Seit Dezember 2023 lebt Taymur auf der Vorauswilderungsinsel Badak Besar. Einige Monate sind bereits vergangen, seit der damals neunjährigen Orang-Utan-Junge diesen enorm wichtigen Schritt in Richtung Freiheit unternommen hat. Denn auf der Insel müssen die Tiere beweisen, dass sie gut zurechtkommen und bereit sind für das wilde und freie Leben im Regenwald.
Täglich beobachten unsere Ranger die Orang-Utans auf den Vorauswilderungsinseln. Sie berichten uns sehr zufrieden, wie gut Taymur sich auf der Insel eingelebt hat. Er hat dort Lieblingsplätze gefunden, beweist Resilienz und Stärke und lernt, sich in der Orang-Utan-Gruppe auf der Insel zu behaupten.
Taymur hat sich auf der Insel eingelebt
Wenn die Ranger frische Früchte zur Plattform bringen, sichert sich Taymur üblicherweise eine Portion und verschwindet damit direkt wieder in den Bäumen. Damit zeigt er ein absolut artgerechtes Verhalten. Stück für Stück distanziert er sich von menschlichen Kontakten, die während der Waldschulzeit noch an der Tagesordnung waren. Wer das tragische Schicksal von Taymur vor seiner Rettung kennt, wird sich über seine Fortschritte ganz besonders freuen. Wir von BOS sind unglaublich stolz, wie weit Taymur bereits gekommen ist!
In freier Wildbahn führen Orang-Utans ein semi-solitäres Leben: Die meiste Zeit durchstreifen sie als Einzelgänger den Regenwald, begegnen sich nur gelegentlich. Auf der Vorauswilderungsinsel ist der Raum begrenzter, so dass es häufiger zu Begegnungen kommt. Insbesondere zur Fütterungszeit trifft Taymur auf seine Artgenossen, hält jedoch meistens Abstand. Auch das ist ein sehr gutes Zeichen. Nur mit Kalanis, seinem Kumpel aus der Waldschule, verbringt er gelegentlich Zeit. Allerdings nur so lange, bis dann doch das Einzelgängertum durchkommt. Zum Beispiel in Form von Futterneid.
Kalanis schnappt Taymur das Futter weg
So wie neulich, als Taymur sich Ananas und Rambutan von der Fütterungsplattform geholt hatte – seine Lieblingsfrüchte, die er jedes Mal mit sichtlichem Genuss verspeist. Dieses Mal jedoch kam Kalanis und schnappte ihm die Früchte aus der Hand und vor der Nase weg. Taymur reagierte aufgebracht, ging aber auf Abstand zu Kalanis. Die Ranger, die die Szene beobachtet hatten, boten Taymur eine neue Rambutan an, die er sofort annahm und genießerisch auffutterte. Offenbar gesättigt und zufrieden, kletterte Taymur anschließend auf einen Baum. Kalanis jedoch hatte wohl noch nicht genug. Er setzte Taymur nach und ärgerte ihn derart, dass dieser tiefer in den Wald hinein flüchtete.
Ein Grund, warum Orang-Utans in freier Wildbahn überwiegend als Einzelgänger leben, ist der Wettbewerb um Futter. Vor allem, wenn aufgrund der Jahreszeit gute Nahrungsquellen gerade knapp sind.
Glücklicherweise war die Kabbelei zwischen Taymur und Kalanis nichts Ernstes. Was auch daran liegt, dass Taymur ein sehr friedfertiger Orang-Utan ist, der Konflikte eher meidet. Und dennoch – oder vielleicht gerade deshalb – sind derartige Auseinandersetzungen wichtig für die Entwicklung der Orang-Utans, denn sie stärken ihre Resilienz und Unabhängigkeit.
Taymur jedenfalls kam kurze Zeit später wieder aus dem Wald heraus und hat das Territorium an der Fütterungsplattform nicht dem frechen Kalanis überlassen. Auf unsere Ranger wirkte er entspannt und es dauerte nicht lange, da konnten sie auch schon wieder beide Orang-Utans dabei beobachten, wie sie friedlich die Gesellschaft des jeweils anderen genossen.
