„Lintas Alam“: Quer­feldein für Umwelt­bil­dung und Orang-Utan-Schutz

„Lintas Alam“: Quer­feldein für Umwelt­bil­dung und Orang-Utan-Schutz

Jedes Jahr findet in Indo­ne­sien das landes­weite Event „Lintas Alam“ statt. Auch BOS nahm daran als Gast­geber teil. Bei einer Quer­feldein-Schnit­zel­jagd im Wald rund um unser Rettungs­zen­trum in Samboja Lestari hatten 200 Schü­le­rinnen und Schüler und ihre Lehr­kräfte jede Menge Spaß und haben dabei viel über Umwelt- und Arten­schutz gelernt.

Schü­le­rinnen und Schüler von über 20 Schulen aus benach­barten Gemeinden haben an dem landes­weiten Event teil­ge­nommen, das erst­mals auch auf dem Gelände unseres Samboja Lestari Rettungs­zen­trums stattfand.

Querfeldeinlauf Lintas Alam
Rein in die Mann­schafts-Shirts und los geht’s

Zur Begrü­ßung haben die Kinder und Jugend­li­chen T‑Shirts und Kappen unseres Rettungs­zen­trums mit einem Orang-Utan darauf und dem Schriftzug Samboja Lestari bekommen, die sie als Erin­ne­rung behalten dürfen.

Bäume pflanzen und Müll­sam­meln gibt Bonusunkte

Dann ging es auch schon los mit dem acht­ein­halb Kilo­meter langen Parcours, der an vier Wege­punkten vorbei führte: an einer ehema­ligen Kohle­mine, unserem Rettungs­zen­trum, am Ufer gegen­über unserer Voraus­wil­de­rungs­insel und schließ­lich am Schutz­zen­trum für Malai­en­bären. Jeder Wege­punkt musste inner­halb einer fest­ge­legten Zeit erreicht werden.

Querfeldeinlauf Lintas Alam
Wer kennt sich aus mit Natur und Umwelt?

Um den Wett­be­werb zu gewinnen, reichte es jedoch nicht, den Parcours schnellst­mög­lich zu durch­laufen. Weitere Punkte gab es nämlich für richtig beant­wor­tete Fragen sowie für Aktionen entlang des Weges wie zum Beispiel Müll aufsam­meln oder einen Baum pflanzen.

Tolles Ergebnis des „Lintas Alam“ in Samboja Lestari

Die Kids waren unglaub­lich schnell und erreichten die Ziel­linie viel früher als erwartet. Am ehrgei­zigsten waren die Grund­schul­kinder! Am Ziel wurden die Gruppen mit großem Jubel erwartet und mit einem leckeren Lunch belohnt, ehe die Gewinner bekannt gegeben wurden. Natür­lich gab es für alle Teil­nehmer auch eine Urkunde.

Kinder vom Querfeldeinlauf Lintas Alam
Für das nächste Jahr wünschen sich die Kinder eine Wieder­ho­lung des Events

Am Ende des Tages waren sich alle Kinder einige: Das wollen wir im nächsten Jahr unbe­dingt wieder­holen! Auch die Lehrer waren vom Event begeis­tert. Und wir von BOS freuen uns, wie viel Freude und Inter­esse sich die Kinder aus den Commu­ni­ties rund um unser Rettungs­zen­trum mit Umwelt- und Orang-Utan-Schutz beschäf­tigt haben.

Mit Ihrer Spende helfen Sie den Orang-Utans, dem Regen­wald und damit auch unserem Klima. Jeder Beitrag hilft.

Gelebte Kultur – BOS hilft, alte Wehea Dayak-Rituale zu bewahren

Gelebte Kultur – BOS hilft, alte Wehea Dayak-Rituale zu bewahren

Beim Schutz und der Erhal­tung der Orang-Utans und ihres Lebens­raums auf Borneo arbeitet BOS auch eng mit den lokalen Gemeinden zusammen – und hilft ihnen dabei, ihre Kultur und Tradi­tionen zu bewahren. Ein Beispiel für eine tradi­tio­nelle Zere­monie, an der wir teil­nahmen, ist das naq lom. Dabei handelt es sich um das Initia­ti­ons­ri­tual für Kinder des Wehea-Dayak-Stammes in Ost-Kalimantan.

