Kleine Schimpansen und Orang-Utans sind beliebt, Promis und Influencer posieren mit ihnen auf Instagram. Und auch die weltweiten Zoos sind immer interessiert an neuem Nachschub. Doch woher kommen die Tiere?
Reporter Michel Abdollahi macht sich auf die Suche nach weltweiten Netzwerken des kriminellen Affenhandels. Im kongolesischen Regenwald sucht er die letzten Bonobos und erhält am Rande eines Marktes ein illegales Angebot. Händler wollen ihm ein Jungtier verkaufen. Solche Geschäfte sind hier schon fast alltäglich. Auch in Thailand wird Abdollahi Zeuge eines illegalen Tierraubs. In einem Zoo, der auf dem Dach eines Kaufhauses untergebracht ist, entdeckt er einen streng geschützten Bonobo. Es ist eine kleine Sensation. Sogar die berühmte Primatenforscherin Jane Goodall reist an und zeigt sich erschüttert: Bonobos sind vom Aussterben bedroht. Fast überall auf der Welt findet Abdollahi Unregelmäßigkeiten. In China fahndet er nach vier Gorillas, deren Spur sich verloren hat. Und in den USA trifft er auf den berühmten Tierguru Doc Antle, der nicht erklären kann, woher er seine Schimpansenbabys hat. Warum ist dies alles möglich? Das internationale Vertragswerk CITES soll bedrohte Tierarten schützen. Doch das Abkommen ist offenbar vielfach wirkungslos. Das zeigt sich auch im Fall des geklauten Bonobos. Trotz der Meldung an die CITES-Leitung lebt das Tier bis heute in Gefangenschaft. Er ist eines von tausenden Opfern des illegalen Handels mit unseren nächsten Verwandten in der Natur.
Moderator Frank Elstner hatte den Tierschützer Willie Smits in seiner Sendung „Menschen der Woche“ kennengelernt und versprochen, einmal selbst nach Indonesien zu kommen, um die Situation der Orang-Utans vor Ort zu erleben. Es sollte eine der spannendsten und emotionalsten Reisen seines Lebens werden.
Mehr als drei Wochen begleitet er den Tier- und Naturschützer Willie Smits durch Indonesien, immer auf der Spur der Orang-Utans. Die Route führt von Java über Sulawesi bis nach Borneo — der natürlichen Heimat der Orang-Utans. Der Moderator lernt dabei Menschen kennen, die ihr Leben dem Schutz der seltenen Menschenaffen widmen, bekommt aber auch Einblicke in die großen Probleme des Landes und die damit verbundenen Schicksale der Orang-Utans. Einen besonderen Orang-Utan begleitet er auf dem Weg zurück in die Freiheit. „Einer der schönsten Momente meines Lebens“, sagt Frank Elstner sichtlich berührt bei 40 Grad im Schatten mitten im Dschungel von Borneo.
Der Evolutionsbiologe James Askew verbrachte mehrere Monate im Regenwald Borneos, um die Rufe erwachsener Orang-Utan Männchen zu erforschen. Gemeinsam mit seinem Team hat er neue Erkenntnisse über die Bedeutung der sogenannten ‘Long Calls’ gewonnen.
Bisher wurden bei Orang-Utans etwa 32 Lautäußerungen identifiziert (1). Doch nicht alle Rufe kommen in allen Populationen vor. Bei manchen Lautäußerungen wird vermutet, dass sie sozial erlernt werden, und somit eine weitere Komponente der kulturellen Variation zwischen Orang-Utan Populationen darstellen könnten. Generell lassen sich die Rufe der Orang-Utans in drei Klassen einteilen. Rufe und Laute die über kurze Distanz hörbar sind (unter 25 Meter), mittlere Distanz (250 Meter) und Langdistanz (mehr als 250 Meter).
