Wie Orang-Utans Forschern helfen, Sprach­ent­wick­lung zu verstehen

Wie Orang-Utans Forschern helfen, Sprach­ent­wick­lung zu verstehen

Ein briti­sches Forschungs­team hat mithilfe von Orang-Utans heraus­ge­funden, wie sich die Stimm­bil­dung mögli­cher­weise vor Millionen von Jahren entwi­ckelt hat. Bislang war dies ein großes Rätsel der Wissen­schaft. Ihre Erkennt­nisse lassen neue Rück­schlüsse zu auf die Entwick­lung von Sprache, wie wir sie heute kennen.

Im Laufe der letzten 17 Millionen Jahren sind die dichten Wälder, die Eura­sien und Afrika einst bedeckten, immer weiter zurück­ge­gangen und haben Platz gemacht für weite, offene Ebenen. Wie sich die Bewohner dieser Land­schaft mitein­ander verstän­digen, hat sich im Laufe dieser Zeit eben­falls verän­dert: von über­wie­gend vokaler Kommu­ni­ka­tion hin zu Lauten, die stärker durch Konso­nanten geprägt waren. Bisher wusste man nur, dass es so ist: Doch aus welchen Gründen erfolgte diese Evolution?

Das Team von Char­lotte Gannon, Russel A. Hill und Adriano R. Lameira hat das wissen­schaft­liche Rätsel nun teil­weise lösen können, wie ihre im Dezember 2023 veröf­fent­lichte Studie zeigt.

Orang-Utan-Baby
Schon Orang-Utan-Babys kommu­ni­zieren durch Weinen und Schreien mit ihren Müttern

Der Schlüssel waren Expe­ri­mente mit Orang-Utans oder genauer gesagt, mit den Rufen von Orang-Utans, durch die diese mitein­ander kommu­ni­zieren. Denn die Menschen­affen sind uns und unseren Vorfahren so ähnlich, dass die Stimm- und Sprach­ex­pe­ri­mente valide Rück­schlüsse erlauben.

Mit diesen, ganz unter­schied­li­chen, Lauten kommu­ni­zieren Orang-Utans

Die Sprache von Orang-Utans umfasst sowohl vokal­ba­sierte Laute als auch solche, die Konso­nanten beinhalten. Hier könnt ihr euch die typi­schen Laut­äu­ße­rungen anhören, die von Grunzen und Prusten über Weinen und Schreien bis hin zu Kuss­ge­räu­schen und dem soge­nannten Long Call reichen. Im Regen­wald können Orang-Utans über eine Entfer­nung von bis zu 100 Meter mitein­ander kommunizieren.

Den Regeln der Akustik folgend, werden Töne in nied­riger Frequenz weniger gut über die Entfer­nung getragen als Töne mit hoher Frequenz. Da die vokal­ba­sierten Laute der Orang-Utans übli­cher­weise in einer tieferen Frequenz geäu­ßert werden, nahm das Forscher­team an, dass die konso­nanten-basierten Laute besser über weitere Entfer­nungen hörbar sein müssten.

Diese Annahme über­prüften die Forscher mit einem Expe­ri­ment in der südafri­ka­ni­schen Savanne.

Sie verwen­deten Aufnahmen der unter­schied­li­chen Orang-Utan-Laute, welche sie bei Indi­vi­duen verschie­dener Popu­la­tionen sowohl auf Sumatra als auch Borneo aufge­nommen hatten. Diese Laute wurden in 25-Meter-Schritten über eine wach­sende Entfer­nung von bis zu 400 Metern abge­spielt. Dabei wurde jeweils unter­sucht, wie gut sie (noch) hörbar sind.

Forscher im Feld
Als die Menschen ihren Lebens­raum in die Ebene verlegten, änderte sich ihre Kommunikation

Das Expe­ri­ment bestä­tigte die Annahme des Forschungs­teams: Tatsäch­lich waren die konso­nanten-basierten Laute im offenen Gelände besser über größere Entfer­nungen zu verstehen! Die vokal­ba­sierten Rufe waren bei Entfer­nungen von 125 Metern und mehr deut­lich schlechter hörbar als die konso­nan­ten­ba­sierten. Diese verloren erst nach 250 Metern etwas von ihrer Hörbar­keit. Bei einer Entfer­nung von 400 Metern waren noch 80 Prozent der konso­nan­ten­ba­sierten Rufe hörbar, jedoch nur noch 20 Prozent der vokalbasierten.

