Die Kokosnuss gilt als Superfood. Sie lässt sich vielfältig verwenden. Doch die gigantische Nachfrage beeinflusst Umwelt und Lebensbedingungen der Menschen in den Anbaugebieten massiv. Ob als Milch, Mus oder Öl, als Bestandteil von Schokoriegeln oder in Shampoos — die exotische Frucht hat sich einen festen Platz in vielen Lebensbereichen erobert. Und sie gilt als unbedenkliche Alternative zu Palmöl, was ihren Hype weiter antreibt.
Der größte Kokosproduzent der Welt ist Indonesien. Im Jahr 2022 wurden allein dort über 17 Millionen Tonnen Kokosnüsse geerntet und zu vielfältigen Produkten weiterverarbeitet. Etwa 90 Prozent der Kokosnüsse stammen von Kleinfarmern, die oft unter gefährlichen Bedingungen in luftigen Höhen arbeiten und dabei niedrige Löhne erhalten. Die Gewinne bleiben häufig bei Zwischenhändlern hängen, was vor Ort den Fortschritt und Investitionen in innovative Anbautechniken einschränkt. Diese Investitionen sind jedoch entscheidend, um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden, aber auch, um bedrohte Tierarten zu schützen. Denn der Boom der Kokosnuss bedroht zahlreiche Spezies. Mehr als 60 Arten sind durch den ausufernden Anbau gefährdet, so die Ergebnisse einer wissenschaftlichen Studie aus dem Jahr 2020, an dem auch das Leibniz-Institut beteiligt war. Erstaunlicherweise bedroht Kokosöl pro Liter fünfmal mehr Arten als Palmöl. Trotzdem wird Kokosöl als unbedenkliche Alternative gehypt und ersetzt zunehmend Palmöl in verschiedenen Produkten. „planet e.: Genuss mit Beigeschmack — Kokosnuss“ beleuchtet die wahren Kosten des Superfood Kokosnuss und die Suche nach einer nachhaltigen Lösung.
Ackerbau und Viehhaltung sichern die Ernährung der Menschen rund um den Globus. Landwirtschaft verursacht aber auch massive Umweltprobleme und ist eine Ursache für den Verlust an Artenvielfalt. Doch überall auf der Welt gibt es Menschen, die versuchen, Natur und Landwirtschaft in Einklang zu bringen. In den Niederlanden nutzt ein engagierter Obstbauer Solarpaneele statt umweltschädlicher Plastikfolien, um seine Himbeeren zu schützen und unterstützt damit die Energiewende durch die Produktion von Solarstrom. In Malaysia bringt eine Naturschutz-Initiative Palmölfirmen dazu, Regenwald zu schützen, anstatt ihn abzuholzen. Im kalifornischen Napa Valley setzt ein Bio-Winzer erfolgreich Schleiereulen statt Pestizide zur Schädlingsbekämpfung ein. Mit seinem Wein hat er bereits mehrere Preise gewonnen. Nördlich von Berlin wird an einer neuen Form der Landwirtschaft geforscht, die durch Baumreihen auf dem Acker unseren Getreideanbau zukunftssicher und umweltverträglicher machen soll. Alles „Gute Nachrichten“, die zeigen: Wir können etwas zum Positiven verändern.
Weiterer Sendetermin: Mo 4. September, 07:20 Uhr, WDR
ARTE, Fr, 24. Mai 2024, 16:55 Uhr, danach bis zum 22. August 2024 in der arte Mediathek verfügbar
In den Tropen werden noch immer Regenwälder zerstört, um Holz oder Weide- und Ackerflächen zu gewinnen. Vor allem Ölpalmenplantagen zerstören riesige Gebiete. Die Insel Borneo hat so bereits die Hälfte ihres Regenwaldes verloren. Nun hat der malaysische Bundesstaat Sabah im Nordosten Borneos beschlossen, Palmöl nur noch ohne weitere Abholzungen zu produzieren.