Der sogenannte ‘Long Call‘ (zu deutsch „langer Ruf“) gehört zu den Langdistanz Rufen und ist einer der häufigsten Lautäußerungen ausgewachsener Orang-Utan Männchen. Dieser Ruf ist — sogar im dichten Regenwald — bis zu 1500 Meter weit hörbar. Er besteht aus drei Teilen: Einer Einführung, die sich wie ein niederfrequentes Grummeln anhört, einem Höhepunkt mit mehreren starken Impulsen und blubbernden Lauten im Abklang (2). Am häufigsten hört man den komplexen Ruf von ausgewachsenen Männchen, die sekundäre Geschlechtsmerkmale wie Kehlsack und ausgeprägte Wangenwulste besitzen. Männchen ohne diese Geschlechtsmerkmale rufen deutlich weniger. Ein typischer ‘Long Call‘ dauert oft über eine Minute an und Abfolgen dieses Rufes können sogar mehr als 10 Minuten andauern (3). Hier ist ein ‘Long Call‘ zu hören.
Ist der ‘Long Call‘ eines Männchens von einem anderen unterscheidbar?
Um dieser und anderer Fragen nachzugehen, begab sich James mehrere Monate in den Jahren 2007 bis 2010 in die Sumpfregenwälder von Sabangau auf Borneo. Es ist nicht einfach, Orang-Utan Männchen im dichten Regenwald ausfindig zu machen. Doch sobald James einen Ruf hörte, begaben er sich sofort in diese Richtung, egal wie weit er vom Basislager entfernt war. Sobald er den Orang-Utan gefunden hatte, wurde dieser mehrere Tage mit großzügigem Abstand begleitet und jede Lautäußerung mit einem speziellen Mikrofon aufgezeichnet. Dazu wurde auch die Richtung, in der der Ruf abgesetzt wurde und der zugehörige Kontext notiert, sowie die Reiseroute via GPS ermittelt. So gelang es ihm und dem Forschungsteam im Laufe des Beobachtungszeitraums Daten von knapp 80 ‘Long Calls‘ von drei ausgewachsenen Männchen namens Peter Pan, Jupiter und Salvador zu erhalten (4).
Wie bereits aus anderen Studien in anderen Teilen Borneos und Sumatra bekannt war (5–7), so waren auch die ‘Long Calls‘ der Orang-Utans Peter Pan, Jupiter und Salvador individuell unterscheidbar (4).
Bildliche Darstellung des zeitlichen Verlaufs des Frequenzspektrums der ‘Long calls’ der Männchen Salvador (obere Grafik) und Jupiter (unten). Man kann hier sehr gut die unterschiedlichen Pulsarten der Rufe erkennen (Quelle: Askew & Morrogh-Bernard, 2016).
Ob andere Orang-Utans die den ‘Long call’ hören, den Rufenden identifizieren können, ist bisher noch nicht eindeutig nachgewiesen. Dennoch sprechen einige Indizien dafür, dass Weibchen sowie andere Männchen wissen, wer der Rufende ist. Wenn Männchen aufeinandertreffen, so kommt es oft zu Aggression. Beobachtungen zeigen, dass niederrangige Orang-Utan Männchen den Rufen von dominanten Männchen ausweichen (5, 8) und sexuell aktive Weibchen sich den Rufen von dominanten Männchen annähern (9). Weibliche Orang-Utans mit Jungtieren dagegen scheinen sich von einem rufenden Männchen eher wegzubewegen (7).
Ändern sich die ‘Long calls’ je nach Kontext, in dem sie getätigt werden?
‘Long Calls‘ werden in mehreren Situationen abgegeben. Sie können spontan erfolgen, als Reaktion auf ‘Long Calls‘ anderer Männchen, als Reaktion auf das Fallen eines Baumes oder andere Störungen und gegenüber Menschen, die ihnen zu nahekommen. ‘Long Calls‘, die im aufgeregten Zustand abgegeben werden, sind etwas schneller, haben Pulse von kürzerer Dauer und enthalten mehr Pulse und blubbernde Laute als spontan abgegebene Rufe (7). Es gibt Hinweise, dass weibliche Orang-Utans den Unterschied zwischen einem aufgeregtem ‘Long Call‘, der durch eine Störung hervorgerufen wurde und einem spontan ausgestoßenen ‘Long Call‘ erkennen können: Denn sie scheinen den Ruf zu ignorieren, der durch eine Störung hervorgerufen wurde (7). Forscher vermuten, dass ‘Long Call‘ Rufe die das Orang-Utan Männchen spontan äußert, dazu dienen Weibchen anzulocken und andere Männchen davon abzuhalten, in die Gegend zu kommen.
