Ein britisches Forschungsteam hat mithilfe von Orang-Utans herausgefunden, wie sich die Stimmbildung möglicherweise vor Millionen von Jahren entwickelt hat. Bislang war dies ein großes Rätsel der Wissenschaft. Ihre Erkenntnisse lassen neue Rückschlüsse zu auf die Entwicklung von Sprache, wie wir sie heute kennen.
Im Laufe der letzten 17 Millionen Jahren sind die dichten Wälder, die Eurasien und Afrika einst bedeckten, immer weiter zurückgegangen und haben Platz gemacht für weite, offene Ebenen. Wie sich die Bewohner dieser Landschaft miteinander verständigen, hat sich im Laufe dieser Zeit ebenfalls verändert: von überwiegend vokaler Kommunikation hin zu Lauten, die stärker durch Konsonanten geprägt waren. Bisher wusste man nur, dass es so ist: Doch aus welchen Gründen erfolgte diese Evolution?
Der Schlüssel waren Experimente mit Orang-Utans oder genauer gesagt, mit den Rufen von Orang-Utans, durch die diese miteinander kommunizieren. Denn die Menschenaffen sind uns und unseren Vorfahren so ähnlich, dass die Stimm- und Sprachexperimente valide Rückschlüsse erlauben.
Mit diesen, ganz unterschiedlichen, Lauten kommunizieren Orang-Utans
Die Sprache von Orang-Utans umfasst sowohl vokalbasierte Laute als auch solche, die Konsonanten beinhalten. Hier könnt ihr euch die typischen Lautäußerungen anhören, die von Grunzen und Prusten über Weinen und Schreien bis hin zu Kussgeräuschen und dem sogenannten Long Call reichen. Im Regenwald können Orang-Utans über eine Entfernung von bis zu 100 Meter miteinander kommunizieren.
Den Regeln der Akustik folgend, werden Töne in niedriger Frequenz weniger gut über die Entfernung getragen als Töne mit hoher Frequenz. Da die vokalbasierten Laute der Orang-Utans üblicherweise in einer tieferen Frequenz geäußert werden, nahm das Forscherteam an, dass die konsonanten-basierten Laute besser über weitere Entfernungen hörbar sein müssten.
Diese Annahme überprüften die Forscher mit einem Experiment in der südafrikanischen Savanne.
Sie verwendeten Aufnahmen der unterschiedlichen Orang-Utan-Laute, welche sie bei Individuen verschiedener Populationen sowohl auf Sumatra als auch Borneo aufgenommen hatten. Diese Laute wurden in 25-Meter-Schritten über eine wachsende Entfernung von bis zu 400 Metern abgespielt. Dabei wurde jeweils untersucht, wie gut sie (noch) hörbar sind.
Das Experiment bestätigte die Annahme des Forschungsteams: Tatsächlich waren die konsonanten-basierten Laute im offenen Gelände besser über größere Entfernungen zu verstehen! Die vokalbasierten Rufe waren bei Entfernungen von 125 Metern und mehr deutlich schlechter hörbar als die konsonantenbasierten. Diese verloren erst nach 250 Metern etwas von ihrer Hörbarkeit. Bei einer Entfernung von 400 Metern waren noch 80 Prozent der konsonantenbasierten Rufe hörbar, jedoch nur noch 20 Prozent der vokalbasierten.
Ein ziemlich eindeutiges Ergebnis – das weitere Sprachforschung ermöglichen wird
Die Erkenntnisse des Forschungsteams sind ein weiteres Puzzlestück in der Erforschung der Entstehung von Sprache, wie wir sie heute kennen. Bereits bekannt ist, dass Konsonanten Worte und Sätze strukturieren und sie dadurch verständlicher machen als die reine Aneinanderreihung von Vokalen. Bekannt ist außerdem, dass Konsonanten eine wichtige Rolle beim Erlernen von Sprache spielen: Das zeigen Beobachtungen von Babys, die neue Wörter dadurch wiedererkennen, dass sie sich auf die Konsonanten darin konzentrieren.
Wir finden es jedenfalls ziemlich cool, dass Orang-Utans gewissermaßen zu Assistenten der Wissenschaft geworden sind und bei der Erforschung eines Mysteriums mitgeholfen haben, das seit Millionen von Jahren ungelöst war.