Die südostasiatische Insel Borneo ist eine Schatzkammer der Artenvielfalt: Während in deutschen Wäldern rund 90 Baumarten leben, gedeihen in den Regenwäldern Borneos bis zu 1.200 Arten auf einem halben Quadratkilometer. Auch die Zahl der Tierarten ist enorm, und jedes Jahr werden neue entdeckt. Mitte des vergangenen Jahrhunderts begann allerdings eine beispiellose Vernichtung: Um Holz zu gewinnen und Ackerflächen anzulegen, wurden riesige Gebiete entwaldet. In manchen Jahren exportierte Borneo mehr Holz als Afrika und Südamerika zusammen. Mit dem Beginn des Palmölbooms nahm die Zerstörung noch zu.
Unser Partner Rhino and Forest Fund kämpft seit Jahren gegen diesen Trend: Der Verein kauft Plantagen, forstet diese auf und verwandelt sie in Naturschutzgebiete.
Seit 2019 unterstützt auch BOS diese Projekte in Sabah, Malaysia. Wir blicken auf eine erfolgreiche Zusammenarbeit zurück. Gemeinsam konnten wir Ölpalmenplantagen an strategisch wichtigen Orten erwerben und diese aufforsten. So entstehen wichtige Wildtierkorridorre zwischen Naturschutzgebieten und Wildtieroasen für Zwergelefanten, Orang-Utans, Banteng-Rinder und viele weitere bedrohte Tierarten.
Der deutsch-französische Fernesehsender Arte hat diese Arbeit porträtiert. Viel Spaß beim Zuschauen.
Vor rund drei Jahren trat in Indonesien ein Palmöl-Moratorium in Kraft, das die Vergabe von Lizenzen für Palmölplantagen regelt. Die indonesische Regierung reagierte damit auf den massiven Verlust von Wäldern und Torfgebieten in den Jahren davor – verursacht durch großflächige Waldbrände und die Rodung und Umwandlung der Flächen in Palmölplantagen. Das Moratorium sollte helfen, die Vergabe von Konzessionen neu zu bewerten und zu regeln.
Am 19. September 2021 lief das Moratorium aus. Umwelt- und Naturschützer:innen und Vertreter:innen der Regierung setzen sich nun dafür ein, dass es verlängert wird. Noch hält sich die Regierung mit einer offiziellen Entscheidung zurück – es heißt, es werde noch evaluiert, ob das Moratorium den gewünschten Effekt hat.
Langfristige Perspektive nötig
Indonesien ist der größte Produzent und Exporteuer von Palmöl weltweit. Über die Hälfte des pflanzlichen Öls wird exportiert und ist damit das zweitwichtigste Exportgut für die indonesische Wirtschaft. Doch die Regulierung und Kontrolle des Palmölsektors war schon immer eine große Herausforderung: Die unkontrollierte Zerstörung von Regenwäldern und Torfmooren, eskalierende Konflikte um die Landverteilung und Verstöße gegen die Rechte von Arbeiter:innen stehen auf der Tagesordnung. Das Moratorium sollte da eine Art Atempause verschaffen, den gesamten Markt zu evaluieren und neue Bedingungen für den Anbau von Palmöl zu definieren. Dabei geht es auch darum, perspektivisch die Produktivität auf den Plantagen zu erhöhen und Kleinbäuerinnen und Kleinbauern bei ihrer Arbeit zu unterstützen. Seit seinem Inkrafttreten wurden keine neuen Konzessionen zum Anlegen von Palmölplantagen mehr vergeben.
Erste Verbesserungen spürbar
Seit Inkrafttreten des Moratoriums hat sich die Situation in den Regenwäldern Indonesiens in einigen Bereichen verbessert. So wurde in den vergangenen Jahren vergleichsweise wenig Primärwald zerstört. Auch die seit Beginn des Moratoriums stattfindende systematische Erhebung von Daten rund um Ölpalmplantagen und Konzessionsgebiete zeigt bereits erste Erfolge. Die Daten bieten eine wichtige Grundlage, um die Einhaltung der Vorgaben zu kontrollieren.