Welche Botschaft steckt in der Rufrichtung der ‘Long calls’?
Aus den Analysen geht hervor, dass Orang-Utan Männchen im Sumpfregenwald von Sabangau ihre ‘Long Calls‘ unter anderem dazu verwenden, um ihre zukünftige Reiserichtung „anzukündigen“ (4). Dies wurde bereits schon für Sumatra-Orang-Utans gezeigt (10). Dabei wenden sich Orang-Utans der geplanten Reiserichtung zu, während sie die Lautäußerung von sich geben. In der Studie wurde gezeigt, dass der letzte ‘Long Call‘, der kurz vor dem schlafen abgegeben wurde, eine bessere als zufällige Vorhersage der Reiserichtung bis 16:00 Uhr am nächsten Tag lieferte — also ca. 22 Stunden nach dem abendlichen Ruf! ‘Long Calls‘ die unter Tags abgegeben werden, sagen die weitere Reiserichtung für viele Stunden voraus, wohingegen ein neuer Ruf eine Änderung der Hauptreiserichtung anzeigen kann (10). Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass männliche Orang-Utans ihre Reisepläne lange im Voraus schmieden und sie ihren Artgenossen ankündigen.
James Askew absolvierte seinen PhD in Evolutionsbiologie an der University of Southern California. Er studiert Verhaltensökologie und Reproduktionsphysiologie in drei Orang-Utan-Populationen auf Borneo und Sumatra.
Eines unserer wichtigsten Ziele ist es, mehr Regenwaldflächen zu erwerben und zu Schutzwald für unsere Orang-Utans umzuwandeln. Helfen auch Sie, diesen faszinierenden Lebensraum und seine gewaltige Artenvielfalt zu erhalten und zu schützen. Jeder Beitrag hilft.
Text: Dr. Isabelle Laumer
Referenzen:
1. Hardus, M. E., Lameira, A. R., Singleton, I., Morrogh- Bernard, H. C., Knott, C. D., Ancrenaz, M., Utami Atmoko, S. S. & Wich, S. A. 2009: A description of the orangutan’s vocal and sound repertoire, with a focus on geographic variation. In: Orangutans: Geographic Variation in Behavioral Ecology and Conservation (Wich, S. A., Mitra Setia, T. & van Schaik, C. P., eds). Oxford University Press, Oxford, pp. 49—60.
2. Galdikas BFM (1983). The orang-utan long call and snag crash at Tanjung Puting Reserve. Primates 24: 371–384.
3. J. Askew, 2016, Information stammt aus noch nicht veröffentlichten Daten.
4. Askew J.A., Morrogh-Bernard H.C. (2016) Acoustic Characteristics of Long Calls Produced by Male Orang-Utans (Pongo pygmaeus wurmbii): Advertising Individual Identity, Context, and Travel Direction, Folia Primatol 2016;87:305–319.
5. Delgado RA (2003). The Function of Adult Male Long Calls in Wild Orang-Utans (Pongo pygmaeus). PhD dissertation, Duke University, Durham.
6. Delgado RA, Lameira A, Davila Ross M, Husson SJ, Morrogh-Bernard HC, Wich SA (2009). Geographical variation in orangutan long calls. In Orangutans: Geographic Variation in Behavioral Ecology and Conservation (Wich SA, Utami Atmoko SS, Mitra Setia T, van Schaik CP, eds.), pp 215–224. New York, Oxford University Press.