Der Speiseplan von Orang-Utans ist unglaublich vielseitig. Die Waldmenschen vertragen nicht nur ganz unterschiedliche Früchte des Waldes, sie sind auch in der Lage, diese zu finden und sich zugänglich zu machen. Schauen wir uns diese beeindruckenden Fähigkeiten einmal genauer an! Orang-Utans sind Frugivoren, das heißt: Sie essen vor allem Obst. Dank ihrer starken Zähne und Kiefer sind sie in der Lage, eine Vielzahl von Früchten zu verspeisen, ganz gleich, ob sie eine harte Schale oder Kerne haben oder vielleicht noch nicht ganz reif sind. Zu den Früchten des Waldes, die Orang-Utans fressen, zählen aber auch Blätter und Sprossen, Nüsse, Samen, Rinde und das Mark von Ästen, Blumen und Pilze sowie Insekten, Honig und gelegentlich Eier.
Weil sie sehr intelligent sind und in der Lage, Werkzeuge kreativ zu nutzen, gelangen Orang-Utans selbst an schwer erreichbare Futterquellen. So wurden die Tiere schon dabei beobachtet, wie sie die behaarte Rückseite ihrer Hände verwenden, um Ameisen zu fangen oder diese von stacheligen Zweigen herunterzubekommen, ohne sich zu verletzen. Elastische Äste verwenden Orang-Utans ganz selbstverständlich, um zum Beispiel Termiten aus Baumlöchern zu pulen oder etwas aus dem Wasser zu angeln, das außerhalb der Reichweite ihrer Arme schwimmt. Da sie obendrein ausgezeichnet klettern und sich sowohl hoch oben in den Bäumen als auch auf dem Waldboden fortbewegen können, bleibt kaum eine Leckerei für die Waldmenschen unerreichbar, sobald sie sie einmal entdeckt haben.
Intelligente Futtersucher
Bereits erfolgreich angewandte Strategien merken sich die klugen Tiere und verfeinern diese Fähigkeiten im Laufe der Zeit: Mütter geben ihr Wissen an ihre Jungen weiter. Orang-Utans merken sich auch Orte im Wald, an denen zum Beispiel ein Baum mit besonders schmackhaften Früchten steht, und sogar, zu welcher Jahreszeit diese reif sind.
Es gibt nur eine Sache, die die Orang-Utans massiv in ihrer kreativen Futtersuche beschränkt: der Schwund ihres Lebensraumes! Orang-Utans sind auf den Regenwald mit seiner Artenvielfalt angewiesen – er ist für sie sozusagen Kühlschrank und Supermarkt in einem. Je weiter der Lebensraum schrumpft, desto größer wird auch die Gefahr, dass die Tiere bei ihrer Nahrungssuche auf Plantagen oder in privaten Gärten landen, wo sie vertrieben und im schlimmsten Fall verletzt oder sogar getötet werden.
Der Regenwald von Borneo gehört zu den ältesten der Welt und ist eine Schatzkammer des Artenreichtums. Unsere Ranger haben nun auf der Vorauswilderungsinsel Juq Kehje Swen eine besondere Heilpflanze entdeckt.
Die Insel Juq Kehje Swen ist für die BOS Foundation ein besonderer, wichtiger Ort, denn sie gehört zu jenen Refugien, an denen von uns rehabilitierte Orang-Utans das Leben in Freiheit erproben können, ehe sie tatsächlich ausgewildert werden. Juq Kehje Swen liegt etwa zehn Kilometer vom Kehje Sewen Wald entfernt, einem unserer geschützten Auswilderungswälder. Die Insel ist bewaldet und hat eine Fläche von 82,84 Hektar. Nun haben unsere Ranger auf Juq Kehje Swen eine Pflanze entdeckt, die in den lokalen Communities als Heilpflanze bekannt ist mit vielen wertvollen Inhaltstoffen: Ketepeng Cina (Senna alata).
Ihre Blätter enthalten unter anderem Phenole, Zimtsäure, Saponine, Alkaloide, Flavonoide, Chinone, Tannine und Anthrachinonglykoside. Traditionell wird Ketepeng Cina von den Einheimischen bei einer Vielzahl von gesundheitlichen Problemen eingesetzt, sei es bei allergischen Reaktionen, Verletzungen oder, zu Tee verarbeitet, auch innerlich, denn es wirkt entzündungshemmend bei Krankheiten. Die medizinischen Einsatzmöglichkeiten sind noch lange nicht erschöpfend erforscht worden. Fest steht jedoch: Die Regenwälder sind voller Schätze! Und das ist ein weiterer Grund, sie zu schützen und zu erhalten.
Bei einer Patrouille im Kehje Sewen Wald hatte unser Post Release Monitoring Team (PRM) eine kurze, aber sehr schöne Begegnung mit einem Orang-Utan, den wir schon lange nicht mehr zu Gesicht bekommen haben.
