Umwelt­bil­dung an Schulen auf Borneo

Umwelt­bil­dung an Schulen auf Borneo

Seit 2022 arbeitet BOS mit zwei Gemeinden zusammen, die sich in der Nähe unseres Schutz­ge­bietes Mawas befinden und deren Einwohner der indi­genen Bevöl­ke­rung Borneos ange­hören. Projekt­ma­na­gerin Nina-Maria Gaiser von BOS Deutsch­land berichtet von den Entwick­lungen, die sie bei ihrem Besuch im Früh­jahr 2024 erleben und beob­achten konnte.

Entlang des Flusses Kapuas, im Herzen des indo­ne­si­schen Teils von Borneo, liegen die zwei Gemeinden Timpah und Lawang Kajang. Die Mehr­heit der rund 4.000 Einwohner gehört der ethni­schen Gruppe der Dayak, der indi­genen Bevöl­ke­rung Borneos, an. Auch wenn beide Dörfer inzwi­schen durch eine Land­straße mit dem Auto gut erreichbar sind, ist auch der Torf­moor­re­gen­wald mit wild­le­benden Orang-Utans nicht weit.

Das BOS-Schutz­ge­biet Mawas befindet sich eben­falls in der Nach­bar­schaft. Die groß­flä­chigen Ölpal­men­plan­tagen, die in weiten Regionen Kali­mantans die Land­schaft domi­nieren, haben die Gegend um Timpah und Lawang Kajang glück­li­cher­weise noch nicht erreicht.

Eine von Armut geprägte Region

Dennoch stehen die Menschen in der Region ebenso wie die Natur vor Heraus­for­de­rungen. Land­wirt­schaft und Fisch­fang stellen die Haupt­ein­nah­me­quellen der Einwohner von Timpah und Lawang Kajang dar. Aber Land ist inzwi­schen knapp. Und so dienen der ille­gale Abbau von Gold, ille­galer Holz­ein­schlag oder Wilderei zur Aufbes­se­rung des Lebens­un­ter­haltes in einer von Armut geprägten Region, in der Verdienst­mög­lich­keiten fehlen und die Wälder durch den Staat verwaltet werden. Die Menschen in Timpah und Lawang Kajang nutzen den Fluss Kapuas als Wasser- und Nahrungs­quelle. Ein Gesund­heits­ri­siko, da die ille­galen Gold­minen die Flüsse mit Queck­silber verschmutzen.

Minen auf Borneo Luftaufnahme
Minen zerstören auf Borneo immer noch das Land

Seit einigen Jahren arbeitet BOS mit den beiden Gemeinden zusammen. Ziel ist es, Einkom­mens­quellen für die Menschen zu schaffen, ohne dass dabei die Natur zerstört wird. Inzwi­schen gibt es zum Beispiel ein Projekt für den nach­hal­tigen Anbau von Kautschuk­bäumen in Agro­forst­sys­temen oder für die Etablie­rung von Gemein­de­wäl­dern. Unsere Projekte werden durch Spenden unserer Unter­stüt­ze­rinnen und Unter­stüt­ze­rinnen und öffent­liche Entwick­lungs­gelder aus Europa finan­ziert, da die lokalen Regie­rungen in Indo­ne­sien meist unzu­rei­chende Mittel zur Verfü­gung haben.

Natur­schutz für Kinder erlebbar machen

Damit auch schon junge Menschen beim Schutz der Natur mitma­chen können, hat BOS im Jahr 2022 die Zusam­men­ar­beit mit Schulen in Timpah und Kajang Lawang gestartet. Neun Schulen nehmen an unserem Projekt „̈Stär­kung von Umwelt­bil­dung an Schulen im Distrikt Kapuas in Zentral­ka­li­mantan“ teil, das durch das Bundes­mi­nis­te­rium für wirt­schaft­liche Zusam­men­ar­beit und Entwick­lung (BMZ) teil­fi­nan­ziert wird. Ziel ist es, Natur erlebbar zu machen und die Kinder und Jugend­li­chen auf Borneo für den Natur­schutz zu begeistern.