7. Spillmann B, Dunkel LP, van Noordwijk MA, Amda RNA, Lameira AR, Wich SA, van Schaik CP (2010). Acoustic properties of long calls given by flanged male orang-utans (Pongo pygmaeus wurmbii) reflect both individual identity and context. Ethology 116: 385–395.
8. Mitani J (1985). Sexual selection and adult male orang-utan long calls. Animal Behaviour 33: 272–283.
9. Mitra Setia T, van Schaik CP (2007). The response of adult orang-utans to flanged male long calls: inferences about their function. Folia Primatologica 78: 215–226.
10. van Schaik CP, Damerius L, Isler K (2013). Wild orangutan males plan and communicate their travel direction one day in advance. PLoS One 8: e74896.
Man muss kein Lego-Fan sein, um sich von den lebensnahen Modellen des Künstlers Felix Jaensch faszinieren zu lassen. Uns haben natürlich vor allem seine realistischen Orang-Utan-Skulpturen begeistert – zumal wir wissen, wie schwierig es sich gestaltet, die ausdrucksstarken Gesichter natürlich abzubilden. So haben wir beim Künstler nachgefragt, wie er eigentlich auf den Orang-Utan kam und was ihn an den Tieren so inspiriert.
Herr Jaensch, Sie haben (fast) lebensgroße, sehr beeindruckende Modelle von Orang-Utans aus Lego gebaut. Wieso ausgerechnet von diesen Tieren?
Ich habe zwar schon viele verschiedene Tiere gebaut, aber ich finde Orang-Utans besonders interessant und sympathisch. Daher wollte ich unbedingt ein großes Modell von diesen Tieren bauen.
Und wieso nutzen sie ausgerechnet eckige Plastiksteine, um Ihre Skulpturen zu erstellen?
Die meisten kennen Lego vor allem aus ihrer Kindheit. Allerdings ist Lego auch ein sehr gutes (und benutzerfreundliches) Medium, um Plastiken zu erstellen. Es ist jedoch sehr herausfordernd, organische Formen mit eckigen Steinen zu schaffen. Mich reizt diese Herausforderung. Und mich fasziniert das ganzheitspsychologische Phänomen, das unser Gehirn, ungeachtet aller Ecken und Kanten, das Ergebnis zu einem sinnvollen organischen Bild zusammenfügt.
Was fasziniert Sie an Orang-Utans?
Mich faszinieren generell intelligente Tiere. Vom Kopffüßer bis zum Rabenvogel. Allerdings sind Orang-Utans eine außergewöhnliche Spezies. Selbst unter den Primaten. Insbesondere die technische Intelligenz ist ganz besonders ausgeprägt. Ihre Neugier und die Fähigkeit zur Antizipation sowie zur Problemlösung sind bemerkenswert. Allerdings mag ich Orang-Utans auch wegen ihres Sozialverhaltens. Natürlich ist das aggressive Potential bei Menschen und anderen Primaten manchmal ein evolutionärer Vorteil. Allerdings finde ich das Wesen des Orang-Utans sehr viel sympathischer.
Wie lange arbeiten Sie an einem so großen Modell? Und was sind die größten Herausforderungen?
Ich brauche Monate für ein großes Projekt. Die effektive Zeit kann ich nicht benennen.
Da ich kein Digitalprogramm benutze, ist die Form zunächst generell ein Problem. Man kann sagen, dass ich jedes Körperteil mindestens zweimal gebaut habe, bis ich zufrieden bin. Allerdings machen mir die Maße besonders zu schaffen. Ich versuche mittlerweile immer in Originalgröße zu bauen. Dafür braucht man relativ eindeutige Maßangaben. Diese sind jedoch schwer zu recherchieren und auch schwer umzusetzen. Meistens gibt es nur Angaben zur Kopf-Rumpflänge. Häufig nicht einmal das! Ich muss sehr viel abschätzen. Außerdem bin ich auf die Form und Größe der Steine zurückgeworfen. Da muss ich manchmal Kompromisse machen. Am Ende zählt der Gesamteindruck.