Nach sechs Jahren erfolgreicher Rehabilitation im BOS Rettungszentrum Nyaru Menteng ist Taymur jetzt auf die Vorauswilderungsinsel gezogen. Sein Schicksal steht stellvertretend für die Opfer des illegalen Wildtierhandels. Denn Taymur wurde als Baby von Borneo nach Kuwait verschleppt. Dass er entdeckt wurde, verdankt er nur einem glücklichen Zufall. Nun ist der neunjährige Orang-Utan-Junge der Freiheit wieder einen großen Schritt nähergekommen.
Als die Klappe der Transportbox geöffnet wird, stürmt Taymur schnurstracks heraus. Sein erster Weg führt ihn auf die Fütterungsplattform, wo Kürbisse und Bananen auf ihn warten. Dann, nach einem letzten Blick auf unser Team, kletterte er bald auf den nächsten hohen Baum und rüttelte erstmal aufgeregt an den Ästen. Als würde er uns zum Abschied winken.
Erleichterung macht sich im Team breit, wie BOS Deutschland Geschäftsführer Daniel Merdes berichtet, der die Ehre hatte, Taymurs Käfig öffnen zu dürfen: „Es war ein für mich magischer Moment, denn ich spürte die kollektive Erleichterung des Teams, von mir und auch von Taymur.“ Erleichterung darüber, dass es Taymur – nach seiner tragischen Odyssee – bis hierher geschafft hat.
Taymurs Geschichte
Denn als Taymur 2017 im Alter von drei Jahren ins BOS Rettungszentrum Nyaru Menteng kam, hatte er bereits Schreckliches erlebt. Der Mutter beraubt, aus Borneo verschleppt, hatte ihn ein reicher Kuwaiter zu seinem persönlichen Spielzeug gemacht, ihm sogar das Rauchen beigebracht. Schauen Sie sich Taymurs Geschichte in unserer Graphic Novel an:
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Die Illustratorin Elena Bianco hat Taymurs Geschichte bis zu seiner Rettung in eindrucksvollen Bildern erzählt
Der Moment, indem Taymur auf seiner Autofahrt nach Nyaru Menteng zum ersten Mal staunend den Regenwald erblickt, ist auch für uns beim Betrachten der Bilder, immer wieder ein echter Gänsehautmoment. Ein Opfer des illegalen Wildtierhandels, das seinem traurigen Schicksal entrinnen konnte.
Bei seiner Heimkehr nach Borneo kann Taymur seinen Blick kaum abwenden, als er den Regenwald zum ersten Mal sieht
Ausbildung zum wilden Orang-Utan
Endlich konnte Taymur nun lernen, ein wilder Orang-Utan zu sein. Sechs Jahre in der Waldschule haben ihn jetzt der Freiheit einen großen Schritt näher gebracht.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Anlässlich Taymurs Vorauswilderung schauen auch Tierarzt Dr. Arga und Babysitterin Sri auf Taymurs erstaunliche Entwicklung zurück
Gemeinsam mit Jelapat, Kalanis und Napri ging es per Boot nach Salat Island. Hier machte Taymur sich schon bald auf die Suche nach natürlicher Nahrung, fand junge Blätter des Guavenbaumes, Blüten und ein paar Sangkuang Früchte. Er wurde beobachtet, wie er mit anderen Inselbewohnern interagierte, während er zu den Menschen am Ufer respektvollen Abstand hielt. Und in den Nächten baute er sich eigene Schlafnester. Bisher sind wir sehr zufrieden mit dem neuen Waldstudenten Taymur.
Viel Glück und Erfolg beim Studium des wilden Orang-Utan-Lebens, Taymur! Wir glauben an Dich!
Auch Sie können Orang-Utans wie Taymur auf deren Weg in die Freiheit begleiten. Zum Beispiel mit einer Patenschaft.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Mailchimp. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.