Schüler auf Borneo stellen Kompost her
In unserem Projekt stellen Schü­le­rinnen und Schüler u. a. selbst orga­ni­schen Dünger her

In der Tat enthalten die Lehr­pläne an Schulen in der Region kaum Antworten auf die Fragen „Wie schütze ich die Natur in einer modernen Welt und was bedeutet die Natur für mich als Dayak?“. Denn die Lebens­weise der Dayak, der ursprüng­li­chen Bevöl­ke­rung Kali­mantans, war einst sehr eng mit der Natur und ihrem Erhalt verknüpft. Eine Lebens­weise, die nach und nach in Verges­sen­heit gerät. Die Schüler wissen, laut einer Lehrerin einer Grund­schule in Timpah, mehr über Haie als über Orang-Utans.

Kinderzeichnungen
Zeich­nungen von Grund­schü­lern aus Timpah

Neue Lehr­bü­cher verbinden Umwelt­schutz mit Dayak-Traditionen

In einer globa­li­sierten Welt rückt die Tradi­tion der Dayak oft in den Hinter­grund. Und so lernen auch die Lehre­rinnen und Lehrer im Rahmen des Umwelt­bil­dungs­pro­jektes Neues. Eine junge Grund­schul­leh­rerin berichtet: „Ich bin selbst Dayak, aber ich wusste nicht, dass es Dayak gibt, die immer noch unsere Natur und die Tiere nutzen. Ich zähle mich schon zu den modernen Dayak. (…) Ich habe gemerkt, dass ich die Umwelt um mich herum selbst nicht verstand. Das hat mich verwirrt, als hätte ich meine eigene Kultur hinter mir gelassen. Das heißt ich lerne hier selbst viel dazu. Nicht nur die Schüler lernen, wir lernen gemeinsam.“

Junge Lehrerin auf Borneo
Eine Lehrerin an einer unserer Projekt­schulen: Wir lernen gemeinsam

Auf dem Schulhof einer Grund­schule in Timpah brennt die Vormit­tags­sonne bereits heiß vom Himmel. Auf dem Schulhof stehen keine Bäume, obwohl Timpah am Rand des Mawas-Schutz­ge­bietes liegt. Im Projekt pflanzen die Schüler und Lehrer deshalb gemeinsam Obst­bäume auf dem Schul­ge­lände und stellen Bio-Kompost für sie her, um die Natur mit ihren eigenen Händen – und Nasen, denn der Kompost stinkt! – zu erleben. Aber auch, um irgend­wann einmal – denn noch sind die Bäum­chen klein – Schatten und Früchte zu genießen. Ein Geben und Nehmen.

Neben der Baum­pflanz- und Kompost­ak­tion nahmen die Schü­le­rinnen und Schüler der neun Projekt­schulen bisher auch an Campingaus­flügen, Recy­cling-Work­shops, einem Besuch im BOS-Orang-Utan-Rettungs­zen­trum und an Dayak-Tanz­wett­be­werben teil.

Schüler bei Dayak Tanzwettbewerb
Tradi­tion am Leben erhalten: Unsere Projekt­schulen nahmen an einem Dayak-Tanz­wett­be­werb teil

„Inzwi­schen haben unsere Schüler glück­li­cher­weise ein sehr viel besseres Verständnis davon, wie wichtig Umwelt­schutz ist. Hoffent­lich werden sie ihr Wissen zur Achtung unseres Waldes mit ihren Eltern und ihrer Familie teilen“, so ein Lehrer einer weiter­füh­renden Schule.

Bessere Ausstat­tung für BOS-Projektschulen

In den bisher zwei Jahren seit Beginn des Projektes konnte bereits wich­tige Infra­struktur an den neun Schulen geschaffen werden: So verfügen die Schulen nun über Zugang zu sauberem Wasser, über Toiletten, Müll­eimer und Müll­sam­mel­plätze, einem Über­schwem­mungs­schutz sowie Solar­pa­neele. Eine entschei­dende Verbes­se­rung für den Alltag der Schüler und Lehr­kräfte sowie für den Umwelt­schutz. Denn in den Dörfern Timpah und Lawang Kajang gibt es nur nachts Strom, solange es dunkel ist. Sie sind bislang auch nicht an eine öffent­liche Wasser­ver­sor­gung ange­schlossen. „Dank der durch das Projekt instal­lierten Solar­pa­neele kann ich jetzt im Lehrer­zimmer auch mal etwas ausdru­cken. Das ist sehr hilf­reich“, berichtet eine Lehrerin begeistert.