Was sind Ihre Vorlagen? Wie gehen Sie so ein Projekt an? Wenn ich eine Idee für ein Modell habe, sammle ich Fotos aus Büchern und dem Internet. Ich suche verschiedene Quellen mit Größenangaben. Aber die sind, wie bereits gesagt, meistens unbefriedigend. Manchmal fertige ich auch einfache, lebensgroße Skizzen an, um die Proportionen einzuschätzen. Die endgültige Haltung und die Größe können aber während des Entstehungsprozesses leicht abweichen.
Wir haben gelesen, dass Sie Ihre Tier- und Menschmodelle mit dem Gesicht starten. Warum bauen Sie nicht von unten nach oben? Von unten nach oben zu bauen macht natürlich Sinn, wenn man eine Anleitung hat. Aber ich stehe erst einmal vor dem „Nichts“ und muss einen Anfang finden. Also fange ich mit dem Wichtigsten an. Wenn das dann nicht funktioniert, brauche ich gar nicht erst weiterzumachen. Und das Gesicht, insbesondere die Augen, sind für uns Menschen nun mal am wichtigsten, um das Gegenüber als Lebewesen wahrzunehmen.
Der Rest wächst dann meistens von oben nach unten. Ich schätze dabei die Größe und die Proportion anhand der bereits gebauten Partien ab.
Von anderen Künstlern hören wir immer wieder, wie schwierig es ist, gerade einen Orang-Utan ausdrucksstark abzubilden. Können Sie davon auch ein Liedchen singen? Ehrlich gesagt nicht. Wenn man sich mit der Spezies beschäftigt und genau hinsieht, gibt es eigentlich keinen Unterschied zu der Darstellung von anderer Primaten. Alle haben eine spezifische Physiognomie und eine typische Mimik. Allerdings sehe ich mir fast jeden Tag Bilder von Primaten und insbesondere Orang-Utans an. Vielleicht habe ich daher mehr Erfahrung.
Bauen Sie nur zum Spaß und Zeitvertreib oder haben Sie eine Intention? Ich bin Künstler, daher ist das Bauen mit Legosteinen mittlerweile sehr viel mehr als ein Zeitvertreib. Meine Intention ist es hauptsächlich Werke zu schaffen, die die Menschen faszinieren und unterhalten. Wenn ich dabei das Interesse für Zoologie wecke oder stärke, finde ich das sehr gut. Wenn ich sie auf die Bedrohung von Orang-Utans aufmerksam machen sollte, umso besser! Aber ich möchte mit meiner Kunst nicht aufdringlich sein. Ich habe eine Abneigung gegen Kunst, die dem Publikum eine Aussage aufdrängt. Das finde ich mehr als anmaßend. Sogar respektlos, wenn sich der Künstler dabei für die handwerklichen Ausführung noch nicht einmal Mühe gibt und die Schöpfungshöhe allein in der Metaebene sieht.
Stellen Sie Ihre Modelle auch aus? Kann man sie irgendwo in natura bewundern? Zurzeit nicht. Mal sehen, ob es vielleicht nächstes Jahr die Möglichkeit gibt.
Stehen Sie in Kontakt zum Lego-Konzern? Haben die Interesse, Ihre Modelle in Parks, Läden o. ä. auszustellen? Ich bin freier Künstler und habe bisher keinen Kontakt zum Legokonzern.
Was sind Ihre nächsten Baupläne? Ich habe noch einige unvollendete Projekte. Zum Beispiel einen Marabu, einen Kolkraben und mehrere Personen.
Bei so großen Modellen braucht man ja tausende von Steinen. Und sind sie fertig, nehmen sie viel Raum in der Wohnung ein. Wie muss man sich das bei Ihnen vorstellen? Begegnet man in Ihrer Wohnung überall Affen, Vögeln, Hunden und anderen Lego-Objekten? Oder nehmen Sie die Modelle nach einiger Zeit wieder auseinander? Ich habe tatsächlich viele meiner Modelle hier in der Wohnung stehen. Teilweise erinnert es an Taxidermie. Wenn ich ein Modell vollendet habe, nehme ich es in der Regel nicht mehr auseinander.