Auch im internationalen Ansehen hat Indonesien durch das Moratorium gewonnen. Denn: Die Entwaldung gilt als Hauptquelle der Treibhausemissionen. Der offiziell verkündete Stopp vor drei Jahren hilft dem Land, die angestrebten Klimaziele zu erreichen. Davon profitiert auch die Wirtschaft. Viele internationale Investoren und Unternehmen verfolgen inzwischen eine „Null-Entwaldungspolitik“ oder investieren nur, wenn gewährleistet ist, dass keine Entwaldung, kein Torfabbau und keine Ausbeutung erfolgt.
Herausforderungen bleiben
Alle Probleme sind damit noch lange nicht gelöst. Von vielen wird das Moratorium als unzureichend für den Schutz von Wäldern und Torfgebieten bewertet – zu viele Schlupflöcher und fehlende oder wenig wirksame Sanktionen, setzen dem nach wie vor stattfindenden illegalen Abholzen zu wenig entgegen. Und die lokalen Regierungen auf Provinz- und Distriktebene haben oft wenig Möglichkeiten, Verstöße konsequent zu verfolgen.
Eine Verlängerung des Moratoriums – im Idealfall unbefristet – würde der Regierung und anderen Akteuren mehr Zeit geben, die notwendigen Schritte anzugehen. Dazu zählt auch der Umgang mit illegalen Plantagen in Waldgebieten – geschätzt um die 3,37 Millionen Hektar.
Moratorium verschafft notwendige Zeit
Unser Fazit: Die Zeit des Moratoriums wurde gut genutzt. Viele kleinere und größere Erfolge zeigen ihre Wirkung. Doch die angestoßenen Prozesse sind noch nicht abgeschlossen. Sollte das Moratorium tatsächlich nicht verlängert werden, könnte dies für mehrere Millionen Hektar Regenwald und Torfmoore ihr definitives Ende bedeuten. Vor allem die Regenwälder, die schon für industrielle Zwecke identifiziert wurden, aber aufgrund des Moratoriums seit 2018 nicht gerodet werden durften. Wälder voller Artenreichtum und Leben.
Schätzungen zufolge leben etwa 20 Prozent aller Orang-Utans auf Borneo in diesen für den Ölpalmenanbau vorgesehen Gebieten. Mit dem Abholzen ihres Lebensraumes verlieren sie nicht nur ihr Zuhause – in den meisten Fällen bedeutet der Verlust des Regenwaldes ihren sicheren Tod.
Umweltschützer:innen sowie einige indonesische Regierungsmitarbeiter:innen aus dem Umwelt- und Forstministerium sowie aus dem Landwirtschaftsministerium fordern die Verlängerung des Verbots von neuen Palmölkonzessionen. Am besten unbefristet. Wir von BOS Deutschland schließen uns dieser Forderung an. Damit die Orang-Utans überleben und ihr Lebensraum bleibt.
Erinnern Sie sich noch an unsere Unterschriftenkampagne (gemeinsam u. a. mit der DUH) gegen Palmöl im sogenannten Biosprit? Die gute Nachricht zuerst: Wir konnten einen weiteren Teilerfolg erlangen. Mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Treibhausgas-Minderungsquote vom Mai 2021 setzt die Bundesregierung die EU-Richtlinie für Erneuerbare-Energien (RED II) nun in deutsches Recht um.
Nach dem Bundestagsbeschluss vom 20. Mai muss das Gesetz nun noch den Bundesrat passieren, bevor es in Kraft tritt. Es wurde entschieden, den Ausstieg aus der Nutzung von Palmöl im Tank immerhin von 2026 auf 2023 vorziehen.