Seit Projekt­start fanden Weiter­bil­dungen mit 19 Lehre­rinnen und Lehrern zum Unter­richten von Umwelt­bil­dung statt. Ein Lehr­modul für Umwelt­bil­dung für die Klas­sen­stufen 4 bis 9 wurde in Zusam­men­ar­beit mit den Schulen und der lokalen Bildungs­be­hörde entwi­ckelt und wird seit 2023 an sieben Schulen unter­richtet. Schon über 650 Schü­le­rinnen und Schüler haben am Unter­richt teilgenommen.

Alter­na­tive Einkom­mens­quellen sind rar

BOS setzt sich dafür ein, dass Umwelt­bil­dung lang­fristig in die offi­zi­ellen Lehr­pläne für alle Schulen im Distrikt Kapuas aufge­nommen wird. Ein junger Lehrer an einer Berufs­schule erzählt uns auch von den Heraus­for­de­rungen, die er beim Vermit­teln von Natur­schutz erlebt: „Die Jobs hier in der Gegend sind rar, und meis­tens haben sie etwas mit Ressour­cen­aus­beu­tung zu tun. Meine Schüler fragen mich, welche Arbeit sie ergreifen können, die die Natur nicht zerstört. Hier bin ich oft über­fragt, denn wir haben noch zu wenige Alter­na­tiven bei uns in der Region.“

Damit es zukünftig mehr umwelt­freund­liche Einkom­mens­al­ter­na­tiven gibt, koope­riert die BOS Foun­da­tion inzwi­schen mit 17 Dörfern, die am Rande des Schutz­ge­bietes Mawas liegen. Gemeinsam mit den dort lebenden Menschen sowie lokalen Entschei­dungs­trä­gern arbeiten wir daran, die Lebens­be­din­gungen für die Dorf­be­wohner zu verbessern.

Auf diese Weise setzen wir uns für eine nach­hal­tige Entwick­lung ein, die auch dem Regen­wald und seinen tieri­schen Bewoh­nern zugu­te­kommt. Mehr dazu hier auf unserer Website.

Auch Sie können mit Ihrer Spende unsere Arbeit für die Menschen auf Borneo unter­stützen. So helfen Sie auch dem Regen­wald und den Orang-Utans.

Die Dayak: nach­haltig aus Tradition

Die Dayak: nach­haltig aus Tradition

Die Wehea Dayak und Ngaju Dayak sind indi­gene Volks­gruppen, die in Ost- bezie­hungs­weise Zentral-Kali­mantan zuhause sind und tradi­tio­nell im Einklang mit der Natur leben. Dieser nach­hal­tige Umgang mit der Umwelt wird seit Urzeiten von Gene­ra­tion zu Gene­ra­tion weiter­ge­geben und ist bis in die heutige Zeit fest in ihrer Lebens­weise verankert.

So werden in ihren Dörfern noch immer Riten und Rituale prak­ti­ziert, die spiri­tu­ellen Wesen­heiten huldigen, welche sich, dem Glauben des Volkes gemäß, in der Natur zeigen: in der Erde, Flora und Fauna.

Im Rahmen verschie­dener Programme arbeiten die BOS Foun­da­tion und RHOI mit verschie­denen Gemeinden der Dayak in Ost- und Zentral-Kali­mantan zusammen. Dabei kommt unser Team immer wieder in Berüh­rung mit ihren über­lie­ferten Tradi­tionen und Praktiken.