Ein ziem­lich eindeu­tiges Ergebnis – das weitere Sprach­for­schung ermög­li­chen wird

Die Erkennt­nisse des Forschungs­teams sind ein weiteres Puzzle­stück in der Erfor­schung der Entste­hung von Sprache, wie wir sie heute kennen. Bereits bekannt ist, dass Konso­nanten Worte und Sätze struk­tu­rieren und sie dadurch verständ­li­cher machen als die reine Anein­an­der­rei­hung von Vokalen. Bekannt ist außerdem, dass Konso­nanten eine wich­tige Rolle beim Erlernen von Sprache spielen: Das zeigen Beob­ach­tungen von Babys, die neue Wörter dadurch wieder­erkennen, dass sie sich auf die Konso­nanten darin konzentrieren.

Wir finden es jeden­falls ziem­lich cool, dass Orang-Utans gewis­ser­maßen zu Assis­tenten der Wissen­schaft geworden sind und bei der Erfor­schung eines Myste­riums mitge­holfen haben, das seit Millionen von Jahren unge­löst war.

Orang-Utans: Geschickte Sammler des Waldes

Orang-Utans: Geschickte Sammler des Waldes

Der Spei­se­plan von Orang-Utans ist unglaub­lich viel­seitig. Die Wald­men­schen vertragen nicht nur ganz unter­schied­liche Früchte des Waldes, sie sind auch in der Lage, diese zu finden und sich zugäng­lich zu machen. Schauen wir uns diese beein­dru­ckenden Fähig­keiten einmal genauer an!
Orang-Utans sind Frugi­voren, das heißt: Sie essen vor allem Obst. Dank ihrer starken Zähne und Kiefer sind sie in der Lage, eine Viel­zahl von Früchten zu verspeisen, ganz gleich, ob sie eine harte Schale oder Kerne haben oder viel­leicht noch nicht ganz reif sind. Zu den Früchten des Waldes, die Orang-Utans fressen, zählen aber auch Blätter und Sprossen, Nüsse, Samen, Rinde und das Mark von Ästen, Blumen und Pilze sowie Insekten, Honig und gele­gent­lich Eier.

Orang-Utan sucht Blüten
Auch Blüten stehen auf dem Spei­se­plan der Orang-Utans

Weil sie sehr intel­li­gent sind und in der Lage, Werk­zeuge kreativ zu nutzen, gelangen Orang-Utans selbst an schwer erreich­bare Futter­quellen. So wurden die Tiere schon dabei beob­achtet, wie sie die behaarte Rück­seite ihrer Hände verwenden, um Ameisen zu fangen oder diese von stache­ligen Zweigen herun­ter­zu­be­kommen, ohne sich zu verletzen. Elas­ti­sche Äste verwenden Orang-Utans ganz selbst­ver­ständ­lich, um zum Beispiel Termiten aus Baum­lö­chern zu pulen oder etwas aus dem Wasser zu angeln, das außer­halb der Reich­weite ihrer Arme schwimmt.
Da sie oben­drein ausge­zeichnet klet­tern und sich sowohl hoch oben in den Bäumen als auch auf dem Wald­boden fort­be­wegen können, bleibt kaum eine Leckerei für die Wald­men­schen uner­reichbar, sobald sie sie einmal entdeckt haben.


Intel­li­gente Futtersucher


Bereits erfolg­reich ange­wandte Stra­te­gien merken sich die klugen Tiere und verfei­nern diese Fähig­keiten im Laufe der Zeit: Mütter geben ihr Wissen an ihre Jungen weiter. Orang-Utans merken sich auch Orte im Wald, an denen zum Beispiel ein Baum mit beson­ders schmack­haften Früchten steht, und sogar, zu welcher Jahres­zeit diese reif sind.

Orang-Utan sucht nach Essen im Baum
Mit viel Krea­ti­vität kommen die geschickten Sammler an fast jede Leckerei 


Es gibt nur eine Sache, die die Orang-Utans massiv in ihrer krea­tiven Futter­suche beschränkt: der Schwund ihres Lebens­raumes! Orang-Utans sind auf den Regen­wald mit seiner Arten­viel­falt ange­wiesen – er ist für sie sozu­sagen Kühl­schrank und Super­markt in einem.
Je weiter der Lebens­raum schrumpft, desto größer wird auch die Gefahr, dass die Tiere bei ihrer Nahrungs­suche auf Plan­tagen oder in privaten Gärten landen, wo sie vertrieben und im schlimmsten Fall verletzt oder sogar getötet werden.