Ich bin jedoch selten endgültig mit einem Modell zufrieden. Daher kann es sein, dass ich später noch kleine Veränderungen vornehme.
Eines der wichtigsten Kriterien für eine erfolgreiche Auswilderung ist, sich in freier Wildbahn selbstständig ernähren zu können. Normalerweise lernen Orang-Utan-Kinder diese wichtige Überlebensfertigkeit von ihrer Mutter. Unsere Waisenkinder in den BOS-Rettungszentren nehmen daher am mehrjährige Waldschulprogramm teil.
Je nach Verbreitungsgebiet und Waldbeschaffenheit ernähren sich Orang-Utans von etwa 100 bis zu knapp 400 verschiedenen Pflanzenarten (1). Dabei verzehren sie – je nach Gebiet – auch oft unterschiedliche Teile der Pflanzen, wie etwa Frucht, Blüten, Blätter, Rinde oder Mark (1). Orang-Utans fressen primär Früchte – falls diese verfügbar sind. Zu den bevorzugten Waldfrüchten gehören zum Beispiel Mangos, verschiedene Feigenarten, Zibetfrüchte, Litschipflaumen und Jabon Früchte.
Neben Früchten werden auch Blätter, Blattsprossen, Ameisen, Termiten, Raupen, Grillen und andere Insekten, mineralhaltige Erde, Honig, gelegentlich sogar Vogeleier und kleine baumlebende Wirbeltiere (2) gefressen. In Zeiten von Fruchtknappheit verbringen Orang-Utans weniger Zeit damit, im Regenwald umherzustreifen. Dann investieren sie mehr Zeit in die Nahrungsaufnahme. Man kann sie oft dabei beobachten, wie sie die Rinde von speziellen Baumarten entfernen, um an das Baumkambium – eine nährstoffreiche Schicht direkt unter der Rinde – heranzukommen.
Wie lange dauert es in freier Wildbahn, bis das Jungtier all das Know-how der Nahrungsbeschaffung erlernt hat?
Bis das Jungtier ein ähnliches Nahrungsspektrum wie das der Mutter entwickelt hat, dauert es etwa acht Jahre (siehe Grafik; 3).
Wie lernen Orang-Utan-Kinder?
Orang-Utan-Mütter unterrichten ihren Nachwuchs nicht aktiv, sondern Jungtiere lernen durch Zuschauen und selbstständiges Ausprobieren. Im Laufe ihrer Entwicklung bis zum Alter von etwa 15 Jahren, kommt es zu ca. 9.000 — 38.000 Zuschau-Sequenzen in denen Jungtiere ihren Müttern ganz genau bei Nahrungswahl, Werkzeuggebrauch und Nestbau zuschauen (4). Weibliche Jungtiere orientieren sich bei der Nahrungswahl vor allem an ihren Müttern oder anderen Weibchen. Männliche Jungtiere wählen, wenn sie älter werden, zunehmend fremde ausgewachsene Männchen als Vorbilder (5). In unseren Auffangstationen übernehmen die speziell dafür ausgebildeten Pfleger:innen diese langjährige, komplexe Aufgabe, um die Orang-Utan-Waisenkinder bestmöglich auf ein Leben in freier Wildbahn vorzubereiten. Eine Studie, die in unserem Rettungszentrum Nyaru Menteng durchgeführt wurde (6), hat gezeigt, dass die Waldschüler insgesamt mit über 100 verschiedenen Nahrungsmitteln konfrontiert werden. Über 80 davon kommen natürlich im Wald vor.