Der Wald als heiliger Ort und Reis als Quelle des Lebens

So betreiben die Wehea Dayak etwa Land­wirt­schaft in einem Zyklus aus Anbau und Ruhe­zeiten. Nach der Ernte dürfen die Felder einige Jahre lang brach liegen und können sich erholen, ehe sie erneut bestellt werden. Neue Anbau­flä­chen werden durch Brand­ro­dung gewonnen. Dabei gilt der Wald den Wehea Dayak jedoch nicht nur als Ressource. Er ist auch ein heiliger Ort, der durch Rituale geehrt wird, um die Harmonie zwischen Mensch und Land zu erhalten.

Reisernteritual der Dayaks
Tradi­tio­nelle Reis­ernte in einem Dorf der Wehea Dayak

Auch der Reis hat für das indi­gene Volk eine beson­dere, spiri­tu­elle Bedeu­tung. Für die Wehea Dayak ist er nicht nur Grund­nah­rungs­mittel, sondern gilt als Mittel­punkt und Quelle des Lebens. Unser Team durfte zur Reis­ernte an einem Ritual teil­nehmen, das die Reis­göttin ehrt und ihr für ihre Gaben dankt.

Die Zusam­men­ar­beit mit den Gemeinden hat eine Schlüs­sel­rolle in den Anstren­gungen von BOS und RHOI, Orang-Utans zu schützen und den Regen­wald als Lebens­raum, auch für andere Wild­tier­arten, zu erhalten. Ziel der Programme ist es, die Gemeinden darin zu unter­stützen, ihre tradi­tio­nelle Lebens­weise in die Moderne mitzunehmen.

Rituale zum Schutz vor Mensch-Wildtier-Konflikten

Der schwin­dende Lebens­raum, das Bevöl­ke­rungs­wachstum und die dadurch entste­hende Konkur­renz um Ressourcen hat zur Folge, dass die Zahl der Konflikte zwischen Menschen und Wild­tieren zunimmt – mit oftmals tödli­chem Ausgang für die betei­ligten Tiere. Im Rahmen eines Trai­nings, das die BOS Foun­da­tion gemeinsam mit der Natur­schutz­be­hörde BKSDA Zentral-Kali­mantans in zwei Dörfern der Ngaju Dayak durch­führte, erfuhr unser Team von tradi­tio­nellen Bräu­chen, die solche gewalt­samen Ausein­an­der­set­zungen verhindern.

Malaienbär
Begeg­nungen von Menschen und Wild­tieren können auch fried­lich ablaufen

So berich­teten die Einwoh­ne­rinnen und Einwohner aus Tumbang Mantuhe beispiels­weise, dass sie regel­mäßig Malai­en­bären im Wald begegnen. Zu Konflikten führt dies jedoch nicht. Grund dafür sei folgendes Ritual: Wann immer sie im Wald sind, tragen sie die Mittel­rippe der Blätter des Betel­nuss­baumes mit sich, die am Freitag zu Boden gefallen sind. Solange sie dies tun, seien sie vor den Bären geschützt.

Im Rahmen des Trai­nings wurden ergän­zende Schutz­maß­nahmen wie etwa das Mitführen einer Licht­quelle oder die Beglei­tung durch einen Hund erar­beitet. Diese Maßnahmen helfen dabei, es gar nicht erst zu poten­ziell gefähr­li­chen oder gar tödli­chen Begeg­nungen mit Malai­en­bären kommen zu lassen. Am Ende des Work­shops, an dem 52 Bäue­rinnen und Bauern sowie Mitar­bei­tende von Plan­ta­gen­firmen der Holz- und Palm­öl­wirt­schaft teil­ge­nommen hatten, gingen sowohl die Dorf­be­wohner als auch die Projekt­lei­tung mit neuen Erkennt­nissen auseinander.

Tradi­tio­nelle Fisch­teiche für ein nach­hal­tiges Einkommen

Natür­lich beein­träch­tigt die Land­ent­wick­lung auf Borneo, welche mit der Rodung des Regen­waldes für Straßen, Sied­lungen und Plan­tagen einher­geht, auch die Lebens­weise der Dayak, ganz gleich wie abge­schieden ihre Dörfer liegen mögen. Sie beweisen jedoch eine erstaun­liche Wider­stand­fä­hig­keit, indem sie ihr über­lie­fertes Wissen an die neuen Bedin­gungen anpassen.