Helfen Sie uns dabei, den Regen­wald zu schützen und damit auch die vom Aussterben bedrohte Art der Orang-Utans! Das können Sie tun, indem Sie bei Ihrem Einkauf auf klima- und regen­wald­freund­liche Produkte achten. Und Sie können die Arbeit von BOS mit einer Spende unter­stützen – jeder Euro hilft!

Verbor­gene Schätze auf der Insel Juq Kehje Swen

Verbor­gene Schätze auf der Insel Juq Kehje Swen

Der Regen­wald von Borneo gehört zu den ältesten der Welt und ist eine Schatz­kammer des Arten­reich­tums. Unsere Ranger haben nun auf der Voraus­wil­de­rungs­insel Juq Kehje Swen eine beson­dere Heil­pflanze entdeckt.

Die Insel Juq Kehje Swen ist für die BOS Foun­da­tion ein beson­derer, wich­tiger Ort, denn sie gehört zu jenen Refu­gien, an denen von uns reha­bi­li­tierte Orang-Utans das Leben in Frei­heit erproben können, ehe sie tatsäch­lich ausge­wil­dert werden.
Juq Kehje Swen liegt etwa zehn Kilo­meter vom Kehje Sewen Wald entfernt, einem unserer geschützten Auswil­de­rungs­wälder. Die Insel ist bewaldet und hat eine Fläche von 82,84 Hektar.
Nun haben unsere Ranger auf Juq Kehje Swen eine Pflanze entdeckt, die in den lokalen Commu­ni­ties als Heil­pflanze bekannt ist mit vielen wert­vollen Inhalt­stoffen: Ketepeng Cina (Senna alata).

Die Heilpflanze Ketepeng Cina
Die Heil­pflanze Ketepeng Cina


Ihre Blätter enthalten unter anderem Phenole, Zimt­säure, Sapo­nine, Alka­loide, Flavo­noide, Chinone, Tannine und Anthrach­i­non­gly­ko­side. Tradi­tio­nell wird Ketepeng Cina von den Einhei­mi­schen bei einer Viel­zahl von gesund­heit­li­chen Problemen einge­setzt, sei es bei aller­gi­schen Reak­tionen, Verlet­zungen oder, zu Tee verar­beitet, auch inner­lich, denn es wirkt entzün­dungs­hem­mend bei Krank­heiten.
Die medi­zi­ni­schen Einsatz­mög­lich­keiten sind noch lange nicht erschöp­fend erforscht worden. Fest steht jedoch: Die Regen­wälder sind voller Schätze! Und das ist ein weiterer Grund, sie zu schützen und zu erhalten.


Werden auch Sie zum BOS-Unter­stützer. Mit Ihrer Spende helfen Sie den Orang-Utans, dem Regen­wald und damit auch unserem Klima. Jeder Beitrag hilft.

Hey Justin, frohes neues Jahr!

Hey Justin, frohes neues Jahr!

Bei einer Patrouille im Kehje Sewen Wald hatte unser Post Release Moni­to­ring Team (PRM) eine kurze, aber sehr schöne Begeg­nung mit einem Orang-Utan, den wir schon lange nicht mehr zu Gesicht bekommen haben.


Acht Uhr morgens. Zeit für unser PRM-Team, zur regel­mä­ßigen Patrouille aufzu­bre­chen. An diesem Tag kurz vor dem Jahres­wechsel steht Tran­sect 32 auf dem Plan. Das Team bewegt sich zügig durch den Regen­wald, die Augen abwech­selnd auf den Pfad und in die Baum­wipfel gerichtet, die Ohren gespitzt. Denn es könnte ja sein, dass auch auf dem Weg in das eigent­lich für diesen Tag anste­hende Wald­ge­biet ein Orang-Utan den Weg kreuzt.


Und tatsäch­lich, als die BOS-Ranger eine kurze Pause einlegen, hören sie ein leichtes Rascheln in den Zweigen eines Baumes ganz in der Nähe und entde­cken ein von dunkel­orangen Haaren umrahmtes Gesicht. Schnell wird die Kamera heraus­ge­holt, um Fotos zu machen. Es handelt sich um Justin, ein Orang-Utan-Männ­chen, das 2017 in Kehje Sewen ausge­wil­dert wurde.
Das letzte Mal, dass unser Team Justin zu Gesicht bekam, ist über drei Jahre her: Damals knüpfte er zarte roman­ti­sche Bande mit Orang-Utan-Weib­chen Angely.