Schutz durch die Ahnen

Bei diesem Ritual wird der Name der Abstam­mungs­linie der Kinder bestä­tigt und der Schutz der Vorfahren der Familie erbeten. Es findet in der Regel zwischen Mai und Juni nach dem Reis­ern­te­fest statt.

Vier Tage wird gefeiert

Das naq lom-Ritual dauert in der Regel vier Tage. An den ersten beiden Tagen wird das Fest vorbe­reitet, an Tag drei und vier das Ritual durch­ge­führt.
Zunächst werden die Ausrüs­tung, das Essen und die benö­tigten Mate­ria­lien herge­richtet und zube­reitet, darunter Reis, Schwei­ne­fleisch, Brenn­holz, Bambus und Besteck.

Erbstücke der Wehea Dayak für das naq lom Ritual
Am ersten Tag bereiten die Teil­nehmer alles Notwen­dige für die naq lom-Zere­monie vor. Darunter auch diese Erbstücke

Am zweiten Tag richten die Teil­nehmer den Veran­stal­tungsort her: ein Haus, das durch ein Ritual namens ndeq kot gesegnet wird. Dabei werden gekochte Kürbisse als Opfer­gabe für die Ahnen im Umkreis verteilt, damit Tiere sie fressen können.

Das Fest beginnt

Am dritten Tag beginnt für die Wehea-Dayak-Gemein­schaft das eigent­liche Fest. Im leng dung-Ritual wird Tieren Glück geschenkt, das in Form von Bana­nen­stauden am Stra­ßen­rand abge­legt wurde. In der Zwischen­zeit stampfen die am Ritual teil­neh­menden Jungen und Mädchen Zucker­rohr – dieser Teil wird nde luaq genannt.

Wehea Dayak Familie lässt ihr Kind beim naq lom Ritual segnen
Ein Kind wird von einem Dorf­äl­testen während des Rituals gesegnet

Am letzten Tag des Festes wird beim ndeg zere­mo­niell ein männ­li­ches Schwein geschlachtet, dessen Blut der Leiter des Rituals auf die tradi­tio­nelle Klei­dung der Kinder streicht. Dabei werden die Ahnen in Gebeten um Glück, Segen und Sicher­heit ersucht.

Ein Fest­mahl mit Musik und Tanz

Ohne Fest­mahl und Tanz ist natür­lich keine Feier vorstellbar. Nach dem Mittag­essen führen die Frauen den schwung­vollen Gemein­schafts­tanz ngeway auf, den die Männer mit Perkus­si­ons­musik begleiten. Zum naq lom gehören noch weitere Freu­den­tänze, die von der Wehea-Dayak-Gemein­schaft aufge­führt werden, wie der Paar­tanz ngejo oder der ngeleang, den man allein oder zu zweit tanzt.

Wehea Dayak Frauen tanzen in traditionellen Gewändern beim naq lom Ritual
Der ngeway-Tanz ist fester Bestand­teil des naq lom-Rituals

Die Dank­bar­keit wird nicht nur durch den Tanz ausge­drückt, sondern auch durch das Verlesen von Gebeten und Mantras, genannt nelkeaq. Die Wehea Dayak führen auch das gung­gunggel-Ritual durch, bei dem die Gäste um Essen oder Geld wett­ei­fern – ähnlich dem Werfen eines Blumen­straußes bei Hoch­zeiten, das symbo­lisch für das Teilen des Glücks mit anderen steht.

Lieder erzählen Geschichten

Das Ritual endet in der Regel mit enlueng dendang-Musik, den Wehea-Liedern, die die ganze Nacht bis in die Morgen­stunden hindurch gesungen werden. Diese Lieder erzählen von den Ursprüngen der Wehea-Vorfahren und erwähnen die Namen der Ahnen, die Flüsse und ihr Erbe.