Orang-Utans säugen ihr Junges bis zu neun Jahre lang – länger als alle Affen der Welt (7). Dies ist vermutlich eine natürliche Anpassung an Zeiten, in denen Nahrung knapp ist. Orang-Utans leben in Wäldern, die durch Dürreperioden gekennzeichnet sind und in denen Früchte nur zu bestimmten Zeiten reif werden. Um das benötigte Kalorien- und Nährstoffpensum des Jungtiers auszugleichen, säugt die Mutter das Junge daher zusätzlich über viele Jahre hinweg. Im ersten Lebensjahr besteht die Nahrung ausschließlich aus Milch, dann kommen nach und nach andere Nahrungsmittel hinzu. Auch unsere Waisenkinder bekommen, abhängig von ihrem Alter, Milchersatz von den Pfleger:innen angeboten. Junge Orang-Utans unter einem Jahr werden mit einem, auf die individuellen Ernährungsbedürfnisse angepassten, Vollmilchersatz aus der Flasche gefüttert. Diese Milch ist für menschliche Säuglinge gemacht und enthält Molkenprotein, Laktose, Soja, Mineralstoffe, Spurenelemente, Antioxidantien, Vitamine und Probiotika. Ältere Orang-Utans, die schon gezahnt haben und feste, pflanzliche Kost zu sich nehmen können, bekommen lokal hergestellte Sojamilch als Ergänzung. Sojaeiweiß hat eine hohe biologische Wertigkeit und ist daher eine wertvolle Proteinquelle.
Früchte. Das Jungtier muss lernen, welche Früchte essbar sind, wo und zu welcher Jahreszeit man sie findet und wie man sie frisst. Ganze, weiche Früchte wie wilde Feigen und Guaven zu essen ist einfach. Unsere fortgeschrittenen Waldschüler müssen lernen, wie sie Früchte mit harter Schale, wie zum Beispiel Durian Früchte, bearbeiten müssen. In der Waldschule lernen sie Techniken, auch hartschalige Früchte zu knacken, zu schälen und aufzubrechen, um an das Fruchtfleisch und die Samen heranzukommen. Im Regenwald befinden sich die Früchte oft in zehn bis 15 Metern Höhe. Daher werden die Tiere von den Babysitterinnen immer wieder ermuntert, sich die Nahrung selbst vom Baum zu holen. Dazu werden Äste mit Früchten bespickt und diese auf höher im Baum gelegenen Nahrungsplattformen verteilt oder auf Obst-Spieße verteilt, die in die Höhe gehalten werden. Oder sie werden zu Früchte tragenden Bäumen im Wald geführt, um ihnen die Möglichkeit zu geben, ihre Kletterfähigkeiten zu verfeinern und diese selbst zu pflücken.
Baumkambium. Das Baumkambium, eine saftige Schicht unter der Rinde eines Baumes, ist während der Trockenzeit eine wichtige Nahrungsquelle für Orang-Utans. Ihre Zähne sind kräftig und gut geeignet, die Rinde von bestimmten Bäumen aufzubrechen und das Kambium herauszuschälen. In der Waldschule zeigen unsere Pfleger:innen den Orang-Utans, wie sie an das Kambium herankommen.
Insekten. Orang-Utans fressen Insekten. Auf dem Speiseplan stehen zum Beispiel Termiten, Ameisen, Bienen, Gallwespen, Grillen, Raupen und Heimchen. Je nach Beobachtungsgebiet sind sie etwa vier bis 14 Prozent der Zeit, die sie mit Fressen verbringen, damit beschäftigt, die proteinreichen Krabbeltierchen aus dem Holz zu schälen oder zu angeln (8, 9). Dabei verbringen die Männchen mehr Zeit damit, bodenbewohnende Termiten zu fressen, als Weibchen oder junge Orang-Utans, die kaum Zeit in Bodennähe verbringen (8). In der Waldschule wird den Waisen zum Beispiel gezeigt, wie man verrottende Holzstücke ablöst, um an die darin lebenden proteinreichen Leckerbissen zu gelangen.