Acht Uhr morgens. Zeit für unser PRM-Team, zur regelmäßigen Patrouille aufzubrechen. An diesem Tag kurz vor dem Jahreswechsel steht Transect 32 auf dem Plan. Das Team bewegt sich zügig durch den Regenwald, die Augen abwechselnd auf den Pfad und in die Baumwipfel gerichtet, die Ohren gespitzt. Denn es könnte ja sein, dass auch auf dem Weg in das eigentlich für diesen Tag anstehende Waldgebiet ein Orang-Utan den Weg kreuzt.
Und tatsächlich, als die BOS-Ranger eine kurze Pause einlegen, hören sie ein leichtes Rascheln in den Zweigen eines Baumes ganz in der Nähe und entdecken ein von dunkelorangen Haaren umrahmtes Gesicht. Schnell wird die Kamera herausgeholt, um Fotos zu machen. Es handelt sich um Justin, ein Orang-Utan-Männchen, das 2017 in Kehje Sewen ausgewildert wurde. Das letzte Mal, dass unser Team Justin zu Gesicht bekam, ist über drei Jahre her: Damals knüpfte er zarte romantische Bande mit Orang-Utan-Weibchen Angely.
Und es war nicht das erste Mal, dass unser Team Justin auf Brautschau beobachtete. Womöglich gibt es in den Tiefen des Kehje Sewen Waldes bereits Nachwuchs, den wir nur noch nicht zu Gesicht bekommen haben?
Die Freude bei unserem PRM-Team ist jedenfalls groß, Justin nach all der Zeit wiederzusehen. Ihnen fällt auf, dass er eine leichte Schniefnase hat, ansonsten scheint es ihm aber sehr gut zu gehen.
So gut sogar, dass er ziemlich schnell sein Missvergnügen darüber zum Ausdruck bringt, dass sich Menschen in seiner Nähe aufhalten. Das Orang-Utan-Männchen rüttelt lautstark an den Zweigen und entfernt sich dann zügig durch die Baumkronen. Keine Chance für unser Team, ihm zu folgen… Justins Spur verliert sich. Nach etwa einer Stunde erfolglosen Suchens setzen die Ranger daher ihren ursprünglichen Weg in Transect 32 fort.
Pilze sind faszinierende Wesen, die die unglaublichsten Formen annehmen können. Wir stellen heute eine Stinkmorchel-Art vor, die die BOS-Ranger des Öfteren im Wald sehen – und vor allem riechen!
Auf Englisch heißt er Bridal Vail Mushroom – Brautschleier-Pilz, sein lateinischer Name lautet Phallus indusiatus, und damit ist das Aussehen dieser Pilzart schon ziemlich treffend beschrieben. Sie gehört zur Gattung der Stinkmorcheln, die auch hierzulande vorkommen. Ein weiteres typisches Merkmal ist ihr Gestank – oft riecht man die Stinkmorcheln lange, bevor man sie auf dem Waldboden entdeckt.
Woran lässt sich der Bridal Vail Mushroom erkennen?
Diese Stinkmorchel-Art kommt nur in tropischen Ländern vor, und zwar auf dem afrikanischen Kontinent, in Südamerika sowie in Asien und auch Australien. Sie wächst als Solitär auf fruchtbaren Böden, nur selten sind Gruppen des Brautschleier-Pilzes zu finden. Sein Lebenszyklus ist absolut faszinierend. Wenn der Pilz aus dem Boden sprießt, dann hat er eine kugelige Form. In Deutschland werden junge Stinkmorcheln deshalb auch Hexeneier genannt. In diesem Stadium ist der Pilz essbar – in China gilt er als Delikatesse und Zutat der gehobenen Küche. Besonders kostbar macht ihn dabei die Tatsache, dass er nur äußerst kurz genießbar ist und dass ihm zahlreiche medizinische Eigenschaften zugeschrieben werden.
Morcheln kann man beim Wachsen zusehen
Innerhalb kurzer Zeit schießt der Bridal Vail Mushroom in die Länge – er kann bis zu zwei Millimeter pro Minute wachsen! Meist schießt er am späten Abend oder frühen Morgen aus dem Boden. Zehn bis 15 Zentimeter kann die Brautschleier-Morchel groß werden und bildet dabei das namensgebende wabige Netz aus, das von seinem bräunlich-schwarzen Hut herabhängt.
Ist der Pilz ausgewachsen, so beginnt die Sporenmasse an seiner Spitze zu verschleimen und stinken. Mit seinem intensiven Geruch und süßlichen Geschmack lockt die Stinkmorchel Insekten an, die ihre Sporen durch Berührung später im Wald verteilen. So wird dieser faszinierende Pilz Teil eines lebendigen Biotops, das den verbleibenden Regenwald auf Borneo auszeichnet. Lasst uns diese Vielfalt schützen!