Während des Rituals ist es für die Orga­ni­sa­toren übri­gens tabu, bestimmte Fisch­arten zu essen, und die Tänzer dürfen eine Nacht vor den Feier­lich­keiten kein Salz zu sich nehmen.

Unter­stüt­zung ist notwendig

Naq lom ist sehr wichtig, um den Status der Kinder und ihrer Fami­lien inner­halb der tradi­tio­nellen Wehea Dayak-Gesell­schaft zu sichern. In der heutigen Zeit sind jedoch die Kosten für die Orga­ni­sa­tion dieses Rituals für viele zu hoch, so dass jedes Jahr weniger naq lom-Zere­mo­nien statt­finden. Deshalb unter­stützt BOS die Gemeinden, um dieses wich­tige Ritual am Leben zu erhalten.

BOS unter­stützt die Akti­vi­täten der Wehea Dayak zur Erhal­tung ihrer Tradi­tion unter anderem durch finan­zi­elle Förde­rung. Helfen Sie uns dabei.

Wie die Millen­nials-Gene­ra­tion der Wehea Dayak die Kultur ihrer Vorfahren bewahrt

Wie die Millen­nials-Gene­ra­tion der Wehea Dayak die Kultur ihrer Vorfahren bewahrt

Globa­li­sie­rung und Popkultur haben dank Smart­phones, Internet und Social Media längst bis in die kleinsten und entle­gensten Dörfer Kali­mantans Einzug gehalten. Welchen Einfluss hat das auf die über­lie­ferten Tradi­tionen der indi­genen Bevöl­ke­rung? Im Rahmen des Programms Explore Wehea beschäf­tigen sich junge Erwach­sene der Wehea Dayak Commu­nity mit genau diesem Thema.

Okta­vianus „Glen“ Yen ist einer jener jungen Erwach­senen, die sich dieser Aufgabe verschrieben haben. Er ist Absol­vent der Sanata Dharma Univer­sität mit dem Haupt­fach Katho­li­sche Reli­gi­ons­päd­agogik und arbeitet nun als Commu­nity Welfare Officer im Dorf Nehas Liah Bing. Glen enga­giert sich bei Explore Wehea, einem Commu­nity Forum, das das kultu­relle Erbe der Wehea Dayak bewahren und weiter­geben möchte.

Oktavianus „Glen“ Yen, ein junger Wehea Dayak
Glen liegt die Tradi­tion seiner Vorfahren am Herzen

Das Beson­dere an diesem Programm: Es ist auch für Menschen außer­halb der Wehea Dayak Commu­nity offen. Jeder, der sich für die indi­gene Kultur inter­es­siert, kann teil­nehmen. Es gibt darüber hinaus keinerlei Zugangs­vor­aus­set­zungen.
Ein großes Anliegen von Explore Wehea ist es, den Alltag in einem tradi­tio­nellen Wehea Dayak-Dorf zu doku­men­tieren. Welche Akti­vi­täten finden dort statt? Welche Veran­stal­tungen sind wichtig? Was genau passiert dabei?

Die Tradi­tion bewahren

„Ich mag es sehr, Fotos und Videos von unserem Leben im Dorf zu machen”, sagt Glen. „Bei jeder Veran­stal­tung bin ich dabei und versuche, typi­sche Momente im Bild einzu­fangen.” Inzwi­schen fehlt ihm nur noch eine tradi­tio­nelle Beer­di­gung in seiner Doku­men­ta­ti­ons­reihe. Als nächstes möchte Glen für sein kultu­relles Archiv Inter­views mit verschie­denen Mitglie­dern der Wehea Dayak Commu­nity führen.