Orang-Utans Justin und Angely
Justin und Angely kamen sich 2021 im Kehje Sewen Wald näher


Und es war nicht das erste Mal, dass unser Team Justin auf Braut­schau beob­ach­tete. Womög­lich gibt es in den Tiefen des Kehje Sewen Waldes bereits Nach­wuchs, den wir nur noch nicht zu Gesicht bekommen haben?


Die Freude bei unserem PRM-Team ist jeden­falls groß, Justin nach all der Zeit wieder­zu­sehen. Ihnen fällt auf, dass er eine leichte Schnief­nase hat, ansonsten scheint es ihm aber sehr gut zu gehen.


So gut sogar, dass er ziem­lich schnell sein Miss­ver­gnügen darüber zum Ausdruck bringt, dass sich Menschen in seiner Nähe aufhalten. Das Orang-Utan-Männ­chen rüttelt laut­stark an den Zweigen und entfernt sich dann zügig durch die Baum­kronen. Keine Chance für unser Team, ihm zu folgen… Justins Spur verliert sich.
Nach etwa einer Stunde erfolg­losen Suchens setzen die Ranger daher ihren ursprüng­li­chen Weg in Tran­sect 32 fort.


Werden Sie jetzt Orang-Utan-Pate und helfen Sie mit, diese stark bedrohte Menschen­af­fenart vor dem Aussterben zu bewahren.

Ein Männ­lein steht im Walde: Der Pilz mit dem Brautschleier

Ein Männ­lein steht im Walde: Der Pilz mit dem Brautschleier

Pilze sind faszi­nie­rende Wesen, die die unglaub­lichsten Formen annehmen können. Wir stellen heute eine Stink­mor­chel-Art vor, die die BOS-Ranger des Öfteren im Wald sehen – und vor allem riechen!


Auf Englisch heißt er Bridal Vail Mush­room – Braut­schleier-Pilz, sein latei­ni­scher Name lautet Phallus indusiatus, und damit ist das Aussehen dieser Pilzart schon ziem­lich tref­fend beschrieben. Sie gehört zur Gattung der Stink­mor­cheln, die auch hier­zu­lande vorkommen. Ein weiteres typi­sches Merkmal ist ihr Gestank – oft riecht man die Stink­mor­cheln lange, bevor man sie auf dem Wald­boden entdeckt.


Woran lässt sich der Bridal Vail Mush­room erkennen?


Diese Stink­mor­chel-Art kommt nur in tropi­schen Ländern vor, und zwar auf dem afri­ka­ni­schen Konti­nent, in Südame­rika sowie in Asien und auch Austra­lien. Sie wächst als Solitär auf frucht­baren Böden, nur selten sind Gruppen des Braut­schleier-Pilzes zu finden.
Sein Lebens­zy­klus ist absolut faszi­nie­rend. Wenn der Pilz aus dem Boden sprießt, dann hat er eine kuge­lige Form. In Deutsch­land werden junge Stink­mor­cheln deshalb auch Hexen­eier genannt. In diesem Stadium ist der Pilz essbar – in China gilt er als Deli­ka­tesse und Zutat der geho­benen Küche. Beson­ders kostbar macht ihn dabei die Tatsache, dass er nur äußerst kurz genießbar ist und dass ihm zahl­reiche medi­zi­ni­sche Eigen­schaften zuge­schrieben werden.


Morcheln kann man beim Wachsen zusehen


Inner­halb kurzer Zeit schießt der Bridal Vail Mush­room in die Länge – er kann bis zu zwei Milli­meter pro Minute wachsen! Meist schießt er am späten Abend oder frühen Morgen aus dem Boden. Zehn bis 15 Zenti­meter kann die Braut­schleier-Morchel groß werden und bildet dabei das namens­ge­bende wabige Netz aus, das von seinem bräun­lich-schwarzen Hut herabhängt.

Bridal Vail Mushroom
Mit seinem „Duft“ lockt Phallus indusiatus Insekten an 


Ist der Pilz ausge­wachsen, so beginnt die Sporen­masse an seiner Spitze zu verschleimen und stinken. Mit seinem inten­siven Geruch und süßli­chen Geschmack lockt die Stink­mor­chel Insekten an, die ihre Sporen durch Berüh­rung später im Wald verteilen. So wird dieser faszi­nie­rende Pilz Teil eines leben­digen Biotops, das den verblei­benden Regen­wald auf Borneo auszeichnet. Lasst uns diese Viel­falt schützen!


Bitte unter­stützen Sie unsere Arbeit auf Borneo! Denn Orang-Utan-Schutz ist Regen­wald­schutz ist Klima­schutz. Jeder Beitrag hilft!