Wasser. Wasser nehmen Orang-Utans aus Blatt- und Blütenkelchen oder Baumlöchern zu sich. Sie tauchen dazu ihre Hand in das Loch und saugen dann das Wasser auf, das von den behaarten Armen tropft. Auch das muss gelernt sein!
Pflanzenmark. Das Abschälen des schützenden Äußeren einer Pflanze legt ihr weiches, inneres Mark frei. Das Mark vieler Pflanzenarten ist eine wichtige, immer verfügbare Nahrungsquelle für Orang-Utans.
Blätter. Eine Analyse hat ergeben, dass Orang-Utans in freier Wildbahn bevorzugt proteinreiche, junge Blätter fressen (10). In der Waldschule lernen die jungen Orang-Utans von den Babysitterinnen, welche Blätter und Pflanzenteile essbar sind und wo sie zu finden sind.
Nach der Waldschule ab auf die Insel! Nachdem die Waldschüler das mehrjährige Training absolviert haben, verbringen sie circa ein bis drei Jahre auf einer der Vorauswilderungsinseln. Diese Zeitspanne ist nötig, um ihr Verhalten zu analysieren und ihre erlernten Fähigkeiten zu überprüfen, ehe sie in den Regenwald zurückgebracht werden können. Im Durchschnitt dauert der gesamte Rehabilitationsprozess, vom Ankommen in der Station bis zur Auswilderung etwa zehn Jahre.
Eines unserer wichtigsten Ziele ist es, mehr Regenwaldflächen zu erwerben und zu Schutzwald für unsere Orang-Utans umzuwandeln. Helfen auch Sie, diesen faszinierenden Lebensraum und seine gewaltige Artenvielfalt zu erhalten und zu schützen. Jeder Beitrag hilft.
Ein Beitrag von Dr. Isabelle Laumer
Referenzen:
1. Anne E. Russon, Serge A. Wich, Marc Ancrenaz, Tomoko Kanamori, Cheryl D. Knott, Noko Kuze, Helen C. Morrogh-Bernard, Peter Pratje, Hatta Ramlee, Peter Rodman, Azrie Sawang, Kade Sidiyasa, Ian Singleton and Carel P. van Schaik (2009). Geographic variation in orangutan diets. In book: Orangutans: Geographic Variation in Behavioral Ecology and Conservation (pp.135–156) Publisher: Oxford University Press.
2. Sugardjito, J., Nurhuda, N. Meat-eating behaviour in wild orang utans, Pongo pygmaeus . Primates 22, 414–416 (1981).
3. Schuppli C, Forss SI, Meulman EJ, Zweifel N, Lee KC, Rukmana E, Vogel ER, van Noordwijk MA, van Schaik CP. Development of foraging skills in two orangutan populations: needing to learn or needing to grow? Front Zool. (2016) Sep 29;13:43.
4. Schuppli, C and van Schaik, C (2019). Social learning among wild orangutans: is it affective? In Clément, F and Dukes, D (eds), Foundations of Affective Social Learning: Conceptualising the Transmission of Social Value. Cambridge: Cambridge University Press.
5. Ehmann B, van Schaik CP, Ashbury AM, Mo¨rchen J, Musdarlia H, Utami Atmoko S, et al. (2021) Immature wild orangutans acquire relevant ecological knowledge through sex-specific attentional biases during social learning. PLoS Biol 19(5): e3001173.
6. Adams, L. Social learning opportunities in orangutans. Unpubl. Master’s Thesis, York Univ. Toronto. (2005).
7. Smith T.M., Austin C., Hinde K., Vogel E., Arora M. (2017) Cyclical nursing pattern in wild orangutans. Science Advances, 3: e1601517.
8. Galdikas, B. M. F. 1988. Orangutan diet, range and activity at Tanjung Putting, Central Borneo. International Journal of Primatology 9:1–35.
9. Rijksen, H.D. 1978. A field Study of Sumatran Orangutan (Pongo pygmaeus abelii Lesson 1827): Ecology, Behavior, and Conservation. Netherlands: Veenan and Zonen.