Menschen vor Fischteich in Kalimantan
Fisch­teiche als Spei­se­kammer, zur Bewäs­se­rung der Äcker und zum Schutz vor Bränden

So betreiben die indi­genen Gemeinden Land­wirt­schaft und Jagd nur in einem Umfang, den sie für ihre eigenen Bedürf­nisse benö­tigen. Ein Beispiel hierfür ist die oben beschrie­bene Nutzung land­wirt­schaft­li­cher Flächen. Auch die Jagd erfolgt bis heute mit tradi­tio­nellen Waffen und Methoden, wodurch die Wehea Dayak nur so viele Tiere erlegen, dass ihr Bestand nicht gefährdet wird.

Die Methode der Ngaju Dayak, Fisch­teiche in natür­lich entstan­denen Regen­was­ser­tüm­peln anzu­legen und dadurch die Versor­gung der Dorf­be­wohner mit frischem Fisch zu sichern, wurde nun Teil eines BOS-Projektes in der Region Mawas.

Was wir von der Lebens­weise der Dayak lernen können

Tradi­tio­nell nutzen die Gemeinden Vertie­fungen, die während der Trocken­zeit durch klei­nere Brände entstehen und während der Regen­zeit durch den nahen Fluss mit Wasser und Leben gefüllt werden. Während des Projektes machten sich die Gemeinden ihr Wissen zunutze und legten größere Fisch­teiche von Hand an. Diese dienen nun nicht mehr nur als Vorrats­kammer für das Dorf selbst. Sie ermög­li­chen den Projekt­teil­neh­mern, mit über­zäh­ligen Fischen Handel zu betreiben. Außerdem halten die größeren Teiche auch in der Trocken­zeit noch Wasser, das für Gärten und Äcker sowie zum Löschen even­tu­eller Brände genutzt werden kann.

Die Zusam­men­ar­beit der BOS Foun­da­tion mit Gemeinden der Dayak macht eines immer wieder deut­lich: In Zeiten des Arten­ster­bens und des Klima­wan­dels ist ihre indi­gene Kultur und ihr über­lie­fertes Wissen um ein Leben im Einklang mit der Natur eine Inspi­ra­tion für unsere „moderne“ Zivilisation.

Unter­stützen Sie uns dabei, die lokalen Gemeinden zu stärken und ihr Wissen zu bewahren: Jeder Beitrag hilft!

Gelebte Kultur – BOS hilft, alte Wehea Dayak-Rituale zu bewahren

Gelebte Kultur – BOS hilft, alte Wehea Dayak-Rituale zu bewahren

Beim Schutz und der Erhal­tung der Orang-Utans und ihres Lebens­raums auf Borneo arbeitet BOS auch eng mit den lokalen Gemeinden zusammen – und hilft ihnen dabei, ihre Kultur und Tradi­tionen zu bewahren. Ein Beispiel für eine tradi­tio­nelle Zere­monie, an der wir teil­nahmen, ist das naq lom. Dabei handelt es sich um das Initia­ti­ons­ri­tual für Kinder des Wehea-Dayak-Stammes in Ost-Kalimantan.

Schutz durch die Ahnen

Bei diesem Ritual wird der Name der Abstam­mungs­linie der Kinder bestä­tigt und der Schutz der Vorfahren der Familie erbeten. Es findet in der Regel zwischen Mai und Juni nach dem Reis­ern­te­fest statt.

Vier Tage wird gefeiert

Das naq lom-Ritual dauert in der Regel vier Tage. An den ersten beiden Tagen wird das Fest vorbe­reitet, an Tag drei und vier das Ritual durch­ge­führt.
Zunächst werden die Ausrüs­tung, das Essen und die benö­tigten Mate­ria­lien herge­richtet und zube­reitet, darunter Reis, Schwei­ne­fleisch, Brenn­holz, Bambus und Besteck.

