie unter­schied­lich die Tiere vorgehen.

Beob­achten, nach­ahmen oder selbst tüfteln?

Auf dem Foto seht ihr Paulinus (Bild­mitte), einen unserer jüngsten Orang-Utans in der Wald­schul­gruppe 3, der sich bei dieser Aufgabe ganz beson­ders geschickt anstellt. Er nutzt seinen Finger, um das Kürbis­pürre Stück für Stück aus dem Bambus zu holen.

Alex­andra (rechts auf dem Bild) schaut ihm dabei ganz genau zu. Sie selbst war zunächst unschlüssig, wie sie an die leckere Füllung heran­kommen soll, lernt aber sehr schnell durch Beobachtung.

Bumi hingegen (hinten links im Bild) möchte Dinge am liebsten selbst heraus­finden. Er hat sich etwas abseits gesetzt und probiert verschie­dene Methoden aus. Ist sein hoch­kon­zen­trierter und ein biss­chen ratloser Gesichts­aus­druck nicht süß?

Hurra, es ist ein Mädchen!

Hurra, es ist ein Mädchen!

Aus dem Kehje Sewen Wald in Ost-Kali­mantan errei­chen uns wunder­bare Neuig­keiten: Die 16-jährige Orang-Utan-Dame Bungan, die 2015 von uns ausge­wil­dert wurde, ist im Mai 2022 zum ersten Mal Mutter geworden! Baby Bunga ist das 27. in der Wildnis gebo­rene Baby, sieben davon kamen in Kehje Sewen auf die Welt.

Wir hatten da so eine Ahnung…denn vor knapp neun Monaten beob­ach­tete unser Moni­to­ring-Team Bungan dabei, wie sie auffal­lend viel Zeit mit Hamzah verbrachte, einem domi­nanten Männ­chen. Das war im August 2021 und wir haben seitdem alle fest die Daumen gedrückt.

Jedes einzelne wild gebo­rene Baby ist ein riesiger Erfolg für unsere Mission, denn Orang-Utans gehören zu den Lebe­wesen mit der geringsten Repro­duk­ti­ons­rate welt­weit. Und in diesem Fall waren wir sehr zuver­sicht­lich, dass es mit Bungan und Hamzah klappen könnte.

Orang-Utan-Dame Bungan sucht im Dschungel nach Futter
Geschickt bei der Futter­suche: Bungan

Bungan war von uns im Dezember 2015 ausge­wil­dert worden, nachdem sie sich in unserem Schutz­zen­trum zu einer starken und unab­hän­gigen Orang-Utan-Dame entwi­ckelt hatte. Sie war im Mai 2007 als einjäh­riges Baby zu uns gekommen und zeigte in der Wald­schule sehr viel Intel­li­genz, was sich vor allem bei der Nahrungs­suche und dem geschickten Bau der Schlaf­nester zeigte.

Ein perfektes Match: Bungan und Hamzah

Hamzah konnte vier Jahre mit seiner Mutter verbringen, ehe er ihr auf tragi­sche Weise entrissen wurde und einige Zeit darauf als Waise in unser Schutz­zen­trum kam. Sie hatte ihm schon einiges beibringen können, was ein Orang-Utan für ein Leben in der Wildnis benö­tigt, und den Rest lernte er in unserer Wald­schule. Seit 2012 lebt Hamzah bereits im Wald­ge­biet Kehje Sewen – er gehörte zur zweiten Auswil­de­rungs­gruppe, die dort ihr neues Zuhause gefunden hat.

Unser Team beob­ach­tete die beiden also im August 2021 eine ganze Weile und tatsäch­lich: Nach einiger Zeit kopu­lierten die beiden mitein­ander – und gingen danach wieder getrennter Wege.

Bungan und Hamzah kopulieren in den Baumwipfeln
Liebe in den Baum­wip­feln: Bungan und Hamzah

Erst im Mai 2022 wurde Bungan in Pelang­siran gesichtet. Sie hatte einen großen Bauch und zeigte weitere Anzei­chen einer fort­ge­schrit­tenen Schwan­ger­schaft. Unser Team rech­nete zurück, wann sie Bungan und Hamzah zusammen gesehen hatten, und kamen auf einen sehr kurz bevor­ste­henden Geburtstermin.

Vier Tage lang blieb Bungan nach dieser erneuten Sich­tung verschwunden und als ein Mitglied unseres Moni­to­ring-Teams sie wieder entdeckte, hatte sie ein Baby im Arm!

Das Baby war in guter Verfas­sung und nachdem wir durch weitere Beob­ach­tung heraus­ge­funden hatten, dass es ein Mädchen ist, nannten wir sie Bunga. Das ist Indo­ne­sisch für “Blume”.

Dem Orang-Utan-Baby geht es gut und Bungan ist eine sehr fürsorg­liche Mama

Mama Bungan ist eine sehr soziale Orang-Utan-Dame, die sich Artge­nossen gegen­über nicht aggressiv verhält. Wir haben sie schon oft gemeinsam mit anderen weib­li­chen wie auch männ­li­chen Orang-Utans in den Bäumen beob­achten können.

Unser Team ist glück­lich, dass sich Bungan ihrem Baby gegen­über sehr liebe­voll und fürsorg­lich verhält. Sie strei­chelt und lieb­kost Bunga und sorgt bestens für sie.

Unser Tier­arzt Muhtadin hat die beiden sorg­fältig unter­sucht und dabei nur eine winzige Wunde an Bungas Mittel­finger entdeckt, die mit etwas Desin­fek­ti­ons­spray versorgt werden konnte.

Unser Moni­to­ring-Team hat Bungan schon des öfteren in der Gegend um Pelang­siran beob­achtet, wo mehrere lokale Commu­ni­ties leben. Aus diesem Grund hat unser Team beschlossen, Mama und Kind zu ihrem eigenen Schutz in ein anderes Wald­stück weiter im Norden umzusiedeln.

Wenige Tage alt: Baby Bunga

Der Trans­port fand bereits im Mai statt und beide haben ihn sehr gut über­standen. Bungan ist während der gesamten Reise ganz entspannt geblieben, hat das ihr ange­bo­tene Futter gegessen und sich um ihre Kleine gekümmert.

Als die Luke der Trans­portbox sich öffnete, hat Mama Bungan für sich und ihr Baby direkt ein Plätz­chen oben in den Baum­wip­feln gesucht.

Wir wünschen uns, dass Baby Bunga von ihrer starken und klugen Mama all das lernen wird, was sie für ein langes und gesundes Orang-Utan-Leben in Frei­heit benötigt.

Herz­li­chen Glück­wunsch, Bungan, zu deinem entzü­ckenden Töchterchen!