Auf die halbwegs gute Nachricht folgte eine Enttäuschung
Ungeduldig haben wir daraufhin die Ankündigung des neuen EU-Klimapakets erwartet, in der Hoffnung, dass dieses die deutschen Regeln noch verschärfen würde. Das am 14. Juli angekündigte Klimapaket „Fit for 55“ (1)verfehlt allerdings genau das Ziel, Palmöl und Soja komplett aus Biodiesel zu verbannen. Statt, wie bisher, einen festen Anteil von erneuerbaren Energiequellen in Brennstoffen festzulegen, fordert die EU-Kommission nun eine Reduktion des CO2-Fußabdrucks von Brennstoffen. Dies öffnet die Türen für Sprit mit der (oberflächlich betrachtet) höchsten CO2-Ersparnis, was in diesem Fall erneut Biodiesel aus Palmöl und Soja sein könnte. Denn die neuen Regeln berücksichtigen keine indirekten Emissionen aufgrund von Landnutzungsänderungen – das heißt, die Abholzung von Regenwald zum Anbau von Pflanzen wie Ölpalmen und Soja für die Herstellung von Biosprit wird nicht in den CO2-Fußabdruck miteingerechnet. So verbirgt „Fit for 55“ ähnliche Fallen, wie die Erneuerbare Energie Richtlinie I, die zu einer großflächigen Abholzung von Regenwäldern beigetragen hat.
Ein Faktencheck
Die EU ist weltweit der zweitgrößte Importeur von Palmöl. Mehr als die Hälfte des in die EU eingeführten Palmöls – rund 53 Prozent (2) – wird für die Herstellung von Agrosprit verwendet. Heißt: Nicht nur, dass Nahrungsmittel als Treibstoff verwendet werden, sondern vor allem, dass Regenwald vernichtet wird, um Treibhausgase in Kraftstoffen zu reduzieren. Inakzeptabel! Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitut IPSOS aus dem Jahr 2018 wissen 76 Prozent der Deutschen nicht einmal, dass in Biodiesel Palmöl beigemischt wird.
Umso mehr hatten wir uns über den deutschen Gesetzentwurf gefreut, der nun durch die EU wieder ausgebremst wurde. Unser Kampf ist noch nicht zu Ende. Wir werden uns weiter für einen noch schnelleren Ausstieg einsetzen! Und setzen dabei auch auf Ihre Unterstützung.
Hin und her zu Lasten des Klimas
Am 8. Februar 2019 wurde auf EU-Kommissions-Ebene beschlossen: Palmöl gehört zu den Rohstoffen, die die EU-Kommission als hochemittierend einstuft. Das heißt es besteht ein hohes Risiko einer indirekten Landnutzung. Darum solle Palmöl bis 2030 stufenweise aus europäischem Biodiesel entfernt werden. Der Hauptgrund für diese Entscheidung waren Studien, die nachwiesen, dass 45 Prozent der Ölpalmplantagen von 2008 bis 2015 in Gebieten errichtet wurden, die als große natürliche CO2 Speicher dienten. Nun endlich wurde diese EU-Richtlinie im deutschen Recht verankert. Doch „Fit for 55“ öffnet wieder gefährliche Hintertüren.
Eine weitere dunkle Seite
Und die richtig schlechte Nachricht: Die gerade in Deutschland immer noch starke Agrokraftstofflobby hat erreicht, dass das Palmöl im Diesel nun, anders als im ursprünglichen Entwurf vorgesehen, durch ebenfalls umweltschädliche Anbaukraftstoffe wie Soja und Raps ersetzt werden darf. Die Belegung riesiger Agrarflächen für die Produktion solcher Kraftstoffe erhöht den weltweiten Flächendruck und befeuert Entwaldung und Artensterben. Als global denkende Organisation können wir uns nicht über eine Entlastung der Wälder in Indonesien freuen, wenn gleichzeitig z.B. in Brasilien der Amazonas für die Sojaproduktion verschwindet!
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