Erbstücke der Wehea Dayak für das naq lom Ritual
Am ersten Tag bereiten die Teil­nehmer alles Notwen­dige für die naq lom-Zere­monie vor. Darunter auch diese Erbstücke

Am zweiten Tag richten die Teil­nehmer den Veran­stal­tungsort her: ein Haus, das durch ein Ritual namens ndeq kot gesegnet wird. Dabei werden gekochte Kürbisse als Opfer­gabe für die Ahnen im Umkreis verteilt, damit Tiere sie fressen können.

Das Fest beginnt

Am dritten Tag beginnt für die Wehea-Dayak-Gemein­schaft das eigent­liche Fest. Im leng dung-Ritual wird Tieren Glück geschenkt, das in Form von Bana­nen­stauden am Stra­ßen­rand abge­legt wurde. In der Zwischen­zeit stampfen die am Ritual teil­neh­menden Jungen und Mädchen Zucker­rohr – dieser Teil wird nde luaq genannt.

Wehea Dayak Familie lässt ihr Kind beim naq lom Ritual segnen
Ein Kind wird von einem Dorf­äl­testen während des Rituals gesegnet

Am letzten Tag des Festes wird beim ndeg zere­mo­niell ein männ­li­ches Schwein geschlachtet, dessen Blut der Leiter des Rituals auf die tradi­tio­nelle Klei­dung der Kinder streicht. Dabei werden die Ahnen in Gebeten um Glück, Segen und Sicher­heit ersucht.

Ein Fest­mahl mit Musik und Tanz

Ohne Fest­mahl und Tanz ist natür­lich keine Feier vorstellbar. Nach dem Mittag­essen führen die Frauen den schwung­vollen Gemein­schafts­tanz ngeway auf, den die Männer mit Perkus­si­ons­musik begleiten. Zum naq lom gehören noch weitere Freu­den­tänze, die von der Wehea-Dayak-Gemein­schaft aufge­führt werden, wie der Paar­tanz ngejo oder der ngeleang, den man allein oder zu zweit tanzt.

Wehea Dayak Frauen tanzen in traditionellen Gewändern beim naq lom Ritual
Der ngeway-Tanz ist fester Bestand­teil des naq lom-Rituals

Die Dank­bar­keit wird nicht nur durch den Tanz ausge­drückt, sondern auch durch das Verlesen von Gebeten und Mantras, genannt nelkeaq. Die Wehea Dayak führen auch das gung­gunggel-Ritual durch, bei dem die Gäste um Essen oder Geld wett­ei­fern – ähnlich dem Werfen eines Blumen­straußes bei Hoch­zeiten, das symbo­lisch für das Teilen des Glücks mit anderen steht.

Lieder erzählen Geschichten

Das Ritual endet in der Regel mit enlueng dendang-Musik, den Wehea-Liedern, die die ganze Nacht bis in die Morgen­stunden hindurch gesungen werden. Diese Lieder erzählen von den Ursprüngen der Wehea-Vorfahren und erwähnen die Namen der Ahnen, die Flüsse und ihr Erbe.

Während des Rituals ist es für die Orga­ni­sa­toren übri­gens tabu, bestimmte Fisch­arten zu essen, und die Tänzer dürfen eine Nacht vor den Feier­lich­keiten kein Salz zu sich nehmen.

Unter­stüt­zung ist notwendig

Naq lom ist sehr wichtig, um den Status der Kinder und ihrer Fami­lien inner­halb der tradi­tio­nellen Wehea Dayak-Gesell­schaft zu sichern. In der heutigen Zeit sind jedoch die Kosten für die Orga­ni­sa­tion dieses Rituals für viele zu hoch, so dass jedes Jahr weniger naq lom-Zere­mo­nien statt­finden. Deshalb unter­stützt BOS die Gemeinden, um dieses wich­tige Ritual am Leben zu erhalten.

BOS unter­stützt die Akti­vi­täten der Wehea Dayak zur Erhal­tung ihrer Tradi­tion unter anderem durch finan­zi­elle Förde­rung. Helfen Sie uns dabei.