Wehea Dayak Kultur in Fotos dokumentiert
Typi­sche Momente der Wehea Dayak-Kultur

Bei allem Enga­ge­ment für das Programm ist sich Glen jedoch auch der Heraus­for­de­rungen bewusst. Oft sind es vermeint­lich kleine Probleme, die jedoch einen großen Impact haben. „Ich habe zum Beispiel nur mein Handy, um Fotos und Videos zu machen, diese zu bear­beiten und auf Social Media-Platt­formen hoch­zu­laden”, sagt er. „Deshalb stammen alle wirk­lich guten Aufnahmen bisher von Menschen außer­halb unserer Commu­nity. Es ist nicht unser eigener Blick auf unsere Kultur und Tradi­tionen. Aber genau dazu möchten wir in der Lage sein! Wir selbst möchten unseren tradi­tio­nellen Lebens­stil, unsere Kultur, unseren Umgang mit der Natur doku­men­tieren und bewahren.”

Der Blick von innen und von außen

Nichts­des­to­trotz wert­schätzt Glen jegli­ches Inter­esse für die Kultur seiner Vorfahren – auch von „Externen” – denn er ist über­zeugt davon, dass dies ein Zeichen von Respekt ist. Selbst wenn noch kein tiefer­ge­hendes Verständnis für tradi­tio­nelle Veran­stal­tungen und Bräuche vorhanden ist, so glaubt er, sind Neugierde und Aufge­schlos­sen­heit ein wich­tiger und rich­tiger erster Schritt. „Es braucht einfach Zeit”, ist er über­zeugt.
Glen hofft, weitere Wehea Dayak Millen­nials mit dieser Heran­ge­hens­weise und Sicht auf die Dinge begeis­tern zu können. „Ich beob­achte, dass vielen jungen Wehea Dayak unsere Sitten und Gebräuche durchaus etwas bedeuten”, sagt er. „Aber sie wissen oft nur wenig darüber.”

Junge Wehea Dayaks
Junge Wehea Dayaks zwischen Tradi­tion und Moderne

Diese Lücke, so ist Glen über­zeugt, kann das Explore Wehea-Programm füllen: Dadurch gibt es nun endlich ein Forum für einen Austausch, Diskus­sionen und gemein­sames Lernen. „Viele junge Mitglieder unserer Commu­nity sind sehr zurück­hal­tend und gera­dezu schüch­tern, wenn es darum geht, sich mit dem eigenen kultu­rellen Erbe zu beschäf­tigen”, beob­achtet Glen und nimmt sich davon selbst auch nicht ganz aus. „Wir scheuen oft noch davor zurück, uns in der tradi­tio­nellen Gemein­schaft zu enga­gieren oder uns mit unseren Eltern darüber auszu­tau­schen.” Es braucht eben einfach Zeit.

Einen großen Wunsch hat Glen. Viel­leicht kann man es auch eine Empfeh­lung an seine Alters­ge­nossen und die noch jüngeren Gene­ra­tionen nennen: „Ich wünsche mir, dass wir uns mehr um unsere Mitmen­schen und um die Natur kümmern und keine Angst davor haben, etwas Gutes zu tun”, sagt er. „Auch wenn damit Heraus­for­de­rungen verbunden sind, die wir zu bewäl­tigen lernen müssen: Lasst uns unsere Aufmerk­sam­keit auf diese Dinge richten und Vertrauen darin haben, dass das Universum uns schon dabei helfen wird.”

BOS arbeitet sowohl in Ost- als auch in Zentral-Kali­mantan in unter­schied­li­chen Projekten eng mit verschie­denen Wehea Dayak Commu­ni­ties zusammen.
Genau wie Glen beob­achten auch wir, dass sich die junge Gene­ra­tion der Wehea Dayak für ihr kultu­relles Erbe stark macht. Durch das Commu­nity Projekt Explore Wehea entsteht eine Struktur, die indi­gene Kultur und Tradi­tionen stärker ins Bewusst­sein rückt, sie wert­schätzt und schützt. Das Projekt hat sogar so viel Strahl­kraft, dass es Commu­ni­ty­mit­glieder darin bestärkt, die Aner­ken­nung ihrer urei­genen Rechte als indi­gene Bevöl­ke­rung stärker und selbst­be­wusster einzufordern.